European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00002.9300000.0114.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung:
Gegen Ali Awad I* ist beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein Strafverfahren wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB anhängig, weil er verdächtig ist, am 7.September 1992 in Wien Beamte des Sicherheitsbüros durch die Äußerung, er werde die österreichische Botschaft in Kairo in die Luft sprengen, sollte er nach Ägypten abgeschoben werden, mithin durch Drohung mit Sprengmitteln, zur Unterlassung fremdenpolizeilicher Maßnahmen zu nötigen versucht zu haben.
Der Beschuldigte befindet sich seit dem 10.September 1992 in dieser Sache (nunmehr lediglich) aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 180 Abs. 2 Z 1 StPO in Untersuchungshaft.
Rechtliche Beurteilung
Mit Beschluß vom 1.Oktober 1992, GZ 25 c Vr 10.742/92‑12, hat die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ‑ nach Durchführung einer Haftprüfungsverhandlung ‑ einer Haftbeschwerde des Beschuldigten nicht Folge gegeben und die Fortsetzung der Untersuchungshaft (nur mehr) aus dem angeführten Haftgrund verfügt. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschuldigten versagte das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 28.Oktober 1992, AZ 25 Bs 443/92 den Erfolg.
Gegen den zuletzt bezeichneten Beschluß richtet sich die unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachte Grundrechtsbeschwerde des Betroffenen, in welcher er geltend macht, in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt zu sein, weil die Aufrechterhaltung der Haft in klarem Mißverhältnis zur möglichen Strafe und zum Zweck der Maßnahme stehe.
Gemäß § 1 Abs. 1 des (am 1.Jänner 1993 in Kraft getretenen) Grundrechtsbeschwerde‑Gesetzes (GRBG), BGBl 1992/864, steht wegen Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit dem Betroffenen nach Erschöpfung des Instanzenzuges die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu. Die Grundrechtsbeschwerde ist gemäß § 4 Abs. 1 leg.cit. binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem der Betroffene von der Entscheidung oder Verfügung Kenntnis erlangt hat, beim Gericht erster Instanz einzubringen; die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde rechtzeitig bei einem im Instanzenzug befaßten Gericht oder beim Obersten Gerichtshof eingebracht wird; wird die Entscheidung oder Verfügung schriftlich ausgefertigt und zugestellt, so endet die Frist nicht vor Ablauf von vierzehn Tagen ab dem Tag der Zustellung an den Betroffenen.
Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.Oktober 1992 wurde dem Verteidiger des Beschuldigten am 13.November 1992 zugestellt (S 7 des Os‑Aktes); die Grundrechtsbeschwerde wurde am 7.Jänner 1993 der Post zur Beförderung an den Obersten Gerichtshof übergeben (S 9 des Os‑Aktes), bei welchem sie am 8.Jänner 1993 eingelangt ist.
Da die Ausfertigung der Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes dem Verteidiger des Beschwerdeführers am 13.November 1992 zugestellt wurde, endete die Frist des § 4 Abs. 1 GRBG mit Ablauf des 27.November 1992, sohin vor Inkrafttreten des Grundrechtsbeschwerde‑Gesetzes. Die erst am 7.Jänner 1993 zur Post gegebene Grundrechtsbeschwerde ist demnach verspätet.
Der Beschwerdeführer vermeint, gemäß § 12 Abs. 2 GRBG habe die Frist zur Erhebung der Grundrechtsbeschwerde (erst) mit Inkrafttreten des Grundrechtsbeschwerde‑Gesetzes, somit am 1.Jänner 1993 zu laufen begonnen. Dieser Auffassung vermag sich der Oberste Gerichtshof nicht anzuschließen.
§ 12 Abs. 2 GRBG normiert, daß ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Beschwerden erhoben werden können, ohne daß es darauf ankäme, wann die Grundrechtsverletzung erfolgt ist. Demnach kann Anlaß für eine Grundrechtsbeschwerde (auch) eine Haft sein, die schon vor dem Inkrafttreten des Grundrechtsbeschwerde‑Gesetzes begonnen hat. Auch der Beginn der Beschwerdefrist kann vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegen, doch darf die im § 4 Abs. 1 des Gesetzes bestimmte Frist nicht vor dem 1.Jänner 1993 abgelaufen sein (vgl JAB 852 BlgNR 18.GP , 9; Graff ÖJZ 1992, 783). Im vorliegenden Fall war aber die Beschwerdefrist bereits mit 27.November 1992 abgelaufen.
Da somit die Beschwerde verspätet ist und mithin ein Erkenntnis darüber, ob eine Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit stattgefunden hat oder nicht, nicht zu ergehen hat, war, weil das Grundrechtsbeschwerde‑Gesetz insoweit nichts anderes vorsieht, die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung der sonst für den Obersten Gerichtshof geltenden strafprozessualen Vorschriften zurückzuweisen.
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