Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mihaly S***** wurde der als Bestimmungstäter (in Tateinheit) verübten Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 11 zweiter Fall, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (1.) und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 11, zweiter Fall, 44 Abs 1 lit b FinStrG (2.) schuldig erkannt.
Danach hat er (in Pilisvörösvar/Ungarn) jeweils vorsätzlich andere dazu bestimmt, aus Ungarn nach Österreich Zigaretten verschiedener Marken, sohin
1. eingangsabgabepflichtige Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet zu verbringen, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Bestimmung anderer zum Schmuggel eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
a) von Jänner bis Dezember 1991 Janos M***** 7.800 (auf US 4 irrig: 7.000) Stangen,
b) von Oktober 1995 bis Mai 1996 Janos und Erika M***** 7.890 Stangen;
2. zu seinem Vorteil einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider Monopolgegenstände einzuführen, und zwar
a) von Jänner bis Dezember 1991 Janos M***** 7.800 Stangen,
b) von Oktober 1995 bis Mai 1996 Janos und Erika M***** 7.890 Stangen.
Rechtliche Beurteilung
Obwohl der Angeklagte eingangs seiner auf Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ausdrücklich erklärt, nur den Schuldspruch laut 1.a und 2.b (zur Gänze) und den Schuldspruch 1.b nur insoweit anfechten zu wollen, als ihm Gewerbsmäßigkeit angelastet wird und er als Bestimmungstäter anstatt als Beitragstäter verurteilt wurde (546 oben), weicht er davon nicht nur in seinen Rechtsmittelanträgen ab (553), sondern bekämpft auch nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift den gesamten Schuldspruch.
Indes ohne Erfolg.
Unberechtigt ist zunächst der in der Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch 1.b und 2.b erhobene Vorwurf, das erstgerichtliche Urteil stehe in Widerspruch mit dem am 29.(richtig)Jänner 1997 vom Landesgericht Eisenstadt gegen Janos und Erika M***** (sowie andere Angeklagte) ergangenen Urteil, GZ 15 Vr 786/96-150; in beiden Fällen handle es sich um denselben Tatzeitraum und um dieselben Tathandlungen; es könne aber nicht sein, daß hinsichtlich ein und derselben Tat einmal Janos und Erika M***** und ein anderes Mal der Beschwerdeführer als Bestimmungstäter verurteilt werden.
Demgegenüber liegt der relevierte formale Begründungsmangel nur dann vor, wenn im bekämpften Urteil verschiedene Tatsachen festgestellt werden, die sich gegenseitig (nicht im Verhältnis zu einem anderen) aus- schließen, oder wenn die gezogenen Schlußfolgerungen tatsächlicher Art nach den Denkgesetzen nebeneinander nicht bestehen können (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 101 f, 104 f, Foregger/Kodek StPO7 S 424 oben). Im übrigen klärt ein Vergleich der beiden Urteile auch den inhaltlichen Irrtum der Beschwerde sogleich auf: Die dort erfolgte anklagekonforme Verurteilung der Angeklagten Erika und Janos M***** (vgl Punkte 1.a und 2.a der Anklageschrift ON 5 und 1.b und
2. b des Urteils ON 150 im Akt 15 Vr 786/96, Hv 27/97 des Landesgerichtes Eisenstadt) erstreckt sich nämlich nicht nur über einen längeren Deliktszeitraum (von Oktober 1995 bis 13.Juli 1996), sondern umfaßt neben der Mittäterschaft der beiden Angeklagten am Schmuggel von insgesamt 15.920 Stangen Zigaretten - dem Beschwerdeführer wird hingegen für den Tatzeitraum Oktober 1995 bis Mai 1996 lediglich die Bestimmung zum Schmuggel von 7.890 Stangen Zigaretten angelastet - teilweise zudem die Bestimmung der Mitangeklagten Zsolt Ma***** und Janos K***** zu ganz bestimmten - überwiegend nach dem Mai 1996 gelegenen - Schmuggelfahrten, weshalb der vermeintliche Widerspruch zu der im aktuellen Urteil festgestellten Bestimmungstäterschaft des Angeklagten auch aus dieser Sicht nicht gegeben sein kann.
