OGH 15Os29/94

OGH15Os29/947.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.April 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Czedik-Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Antonio M***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28.Dezember 1993, GZ 5 Vr 3150/93-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Weiss, und der Verteidigerin Dr.Pacher, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und gemäß § 43 a Abs 3 StGB ein Teil der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe von 9 1/2 (neuneinhalb) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Antonio M***** (1) des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB sowie (2) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 11.Oktober 1993 in Graz Gabriele G*****

(zu 1) außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt, indem er sie an den Schultern erfaßte, anschließend auf eine Wohnzimmergarnitur drückte, dort festhielt und ihre Bekleidungsstücke teilweise vom Körper herunterzog, zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, wobei die Vollendung der Tat nur infolge einer von Gabriele G***** angewandten List, nämlich die Toilette aufzusuchen bzw. das Badezimmer zu betreten, unterblieb;

(zu 2) durch die mehrmals wiederholte Äußerung, er werde ihrem Freund auflauern und ihn dann "schießen", gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Die Prüfung der allein gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung (Punkt 1 des Urteilssatzes) gerichteten Tatsachenrüge (Z 5 a) ergibt - der Beschwerde zuwider - aus den Akten keine Bedenken, geschweige denn solcher erheblicher Natur, gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Die bloß an Nebensächlichkeiten (etwa mit der Behauptung, nach den - im übrigen keineswegs präzisen, sondern geschätzten - Zeitangaben von Zeugen könne sich der Angeklagte nur zwischen ca 19.30 Uhr und 19.50 Uhr in der Wohnung des Opfers aufgehalten haben) und zum Teil unzulässig (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 E 15 a ff) an Neuerungen (durch die Vorlage einer Fotokopie der bei den Effekten des Rechtsmittelwerbers erliegenden Bus-Fahrscheine vom 11.Oktober 1993) geknüpfte Beschwerdeargumentation bekämpft im Ergebnis nur nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Prozeßgesetzen nicht vorgesehenen Schuldberufung den (einer Anfechtung entzogenen - vgl Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 3) kritisch-psychologischen Vorgang der Beweiswürdigung durch die Tatrichter, welche die Aussage der (einzigen Tat-)Zeugin Gabriele G***** über das wesentliche Tatgeschehen auf Grund einer Gesamtschau der Verfahrensergebnisse und des persönlich gewonnenen Eindrucks mit plausibler Begründung für glaubwürdig beurteilt haben (US 8 ff).

Unter diesem Aspekt vermag auch der weitere Beschwerdeeinwand, es sei "höchst unwahrscheinlich", daß bei dem inkriminierten Vorfall zwar Gabriele G***** verletzt worden sei, ihre Kleider aber unbeschädigt geblieben seien, keine vernünftigen Zweifel an den Urteilskonstatierungen über das eigentliche Verbrechensgeschehen zu erwecken, zumal in der mangelnden Beschädigung der Kleider des Opfers kein gewichtiges Indiz gegen die konstatierte Gewaltanwendung des Angeklagten (vgl US 2, 6 ff, 10 f) erblickt werden kann.

Der Vorwurf hinwieder, das Gericht habe sich in der Hauptverhandlung mit der Verweisung auf die Aussagen des Angeklagten vor der Polizei begnügt, widerspricht der Aktenlage (vgl S 108 f und 113).

Der Mängelrüge (Z 5), die sich unsubstantiiert "sicherheitshalber auf obiges Vorbringen" stützt, genügt es zu erwidern, daß die bloß ziffernmäßige Bezeichnung des Nichtigkeitsgrundes der gebotenen deutlichen und bestimmten Bezeichnung jener Tatumstände, die den angerufenen Nichtigkeitsgrund, der rechtlich anders geartet ist als jener des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO, bilden sollen, nicht gerecht wird (Mayerhofer-Rieder aaO § 285 a E 43).

