OGH 15Os29/14z

OGH15Os29/14z23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kurt F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. Dezember 2013, GZ 21 Hv 55/13t‑23, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Kurt F***** enthält, wurde der Genannte des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von Mitte April 2012 bis Mai 2013 in G***** und P***** bei S***** in zahlreichen Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet oder zu verleiten versucht, welche die Genannten insgesamt in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag von mindestens 209.430 Euro am Vermögen schädigten oder geschädigt hätten, und zwar

1./ Dr. Ewald G***** einerseits durch die wahrheitswidrigen Behauptungen, er werde dessen Bücher „Gesundheit, Krankheit, Krebs und Heilung“ und „Lach dich gesund“ sowie dessen Broschüre „Tipps und Tricks zum Abnehmen“ vermarkten, eine Förderung bei der W***** für den Druck der Bücher lukrieren, den Genannten an einem Projekt mit der Bezeichnung „C*****“ auf Teneriffa beteiligen und die Aufnahme eines Darlehens zu günstigen Konditionen arrangieren, sowie andererseits durch die Vorgabe, ein rückzahlungsfähiger und ‑williger Darlehensnehmer zu sein, zur Überlassung von insgesamt zumindest 170.600 Euro in Form von Bargeldübergaben und Postanweisungen sowie durch die Übereignung von 20 Stück „Krügerrand“‑Goldmünzen, und

2./ Andreas S***** als Angestellten der V***** GmbH durch die Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und ‑williger Kunde zu sein, und die wahrheitswidrige Behauptung, er erwarte eine EU‑Förderung in Höhe von 45.000 Euro, zur Produktion des Buches „Lach dich gesund“ in einer Auflage von 1.000 Stück, wobei die V***** GmbH diesbezüglich mit Produktionskosten im Betrag von 5.830 Euro geschädigt wurde, sowie zur Produktion des Buches „Gesundheit, Krankheit, Krebs und Heilung“ in einer Auflage von 10.000 Stück mit avisierten Produktionskosten von 33.000 Euro, wobei es diesbezüglich beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

Lediglich gegen 2./ des Schuldspruchs, soweit der Angeklagte wegen der versuchten Verleitung zur Produktion des letztgenannten Buches schuldig erkannt wurde, richtet sich dessen auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, welche ihr Ziel verfehlt.

Der Rechtsmittelwerber verkennt, dass schon allein die Feststellungen zu 1./ und 2./, soweit es tatsächlich zu einem Vermögensschaden bei der V***** GmbH kam, den Schuldspruch wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB tragen (vgl RIS‑Justiz RS0099497, RS0106268, RS0116586).

Im Übrigen erklärt die Mängelrüge nicht, was an den insoweit maßgeblichen (US 8 f, 16) Feststellungen „undeutlich“ (Z 5 erster Fall) sein sollte. Die Beschwerde erschöpft sich darin, einzelnen Passagen des Urteilssachverhalts eine eigenständige Darstellung der Verfahrensresultate gegenüberzustellen. Die (vom Beschwerdeführer korrekt wiedergegebenen) Konstatierungen bringen unzweifelhaft zum Ausdruck, welche Täuschungshandlungen der Angeklagte nach Ansicht des Gerichts gegenüber Andreas S***** vorgenommen hat und mit welcher Intention dies geschah (US 8, 16).

Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben die Tatrichter sowohl das Aussageverhalten des Angeklagten als auch jenes des (eine eigene Mitverantwortung einräumenden) Zeugen S***** einer umfassenden Würdigung unterzogen (US 14 ff); dass sie aus diesen Verfahrensresultaten und der ‑ gleichermaßen berücksichtigten (US 16) ‑ Anzahlungsrechnung der V*****GmbH vom 22. April 2013 nicht die vom Nichtigkeitswerber gewünschten Schlüsse gezogen haben, stellt weder eine Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) noch eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) dar (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 421).

Inwiefern die in der Rechtsmittelschrift angesprochene Auftragsbestätigung des Angeklagten vom 2. April 2013 (ON 2 S 93) den getroffenen Urteilsannahmen als erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegenstehen sollte, lässt die Beschwerde ebenfalls nicht erkennen.

Zu den ‑ nominell auch unter Z 5 vorgebrachten ‑ Einwendungen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist zunächst zu bemerken, dass die prozessordnungskonforme Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes das strikte Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt und den ausschließlich auf dessen Basis geführten Nachweis eines Rechtsirrtums zur Voraussetzung hat (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581). Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, wenn unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der Beurteilung der Tat nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 600).

Die Kritik, das Gericht habe Konstatierungen des Inhaltes zu treffen verabsäumt (Z 9 lit a), wonach „unabdingbare Voraussetzung“ für den Druck von 10.000 Exemplaren des Buches „Gesundheit, Krankheit, Krebs und Heilung“ die Leistung einer Anzahlung gewesen sei und solcherart mit der Umsetzung des Projekts vereinbarungsgemäß „nicht angefangen werden sollte, solange die Anzahlung nicht geleistet worden“ ist, weiters, der „Auftrag zur Drucklegung des Buches daher nicht wirksam werden“ konnte, weshalb Andreas S***** (nur) aus „eigener Blödheit“ Vorbereitungsarbeiten verrichtete, „obwohl noch keine Anzahlung eingelangt war“, vernachlässigt die darauf bezogenen Feststellungen, wonach der Angeklagte S***** bereits durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, das genannte Buch auch in Deutschland vermarkten zu wollen und hiefür eine EU‑Förderung in der Höhe von 45.000 Euro zu erhalten, zur Produktion von 10.000 Stück dieses Buches (mit Produktionskosten von 33.000 Euro) zu verleiten versuchte, wobei S***** dem Angeklagten Glauben schenkte und ‑ entgegen den Verlagsgepflogenheiten vor Bezahlung der Anzahlung ‑ mit den Vorbereitungsarbeiten begann (US 8 und 16).

Die Behauptung, mangels Anzahlung durch den Angeklagten sei es zu keiner „ausführungsnahen Handlung“, sondern vielmehr nur zu „vorbereitenden Täuschungshandlungen“ gekommen, bleibt jede Argumentation schuldig, weshalb beim Betrug der Versuchsbeginn (§ 15 Abs 2 StGB) mit einer Erfolgsnähe gleichzusetzen und die hier konstatierte, im Rahmen einer konkreten Auftragserteilung erfolgte (gelungene) Täuschung S*****s über Tatsachen, die den Genannten zu Leistungen veranlasste, nur eine der Ausführung der Betrugstat vorangehende und noch keine dem Tatbild entsprechende (und als Versuch strafbare) Ausführungshandlung sein sollte (vgl Leukauf/Steininger Komm³ § 15 RN 8 und § 146 RN 65; Hager/Massauer in WK2 StGB §§ 15, 16 Rz 26, 30, 217; Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 123 mwN; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 RN 241 ff; RIS‑Justiz RS0089958, RS0089747). Dass nach dem Tatplan des Angeklagten noch weitere entscheidende Täuschungshandlungen im Sinn eines mehrstufig angelegten Betruges erforderlich sein sollten, hat das Erstgericht gerade nicht festgestellt (vgl US 8 f; vgl Hager/Massauer in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 37; Fuchs, AT I8 29. Kapitel Rz 26).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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