OGH 15Os203/96

OGH15Os203/9620.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Feber 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Sprinzel als Schriftführer in der Strafsache gegen Zsolt M***** wegen des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 11 zweiter Fall, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16.Oktober 1996, GZ 12 e Vr 3764/96-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die in der angemeldeten "vollen Berufung" enthaltene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der slowakische Staatsangehörige Zsolt M***** der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 11, zweiter Fall, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A I) und des (damit tateinheitlichen) vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 11, zweiter Fall, 44 Abs 1 lit b FinStrG (A II) sowie des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Darnach hat er "im Großraum Österreichischer Grenzübergänge" und in Wien

A I in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung des Finanzvergehens "wiederkehrende Einnahmen" zu verschaffen, gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Igor M***** in den Monaten August und September 1995 den zu AZ 11 c Vr 3310/96-Hv 2245/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien abgesondert verfolgten und verurteilten Pavel V***** dazu bestimmt, im Bereich des Zollamtes Wien eingangsabgabepflichtige Waren, und zwar 540 Stangen (= 109.750 Stück) Zigaretten diverser Marken (Beil. 1 zu ON 95) vorschriftswidrig, nämlich ohne Deklarierung über die Grenzposten Berg oder Kittsee in das Zollgebiet der Republik Österreich einzubringen sowie

II zugleich durch die unter I angeführten Taten Monopolgegenstände, nämlich die dort angeführten Zigaretten einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider einzuführen und

B sich am 3.September 1996 in Wien ein fremdes Gut, das er gefunden hat, nämlich ein Mobiltelefon Siemens GSM Seriennummer CE018 8X samt zugehörigem Netzteil, im Wert von 12.000 S "voraussichtlich" aus dem Eigentum des Karl D***** dadurch, daß er es nicht bei der Behörde ablieferte, sondern bei sich behielt, mit der Absicht, es auf einem Flohmarkt in der Slowakei zu verkaufen, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen auf die Gründe der Z 3, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Den Ausführungen zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund ist nicht zu entnehmen, welche Vorschrift, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, in der Hauptverhandlung verletzt oder vernachlässigt worden wäre. Dem Beschwerdevorbringen zuwider steht auf Grund des Akteninhaltes, insbesonders jedoch des Beschlusses des Erstgerichtes vom 9.Dezember 1996, ON 78, unmißverständlich fest, daß eine Tonbandaufzeichnung des Verlaufes der Hauptverhandlung am 16.Oktober 1996 gemäß § 271 Abs 5 StPO weder angeordnet wurde noch stattgefunden hat. Demnach gehen auch die auf dieser verfehlten Annahme des Beschwerdeführers gestützten Relevanzerwägungen ins Leere; abgesehen davon stünde nur eine Verletzung des § 270 Abs 1 StPO unter Nichtigkeitssanktion.

Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich gegen die Urteilsfeststellungen, der abgesondert bereits rechtskräftig verurteilte Pavel V***** habe dreimal 180 Stangen Zigaretten nach Österreich eingeschmuggelt sowie daß der Angeklagte an den Genannten herangetreten sei - ersichtlich zu ergänzen -, diese Schmuggelfahrten durchzuführen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sind diese Konstatierungen mängelfrei begründet, finden sie doch in der Aussage des Pavel V*****, auf die die Tatrichter diese Feststellungen mit schlüssiger Begründung stützten, Deckung. Anläßlich seiner Vernehmung am 28.Februar 1996 (S 91 in ON 27) und am 20.März 1996 (S 149 in ON 27) hat V***** ausgesagt, drei Schmuggelfahrten im Auftrag der Brüder M***** vorgenommen zu haben, wobei (S 89, 93 in ON 27) nie mehr als 180 Stangen Zigaretten pro Fahrt geschmuggelt worden seien. Mit späteren abweichenden Angaben des Genannten beschäftigte sich das Schöffengericht und gelangte in seiner Beweiswürdigung zur Überzeugung, daß diese - ebenso wie die Verantwortung des Beschwerdeführers - nicht wahrheitsgemäß sind. In diesem Akt der Beweiswürdigung liegt kein formaler Begründungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO.

Dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich aus den Akten weder gegen die Feststellung der Zahl der geschmuggelten Zigaretten noch gegen die in Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten getroffene Feststellung, er hätte das gefundene Mobiltelefon in der Slowakei auf einem Flohmarkt verkaufen wollen, erhebliche Bedenken. Vielmehr unternimmt der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen insgesamt erneut nur den im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) läßt eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen, weil sie nicht, was sich schon aus dem Wortlaut der zitierten Gesetzesstelle unmißverständlich ergibt und Voraussetzung für die gesetzmäßige Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO wäre, aufzeigt, aus welchen Gründen die dem Angeklagten zur Last liegenden Taten keine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörigen strafbaren Handlungen begründen. Eine Verweisung auf die Ausführungen der - mittlerweile zurückgezogenen - Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die im übrigen gar nicht den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend gemacht hatte, sondern jenen nach Z 11 leg cit, ist als Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO unzulässig (Mayerhofer StPO4 § 285 E 42); darauf war somit nicht einzugehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß der Z 1 der eben zitierten Gesetzesstelle iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die in der angemeldeten vollen Berufung enthaltene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen kollegialgerichtliche Urteile in den österreichischen Strafprozeßgesetzen nicht vorgesehen ist.

Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen Strafe fällt gemäß § 285 i StPO in die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz.

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