Schließlich versagt auch die gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (laut Punkt 2 des Urteilssatzes) erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit welcher der Beschwerdeführer "den Eindruck der Ernsthaftigkeit" der Tathandlungen "in objektiver und subjektiver Hinsicht" zu Unrecht in Abrede zu stellen trachtet.

Die objektive Eignung der wiederholten Drohungen (der Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen - § 74 Z 5 StGB), die den Urteilsgründen (in Verbindung mit dem damit eine untrennbare Einheit bildenden Spruch) zufolge eine Schußabgabe auf den Freund der Zeugin G***** in Aussicht stellten, hingen - dem Beschwerdeeinwand zuwider - unter den gegebenen Umständen nicht davon ab, ob der Angeklagte näheres Wissen über die Person dieses Freundes hatte oder nur dessen Vornamen kannte. Ein solches Wissen war indes nicht erforderlich, um die drohende Ankündigung des Angeklagten ernst gemeint erscheinen zu lassen. Im übrigen bezeichnet der zusätzliche (von der Beschwerde jedoch übergangene) Drohungsinhalt über das "Auflauern" des mit Gabriele G***** freundschaftlich verkehrenden Mannes ohnehin ein die Ermittlung des ausersehenen Opfers umfassendes und demgemäß auch aus dieser Sicht zur Besorgniserregung geeignetes Vorhaben.

Für die subjektive Verwirklichung der gefährlichen Drohung ist es entgegen dem Beschwerdestandpunkt nicht entscheidend, ob der Täter vom Opfer ernst genommen wurde (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 107 RN 8), sondern ob er mit dem in der akzentuierten Form der Absichtlichkeit gegebenen Vorsatz (§ 5 Abs 2 StGB) handelte, die bedrohte Person in Furcht und Unruhe zu versetzen. Demnach ist insoweit allein das vom Schöffengericht konstatierte zielgerichtete Einschüchterungsstreben des Angeklagten (vgl US 2 iVm 5 und 12) maßgebend und nicht der (unter - bei Ausführung einer Rechtsrüge unzulässiger - Abweichung von den Urteilstatsachen - vgl US 5 - bestrittene) Umstand, Gabriele G***** habe die drohenden Äußerungen nicht ernst genommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 201 Abs 2, 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vierzehn Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen (eines) Verbrechens mit (einem) Vergehen und "das Ausnutzen des Vertrauensverhältnisses", als mildernd hingegen die Unbescholtenheit und die Tatsache, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren "zumindest teilbedingte" Nachsicht an.

Die Berufung ist teilweise im Recht.

Zwar beschwert den Rechtsmittelwerber zusätzlich der Umstand, daß er Gabriele G***** im Zuge der versuchten Vergewaltigung (leicht) verletzt hat (vgl US 7 f und 9 f iVm S 99), ansonsten hat das Schöffengericht aber die vorhandenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt und über den Angeklagten eine tatschuldangemessene, sohin nicht reduktionsbedürftige Sanktion verhängt. Der Berufungswerber vermag keine zusätzlichen (bisher etwa unberücksichtigt gebliebene) Tatsachen ins Treffen zu führen, die seine Schuld oder/und den Unrechtsgehalt seiner Taten in einem günstigeren Licht erscheinen lassen. Daher war insoweit der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Hingegen liegen nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes keine Umstände vor, die bei der gegebenen Sachkonstellation der (zudem) beantragten Gewährung der bedingten Nachsicht eines Teiles der vierzehnmonatigen Freiheitsstrafe gemäß § 43 a Abs 3 StGB entgegenstünden. Ein im Rahmen der bisherigen Untersuchungshaft verbüßter Strafteil von viereinhalb Monaten iVm der Androhung des Vollzuges einer neuneinhalbmonatigen Freiheitsstrafe rechtfertigt die Annahme, der bisher unbescholtene Angeklagte werde von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten (§ 43 a Abs 1 StGB).

Sohin war über die Rechtsmittel des Angeklagten spruchgemäß zu erkennen.

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