Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst F***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB idF BGBl 1974/60 schuldig erkannt.
Danach hat er zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen 1. Jänner 1996 und 30. September 1997 in I***** die am ***** geborene und somit zur Tatzeit unmündige Lejla B***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem er an ihr einen Analverkehr vollzog, wobei die Tat eine noch immer andauernde posttraumatische Belastungsstörung (ICD 10-F 43.1), sohin eine Körperverletzung mit mehr als 24 Tage dauernder Gesundheitsschädigung zur Folge hatte.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf die Abweisung eines in der Hauptverhandlung am 4. Oktober 2010 gestellten Beweisantrags auf Einholung eines psychiatrischen „Fachgutachtens“ zum Beweis dafür, „dass die Aussage des mutmaßlichen Opfers Lejla B***** im Hinblick auf die 'coming out'-Situation, Suggestibilität durch die Mutter und Beeinflussung durch diese einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhält“ (S 23 f in ON 24).
Eine Beweisführung über die Beweiskraft von Beweisen, etwa zur Glaubwürdigkeit von Zeugen, ist grundsätzlich zulässig, doch und in Ausnahmefällen, etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen, kommt zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit auch die Hilfestellung durch einen Sachverständigen in Betracht (RIS-Justiz RS0120634). Dem Beweisantrag fehlt es jedoch bereits an der begründeten Behauptung des Vorliegens von gegen die Fähigkeit und den Willen des Tatopfers zu einer wahrheitsgemäßen Aussage sprechenden Umständen, sodass die Verfahrensrüge fehl schlägt. Im Übrigen unterließ es der Angeklagte in seinem Beweisantrag darzulegen, warum anzunehmen sei, dass die Zeugin B*****, welche anlässlich ihrer kontradiktorischen Vernehmung erklärt hatte, von ihrem Aussagebefreiungsrecht Gebrauch machen zu wollen (ON 5 S 3), sich zu einer Mitwirkung an der Befundaufnahme bereit finden werde (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 350).
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Schöffengericht die Feststellung, wonach die Tathandlung des Angeklagten die posttraumatische Belastungsstörung B*****s zur Folge hatte, durch Hinweis auf das psychiatrische Sachverständigengutachten, wonach die vom Opfer geschilderte Missbrauchshandlung die Gesundheitsstörung zu erklären vermag (ON 14, ON 35 S 17 ff), nachvollziehbar begründet. Einen Aufenthalt der Lejla B***** mit ihrer Mutter in einem Frauenhaus hat das Erstgericht als mögliche Ursache der Belastungsstörung in Erwägung gezogen, mangels konkreter Anhaltspunkte für einen derartigen Zusammenhang jedoch verneint (US 12), weshalb von Unvollständigkeit in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5 zweiter Fall) nicht die Rede sein kann.
Mit dem Vorbringen, die Urteilsbegründung zur Glaubwürdigkeit des Tatopfers wäre offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) trachtet der Angeklagte bloß, die Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Frage zu stellen, zumal das erkennende Gericht sich mit Widersprüchen und Unklarheiten in der Aussage der Zeugin B***** etwa betreffend die Farbe des Fahrzeugs, mit dem der Angeklagte sie am Tag der Tat abgeholt hat, oder den chronologischen Ablauf der Geschehnisse an diesem Tag auseinandergesetzt hat (US 11).
Weshalb die gegenständliche Gesundheitsschädigung B*****s als Folge der Missbrauchshandlung für den Angeklagten nicht vorhersehbar gewesen sein sollte, wird in der Beschwerde nicht dargetan, sodass insoweit eine sachbezogene Erwiderung nicht möglich ist. Von einer Scheinbegründung der erstgerichtlichen Feststellung kann jedenfalls nicht gesprochen werden, wiesen die Tatrichter doch darauf hin, das Beweisverfahren habe keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, der Angeklagte wäre zur Einsicht nicht befähigt, dass der sexuelle Missbrauch eines Kindes in der vorliegenden schweren Form mit psychischen Spätfolgen verbunden sein kann (US 14 ff).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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