Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem (einhelligen) Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Kurt G***** und Christian M***** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB, und zwar G***** als unmittelbarer Täter (I.), M***** als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB (II.), sowie des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (III.), G***** überdies des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (IV.) schuldig erkannt.
Danach haben die Angeklagten teils allein, teils im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 7. März 1998 in Klosterneuburg
(zu I.) G***** den Wolfgang Ma***** durch einen aus einer Entfernung von etwa 10 bis 20 cm aus einer Pistole der Marke FEG PA 63, Kaliber 9 mm Browning, kurz, abgegebenen Schuß in den Schädel getötet;
(zu II.) M***** zur Ausführung der zu I. beschriebenen Tat dadurch beigetragen, daß er vorher mit G***** übereinkam, unter Verwendung einer Schußwaffe einen Taxifahrer zu berauben und zu töten, in der Folge unter Mitführung einer Gaspistole zur Durchführung dieses Planes mit G***** in Wien das Taxi des Wolfgang Ma***** bestieg und sich nach Klosterneuburg führen ließ [wo Kurt G***** und er die zu I. und III. dargestellten Taten begingen];
(zu III.) G***** und M***** mit Gewalt gegen eine Person, nämlich durch die zu I. inkriminierte Tat, unter Verwendung der dort genannten Faustfeuerwaffe dem Wolfgang Ma***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich ca 800 S Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
(zu IV.) G***** von zumindest 1. Juli 1997 an bis 7. März 1998 in Wien und Klosterneuburg eine genehmigungspflichtige Schußwaffe, nämlich die zu I. näher bezeichnete Faustfeuerwaffe, unbefugt besessen und geführt.
Die Geschworenen haben die an sie gerichteten (anklagekonform und für jeden der Angeklagten getrennt gestellten) Hauptfragen 1 nach Mord, 2 und 6 nach schwerem Raub, 5 nach Beitragstäterschaft zum Mord und 4 nach dem Vergehen des Waffengesetzes bejaht. Die nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 zu beantwortende Eventual- frage 3 nach fahrlässiger Tötung sowie die nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 5 unter gleichzeitiger Bejahung der Hauptfrage 6 zu beantwortende Eventualfrage 7 nach schwerem Raub mit tödlichem Ausgang blieben demnach unbeantwortet.
Während der Angeklagte G***** nach dem Inhalt seiner auf Z 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mordes bekämpft, richtet sich die vom Angeklagten M***** aus Z 6 leg. cit. ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde gegen alle ihn treffenden Schuldsprüche.
Rechtliche Beurteilung
Keiner der Beschwerden kommt Berechtigung zu:
Die Tatsachenrüge (Z 10a) des Angeklagten G***** versagt. Sie versucht, aus den Akten hervorkommende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des im Verdikt festgestellten Tötungsvorsatzes des Beschwerdeführers aufzuzeigen, indem sie anhand folgender Verfahrensergebnisse nachzuweisen trachtet, daß er keinen Vorsatz hatte, einen tödlichen Schuß auf den Taxilenker abzugeben, und zwar einer Passage aus seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung, des anläßlich der Rekonstruktion am 18. März 1998 und in der Hauptverhandlung demonstrierten Geschehensablaufs, von vier, teilweise nur unvollständig wiedergegebenen Sätzen aus Antworten, die der Sachverständige für das Schießwesen Major Ing. Anton E***** anläßlich der mündlichen Gutachtenserstattung auf ergänzende Fragen gab, eines bruchstückhaft angeführten Satzes aus dem mündlichen Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Christian R*****.
Indes werden mit all diesen weitgehend nur unvollständig, selektiv und isoliert aus dem Zusammenhang gelösten, demnach sinnentstellt wiedergegebenen Teilen aus dem umfangreichen Beweisverfahren keine aktenkundigen Beweisergebnisse aufgezeigt, die nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Bedenken gegen den im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tötungsvorsatz erwecken. Vielmehr bekämpft der Nichtigkeitswerber in Wahrheit bloß unzulässig nach Art einer in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die von den Laienrichtern zu seinem Nachteil getroffene Lösung der Schuldfrage. Dabei übersieht die Beschwerde, daß die Geschworenen bei der gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich ihnen zugewiesenen Beweiswürdigung nach der Bestimmung des § 258 Abs 2 StPO alle vorhandenen Beweismittel (hier insbesonders auch das vom Angeklagten G***** vor den Sicherheitsbehörden abgelegte uneingeschränkte Mordgeständnis - S 47 ff/I, Verlesung in der Hauptverhandlung S 87/III) nicht nur einzeln, sondern auch in ihrer Gesamtheit zu prüfen und überdies den persönlich gewonnenen Eindruck mitzuverwerten haben.
So gesehen mußte die unbegründete Beschwerde versagen.
Punkt 1. der Rechtsmittelanträge begehrt "... den Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende Urteil aufzuheben und die Strafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen" und erstreckt sich somit auch auf den Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes (III.) und wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (IV.). Hiezu hat der Beschwerdeführer aber weder bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde noch in ihrer Ausführung deutlich und bestimmt dargelegt, aus welchen Gründen der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund auch insoweit gegeben sein soll (§§ 285a Z 2, 344 StPO).
Die Beschwerdeausführungen des Angeklagten M***** zum Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO hinwieder erschöpfen sich zum einen in dem Satz: "Für den Angeklagten M***** rechnete der Sachverständige eine Alkoholisierung von 2,8 Promille", andererseits in der pauschalen, unsubstantiierten Behauptung: "Es ist in diesem Zusammenhang auch auf die Judikatur hinzuweisen, wonach eine volle Berauschung in der Regel bei einem Mindestblutalkoholwert von 2,5 Promille in Betracht kommt" und in der Schlußfolgerung: "Trotzdem diese Verfahrensergebnisse hervorgekommen sind und diese Frage von erheblicher Bedeutung ist, wurde in dem Fragenkatalog eine Eventualfrage nach § 287 StGB nicht gestellt".