Die zum Schuldspruch 1.a und 2.a geltend gemachte unzureichende Begründung liegt gleichfalls nicht vor. Im Gegensatz zur prozeßordnungswidrigen Argumentation der Beschwerde, die bloß einzelne, ihr günstig scheinende Passagen isoliert aus den Vernehmungsprotokollen Erika M*****s zitiert, hat das Erstgericht zur Widerlegung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten die in der Hauptverhandlung verlesenen Aussagen der gesondert verfolgten Janos M***** (diese läßt der Nichtigkeitswerber gänzlich außer acht) und der Erika M***** zunächst in ihrer Gesamtheit berücksichtigt (US 6 oben) und im besonderen die Bestimmung des Janos M***** durch den Angeklagten auch zu den Schmuggelfahrten zwischen Jänner und Dezember 1991 ausdrücklich aus den diesen spezifisch belastenden Depositionen der seinerzeitigen Mitbeschuldigten vor dem Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz (103 und 151 bis 155) mängelfrei erschlossen sowie im weiteren sich kritisch und zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) speziell noch mit den Angaben der Erika M***** im Vorverfahren auseinandergesetzt (US 6 f). Im Sinne des Gebotes einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe war das Gericht nach Lage der besonderen Dinge jedoch nicht verhalten, diese (insbesondere, soweit Erika M***** später bloß die Mengenangaben abzuschwächen trachtete) noch ausführlicher zu erörtern und vorweg schon im Urteil auf alle erst in der Beschwerdeschrift erhobenen Einwände einzugehen.
Schließlich versagt auch der Beschwerdeeinwand, demzufolge die Qualifikation der gewerbsmäßigen Bestimmung zum Schmuggel unzureichend begründet sei:
Der Beschwerdeführer verkennt, daß es in der Praxis sehr wohl Fälle gibt, bei denen die subjektive Tatseite schon aus dem äußeren Tatgeschehen erschließbar ist. Im konkreten Fall begnügte sich das Schöffengericht bei der Urteilsbegründung aber nicht nur damit, sondern stützte den in Beschwerde gezogenen strafsatzbegründenden Umstand der Gewerbsmäßigkeit ohnehin auf mehrere, insgesamt tragfähige Prämissen (US 8 dritter Absatz), nämlich auf die große Menge der Konterbande, worin fallbezogen auch die Wiederholung über einen längeren Zeitraum zum Ausdruck kommt, ferner auf die organisierte Vorgangsweise und die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten, wie sie - der Beschwerde zuwider - auf US 4 näher beschrieben sind.
Soweit der Rechtsmittelwerber (seiner verfehlten Rechtsmeinung nach) zur mängelfreien Begründung der Gewerbsmäßigkeit zusätzliche Konstatierungen darüber vermißt, daß er durch die Tathandlungen überhaupt eine Einnahme erzielt habe, ob und von wem er vermögenswerte Leistungen erhalten habe, genügt die Erwiderung, daß auch für gewerbsmäßiges Handeln im Sinne des § 38 Abs 1 lit a FinStrG nur die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) verlangt wird, sich durch die wiederkehrende Begehung des Schmuggels eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl Dorazil/Harbich Finanzstrafrecht Anm 5. sowie E 3 ff); die - bei der vorliegenden Fallgestaltung allerdings manifeste - tatsächliche Erzielung fortlaufender Einkünfte aus der wiederkehrenden Tatbegehung wäre hingegen gar nicht erforderlich (Harbich/Dorazil aaO E 16 a).
Die Ausführungen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) sind verfehlt.
Danach hätte es (nach Meinung der Beschwerde) die amtswegige Wahrheitsforschung erfordert, die in der Hauptverhandlung verlesenen, widersprüchlichen und den Angeklagten belastenden Aussagen der Erika M***** und des Janos M***** als Beschuldigte (welche das Erstgericht ohnehin kritisch erörtert und keineswegs "ausschließlich" als Schuldspruchsgrundlage herangezogen hat - vgl US 5 ff) nur dann dem Urteil zugrundezulegen, wenn diese vor dem erkennenden Gericht unter Zeugenpflicht (und nicht bloß als Beschuldigte) gemacht worden wären, weil nicht von der Hand zu weisen sei, daß es sich um Schutzbehauptungen zur Ablenkung der eigenen (Bestimmungs-)Täterschaft (in dem gegen sie betreffenden Strafverfahren) handelte.
Abgesehen davon, daß die Strafprozeßordnung eine derartige, von der Beschwerde aufgestellte Beweisregel nicht kennt, vermag sie insgesamt weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen.
Der Vorsitzende gab in der Hauptverhandlung bekannt, daß die in Ungarn wohnende Erika M***** der durch internationalen Rückschein ausgewiesenen Zeugenladung keine Folge geleistet habe (505), wogegen dem Erstgericht eine Zwangsmaßnahme verwehrt war (Art 8 des EuropÜbk über die Rechtshilfe in Strafsachen, § 72 Abs 1 ARHG, § 48 Abs 1 ARHV). Nach dem weiteren Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls, dessen Berichtigung nicht beantragt wurde, hat weder der Angeklagte noch seine Verteidigerin in der Hauptverhandlung einer vom Vorsitzenden daraufhin vorgenommenen Verlesung der im Vorverfahren abgelegten Verantwortungen der seinerzeitigen Mitbeschuldigten Janos und Erika M***** (womit diese zum Gegenstand der Verhandlung gemacht wurden) widersprochen, noch deren zeugenschaftliche Vernehmung - im Rechtshilfeweg - beantragt (505 f). Dieses formelle Versäumnis kann aber mit einer erst in der Beschwerdeschrift, somit prozessual verspätet - der Sache nach - erhobenen Verfahrensrüge (Z 4) nicht mehr saniert werden.
