OGH 15Os28/93

OGH15Os28/931.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl W***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 21. Dezember 1992, GZ 20u Vr 10719/91-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl W***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen (im zweiten Rechtsgang erneut) des Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 16.Oktober 1991 in Wien Peter Ludwig H***** durch Versetzen eines Messerstiches im Bereiche der rechten Halsseite, der die Eröffnung der rechten Halsschlagader zur Folge hatte, vorsätzlich getötet.

Die Geschworenen hatten die Hauptfrage (nach dem Verbrechen des Mordes) stimmeneinhellig bejaht, demgemäß die Eventualfrage 1 (nach dem Verbrechen des Totschlages) und weitere Eventualfragen zu Recht unbeantwortet gelassen und die Zusatzfragen 1 (nach Zurechnungsunfähigkeit), 2 (nach Notwehr), 3 (nach Notwehrüberschreitung), 4 (nach Putativnotwehr) und 5 (nach Putativnotwehrüberschreitung) jeweils im Stimmenverhältnis 8 : 0 verneint.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf § 345 Abs. 1 Z 5 und 9 StPO gestützt wird.

Mit der Verfahrensrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte, weil seinem Antrag auf Ladung des Zeugen Günther Ü***** nicht entsprochen wurde. Zur Relevierung dieses behaupteten Verfahrensmangels ist der Angeklagte jedoch nicht legitimiert, weil er in der Hauptverhandlung am 21.Dezember 1992 den mit Schriftsatz vom 12.November 1992 ON 51 eingebrachten Antrag nicht wiederholt hat. Die prozeßordnungsgemäße Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO setzt nämlich voraus, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde. Auf einen Antrag, der vor der Hauptverhandlung überreicht, in der Hauptverhandlung nach Inhalt der Verhandlungsschrift aber nicht wiederholt wurde, kann dieser Nichtigkeitsgrund nicht gestützt werden (vgl die in Mayerhofer-Rieder, StPO3 zu § 281 Abs. 1 Z 4, ENr 1 zusammengefaßte Rechtsprechung).

Der Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs. 1 StPO hinwieder liegt nur dann vor, wenn die Antwort der Geschworenen auf die gestellten Fragen undeutlich, unvollständig oder in sich widersprechend ist. Ein derartiger Mangel wird aber mit dem Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht reklamiert.

Vorweg ist anzumerken, daß die Laienrichter nicht - wie in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet - die Eventualfrage nach § 76 StGB verneint haben; da die Hauptfrage nach Mord bejaht wurde, ließen sie vielmehr die Eventualfrage 1, die ja nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage gestellt war, zu Recht unbeantwortet.

Mängel des Wahrspruchs in der Bedeutung der Z 9 aber können nur aus diesem selbst abgeleitet werden und nicht aus der nach § 331 Abs. 3 StPO abzufassenden Niederschrift über die dafür maßgebend gewesenen Erwägungen der Laienrichter (vgl LSK 1982/49, SSt 22/41, 33/25). Eine undeutliche, unvollständige oder widersprüchliche Antwort der Geschworenen auf die ihnen gestellten Fragen behauptet der Angeklagte in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht. Indem er sein Vorbringen zum erwähnten Nichtigkeitsgrund auf die in der Niederschrift der Geschwornen angeführten vier Erwägungen, von denen die Laienrichter bei der Beantwortung der Hauptfrage ausgegangen sind, stützt, bringt er auch diesen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung; sofern er damit aber darzutun versucht, daß darnach bei den Geschworenen Unklarheiten bezüglich der Tatbestandsmerkmale "des § 75 und 76 StGB" aufgetreten seien, die zu "diesem undeutlichen Wahrspruch führen mußten", verkennt er den Begriff des Wahrspruches der Geschworenen, worunter lediglich die an die Laienrichter gerichteten Fragen und die von ihnen darauf gegebenen Antworten zusammengefaßt zu verstehen sind.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 344, 285 d Abs. 1 Z 1 StGB iVm 285 a Z 2 StPO).

Zur Entscheidung über die Berufung ist demnach der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig (§§ 344, 285 i StPO).

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