Die reklamierte Fragestellung wurde zu Recht unterlassen. Stützt nämlich der Beschwerdeführer den Vorwurf unterlassener Aufnahme einer Eventualfrage in den Fragenkatalog auf ein in der Hauptverhandlung hervorgekommenes Beweisergebnis (Tatsachenvorbringen im Sinne des § 314 Abs 1 StPO) - hier konkret auf den Inhalt des Gutachtens des gerichtsmedizischen Sachverständigen - so darf er den Nachweis der geltend gemachten Nichtigkeit nicht bloß auf der Grundlage eines einzigen, isoliert aus dem Kontext der Expertise gerissenen Satzes über die errechnete Blutalkoholkonzentration (76/III) führen. Prozeßordnungsgemäß muß er vielmehr - ebenso wie der Schwurgerichtshof bei pflichtgemäßer Beurteilung der rechtlichen Erheblichkeit der vorgebrachten Tatsachen - das Gutachten in seiner Gesamtheit berücksichtigen und anhand der zentralen Aussageinhalte jene Kriterien darlegen, welche die vermißte Fragestellung indizieren (ähnlich Mayerhofer StPO4 § 313 E 25; 15 Os 79/97).
Diese Gesamtbeurteilung hat die Beschwerde verabsäumt, sich vielmehr nur punktuell auf die rein rechnerisch im Bereich von 2,8 Promille liegende Blutalkoholkonzentration beschränkt, jedoch alle jene maßgebenden Umstände übergangen, die nach Ansicht des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Univ.Doz. Dr. R***** in Übereinstimmung mit den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Prim. Dr. Werner B***** (auch unter Berücksichtigung der Wirkung aus der Kombination Haschisch und Alkohol) bei Christian M***** die Annahme einer vollen Berauschung im Sinne des § 287 StGB zur reklamierten Fragestellung nicht indizieren (vgl 77 ff/III). Der Angeklagte hat sich im übrigen auch nie in diesem Sinn verantwortet.
Der bloße Hinweis auf "die Judikatur", wonach eine volle Berauschung in der Regel bei einem Mindestblutalkoholwert von 2,5 Promille in Betracht kommt, ist schon mangels der erforderlichen Konkretisierung einer sachbezogenen Erwiderung unzugänglich.
Der Beschwerdeführer vermag somit auf kein Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung hinzuweisen, nach dem - wenn es als erwiesen angenommen wird - die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Straf- gesetz fiele, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte (§ 314 Abs 1 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren demnach zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verurteilte die Angeklagten nach § 75 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen mehrerer verschiedener strafbarer Handlungen (bei M***** zwei und bei G***** drei), bei G***** überdies die Tatsache, daß er die Tathandlung (zu I.) in heimtückischer Weise ausgeführt hat, bei M***** mehrere einschlägige Vorstrafen; mildernd war demgegenüber bei beiden das Teilgeständnis und der Beitrag zur Wahrheitsfindung, bei G***** zudem dessen Unbescholtenheit.
Mit den dagegen erhobenen Berufungen streben die Angeklagten die Verhängung zeitlicher Freiheitsstrafen an.
Die Berufungen sind nicht begründet.
Das Geschworenengericht hat die Strafzumessungsgründe nicht nur im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt, sondern auch fehlerfrei gewichtet und über die Angeklagten - entsprechend ihrer hohen personalen Täterschuld sowie dem bedeutenden Unrechtsgehalt der Taten - zu Recht lebenslange Freiheitsstrafen verhängt.
Da beide Berufungswerber schon seit langem um die schädliche Wirkung übermäßigen Alkoholkonsums auf ihr soziales Verhalten wußten (vgl zu G***** S 517/I, 55/III; zu M***** S 473/I, 57 oben, 60 oben, 66 unten/III; 6 U 1210/90 und 6 U 679/89 im Akt 6 U 380/89 jeweils des Strafbezirksgerichtes Wien), wiegt der Vorwurf, daß sie sich in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt haben, die unter den aktuellen Umständen bewirkte verminderte Zurechnungsfähigkeit auf, sodaß das Erstgericht die ins Treffen geführte Alkoholisierung der Angeklagten zur Tatzeit weder für sich allein (vgl § 35 StGB) noch im Zusammenhang mit den vom psychiatrischen Sachverständigen angedeuteten Hinweisen auf das Vorliegen einer schizoiden bzw antisozialen Persönlichkeitsstörung und eines Abhängigkeitssyndroms (vgl 519 ff/I), möglicherweise auch einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (S 477 ff/I), zu Recht nicht als mildernd berücksichtigt hat. Die vom Angeklagten M***** als zusätzliche Milderungsgründe reklamierte untergeordnete Tatbeteiligung kommt im Schuldspruch II nach § 12 dritter Fall StGB zum Ausdruck. Als besonderer Milderungsgrund ist dies nur dann zu werten, wenn hiedurch auch eine entsprechende Schuldminderung erfolgt. Soweit er darüber hinaus beteuert, keine Tötungsabsicht gehabt und geglaubt zu haben, daß G***** die Waffe lediglich zur Einschüchterung mit sich führe, setzt er sich unzulässig über den (auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden) Schuldspruch II hinweg (vgl § 295 Abs 1 StPO).
Sonach war den Berufungen ein Erfolg zu versagen und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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