Auch das weitere Vorbringen scheint das Wesen des unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihten und demnach in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichenden Anfechtungstatbestandes des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO zu verkennen (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 a E 1). In Wahrheit wird damit bloß einmal mehr in unzulässiger Weise nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehenen Schuldberufung der kritisch-psychologische Vorgang der Erkenntnisrichter und deren (an sich unanfechtbaren) Erwägungen bei Lösung der Schuldfrage in Zweifel gezogen.
Dies gilt für alle jene Einwände, mit denen der Beschwerdeführer erneut mit Argumenten der Mängelrüge unter punktueller Hervorhebung und isolierter Betrachtung einzelner Verfahrensergebnisse (so etwa aus Telefonproto- kollen, aus Verantwortungen der gesondert verfolgten Janos K*****, Janos und Erika M*****, Zsolt Ma*****) und deren Gegenüberstellung mit dem Inhalt des Urteils des Landesgerichtes Eisenstadt, GZ 15 Vr 786/96-150, teils selbst beweiswürdigend, teils mit spekulativen Überlegungen nachzuweisen trachtet, daß
sowohl die Aussagen des Janos und der Erika M*****, er sei der "Organisator" aller Zigarettenschmuggelfahrten gewesen, als auch die Beschuldigung seiner Person als "Bestimmungstäter" Schutzbehauptungen seien, weil auch noch im Juni und Juli 1997 ohne sein Zutun Zigaretten geschmuggelt worden seien;
er nach dem Inhalt einer nicht näher bezeichneten "Anzeige über einen ungarischen Polizeioffizier durch den Gendarmerieposten Vösendorf" gar nicht jener darin angeführte "Mihaly" sein könne, der den Schmuggel von Budapest aus zentral steuere und Schmuggelfahrten selbst in einem blauen PKW der Marke VW Golf durchführe, er (der Angeklagte) somit als Täter für den Zeitraum Jänner und Dezember 1991 nicht in Frage komme;
"schwere" Bedenken gegen die festgestellte Qualifikation, er habe den Schmuggel gewerbsmäßig begangen, bestünden, weil nicht konstatiert werde, ob und welche Vermögensbestandteile er durch den Zigarettenschmuggel hatte (wobei hiezu auf die Ausführungen zum inhaltsgleichen Vorbringen der Mängelrüge verwiesen wird).
Schließlich zeigt der Nichtigkeitswerber auch mit dem weiteren Einwand keinen Plausibilitätsfehler auf, demzufolge er nach den von ihm hervorgekehrten und urteilskonträr gewürdigten Verfahrensergebnissen für den Zeitraum Oktober 1995 bis Mai 1996 nicht als Bestimmungstäter, sondern lediglich als Beitragstäter hätte verurteilt werden dürfen, weil er gemäß seiner (vom Schöffengericht jedoch insoweit als unglaubwürdig abgelehnten) Verantwortung anfangs aus Gefälligkeit sein Telefon zur Verfügung gestellt und später die Telefonate zur Vermeidung hoher Telefonkosten selbst geführt habe; im übrigen hätte das Erstgericht seine "Schlußfolgerungen" nur auf Grund eines persönlichen Eindrucks und nach einer persönlichen Einvernahme der (von der Beschwerde als "Haupttäter" angesehenen) Zeugen Janos und Erika M***** ziehen können.
Soweit dieses Vorbringen der Sache nach als Subsumtionsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO gedeutet werden könnte, würde sie zum einen keinen entscheidenden (also entweder für die Schuld oder für das anzuwendende Strafgesetz maßgebenden) Umstand betreffen, zum anderen wäre sie nicht zu seinem Vorteil ausgeführt (§ 281 Abs 2 StPO). Denn nach herrschender Rechtsprechung und einem Teil der Lehre folgt aus dem der Regelung des § 12 StGB zugrundeliegenden funktionalen Einheitstätersystem die rechtliche Gleichwertigkeit der einzelnen Täterschaftsformen mit der prozessualen Konsequenz, daß ein Subsumtionsfehler dieser Art mangels eines dem Angeklagten dadurch widerfahrenen materiellrechtlichen Nachteils nicht aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden kann (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 12 RN 4 ff; Mayerhofer aaO § 281 Z 10 E 55 f mwN; jüngst 15 Os 192,194/97).
Aus den dargelegten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sogleich zurückzuweisen.
Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die zudem erhobene Berufung das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285 i StPO).
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