Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten Mihael O***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch der Mitangeklagten Tatjana O***** enthält, wurde Mihael O***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A./I./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (A./III./1./) und des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wels und anderen Orten
A./I./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er in der Zeit von etwa Mai 2009 bis um den 6. Juli 2010
1./ insgesamt etwa 1.230 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 10 % an den gesondert verfolgten Daniel D***** verkaufte,
2./ insgesamt etwa 100 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 10 % und etwa 100 g Cannabiskraut an den gesondert verfolgten Kevin M***** verkaufte sowie dem Genannten geringe Mengen Heroin unentgeltlich überließ,
3./ insgesamt etwa 20 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 10 % an den gesondert verfolgten Andreas Mi***** verkaufte,
4./ insgesamt etwa 40 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 10 % an den gesondert verfolgten Dalibor P***** verkaufte,
5./ insgesamt etwa 30 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 10 % an den gesondert verfolgten Dario Z***** verkaufte,
6./ insgesamt etwa 22 g Heroin mit einem Reinheitsgehalt von etwa 10 % an den gesondert verfolgten Özkan K***** verkaufte sowie dem Genannten geringe Mengen Heroin im Austausch gegen Subutex-Tabletten, beinhaltend den Wirkstoff Buprenorphin, überließ,
7./ insgesamt etwa 4 bis 5 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 10 % an die gesondert verfolgten Sabine S***** und Elmir St***** verkaufte,
8./ insgesamt etwa 2,1 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 10 % an den gesondert verfolgten Alexandru Christian J***** verkaufte,
9./ nicht näher festzustellende Mengen Heroin an Tatjana O***** unentgeltlich überließ,
10./ etwa 1 g Heroin mit einem Reinheitsgrad von etwa 25 % an den gesondert verfolgten Alajdin C***** verkaufte,
11./ insgesamt etwa 90 g Kokain mit einem Reinheitsgrad von etwa 35 % - bezogen vom gesondert verfolgten Drago Z***** - an die gesondert verfolgten Daniel D***** (etwa 10 g), Johannes Mü***** (etwa 1 g), Andre T***** (2 g) sowie an unbekannt gebliebene Abnehmer verkaufte;
…
III./1./ von etwa 2007 bis zuletzt am 6. 7. 2010 in wiederholten Angriffen Heroin, Cannabiskraut und Subutex-Tabletten, beinhaltend den Wirkstoff Buprenorphin, erworben und besessen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging;
…
B./ etwa im April/Mai 2009 800 Liter Dieseltreibstoff, die der gesondert verfolgte Edin R***** durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, zum Eigenverbrauch gekauft und durch Weiterverkauf einem Dritten verschafft.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mihael O*****; sie verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider bezog das Erstgericht die Aussage des Zeugen Daniel D***** in der Hauptverhandlung, auf den Angeklagten „sauer“ gewesen zu sein, weil dieser ihn bei seinem Onkel „verpetzt“ habe (Hauptverhandlungsprotokoll vom 8. Oktober 2010 S 22), sehr wohl in seine Überlegungen mit ein (US 6), verwarf mit eingehender - von der Mängelrüge im Übrigen vernachlässigter - Begründung dessen Behauptung, mit dem Angeklagten lediglich gemeinsam konsumiert, jedoch nie von ihm Suchtgift gekauft zu haben, und folgte dessen massiv belastenden Angaben im Ermittlungsverfahren (US 6 f).
Zu einer von der Rüge vermissten gesonderten Erörterung der Aussage des Zeugen Dario Z*****, Daniel D*****, der ja anfänglich mit dem Angeklagten befreundet war, sei in weiterer Folge sehr schlecht auf ihn zu sprechen gewesen (Hauptverhandlungsprotokoll vom 8. Oktober 2010 S 21), und jener des Zeugen Elmir St*****, der Angeklagte und D***** seien zerstritten gewesen (Hauptverhandlungsprotokoll vom 19. Oktober 2010 S 9), waren die Tatrichter hingegen nicht verhalten, weil beide keinerlei Angaben zur Ursache für das getrübte Verhältnis zwischen Angeklagtem und D***** machten, sodass aus ihren Bekundungen ein Rückschluss auf eine tatsächlich erfolgte Falschbezichtigung nicht möglich wäre.
Das - nicht im Zuge eigenständiger Tathandlungen, sondern im Rahmen einer vom Erstgericht angenommenen tatbestandlichen Handlungseinheit (vgl US 5, 9 f) - erfolgte, vorwiegend gewinnbringende Überlassen von 1.230 g Heroin (dies entspricht bei einem angenommenen Reinheitsgehalt von 10 % dem 41-fachen der Grenzmenge; vgl US 1, 4 f) an D***** trägt bereits für sich allein die rechtliche Beurteilung des Überlassens einer unbestimmten - zumindest 25-fachen - Mehrzahl großer Mengen Suchtgift (§ 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG).
Damit spricht aber das weitere Vorbringen der Mängelrüge, soweit sie sich auf das Überlassen von Suchtgift an weitere unter Schuldspruchpunkt A./I./ genannte Personen bezieht, ebenso wenig eine für die Schuld- und Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an, wie jenes der Tatsachenrüge, soweit es sich gegen die Weitergabe von Heroin an Andreas Mi*****, Dalibor P***** und Dario Z***** richtet (vgl A./I./ 3 bis 5). Ein näheres Eingehen darauf erübrigt sich daher.
Die prozessordnungskonforme Darstellung einer Tatsachenrüge (Z 5a) verlangt, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) unter konkreter Bezugnahme auf solches anhand einer Gesamtbetrachtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung Gründe für erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Urteilsfeststellungen zu entscheidenden Tatsachen abzuleiten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481, 487). Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie sich darauf beschränkt, den Überlegungen des Erstgerichts eigene Beweiswerterwägungen zur Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen D***** in der Hauptverhandlung entgegenzusetzen, um solcherart der Verantwortung des Angeklagten, mit ihm lediglich Suchtgift konsumiert, ihm aber keines überlassen zu haben, zum Durchbruch zu verhelfen.
Soweit sich der Nichtigkeitswerber auf den Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) beruft, ist ihm zu entgegnen, dass dieser nicht Gegenstand der formellen Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 5a ist (RIS-Justiz RS0102162).
Auch die Sanktionsrüge (Z 11) ist nicht im Recht.
Der Angeklagte wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 29. August 2001 wegen des - der Beschwerde zuwider angesichts des nunmehr mit Gewinnstreben begangenen Verbrechens des Suchtgifthandels (vgl US 4) auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden (RIS-Justiz RS0092147; Jerabek in WK2 § 71 Rz 8 aE) - Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer (am 21. September 2004 vollzogenen) Geldstrafe von 100 Tagessätzen à S 30, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 17. September 2004, rechtskräftig seit 21. September 2004, wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt (ON 42). Die zuletzt genannte Strafe wurde mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom 16. September 2008 endgültig nachgesehen und nicht, wie die Sanktionsrüge vermeint, im Jahr 2008 „endgültig getilgt“.
Da sich die nach § 3 Abs 1 Z 2 TilgG bestimmte Tilgungsfrist von fünf Jahren angesichts der vorangegangenen Verurteilung gemäß § 4 Abs 2 TilgG um zwei Jahre verlängert, würde die gemeinsame Tilgung erst am 21. September 2011 erfolgen. Entgegen der Rüge wurden daher beide Vorverurteilungen zu Recht als erschwerend gewertet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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