European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0150OS00001.9400000.0203.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Horst A* auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen
zu 1) des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs. 1 und Abs. 3 erster Fall StGB sowie
zu 2) des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 4.Juni 1993 in Innsbruck versucht, Julia K*
1) durch Versetzen von Stößen, massiven Faustschlägen und Fußtritten, heftiges Würgen mit seinen Händen sowie Herunterreißen ihrer Hose sowie durch schwere gegen sie gerichtete Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen, wobei die Tat eine an sich schwere und mit einer vierundzwanzig Tage übersteigenden Gesundheitsstörung verbundene Verletzung, nämlich einen Nasenbein‑ und Jochbeinbruch links, eine Zertrümmerung des linken knöchernen Augenhöhlenbodens, Blutungen in der linken Kieferhöhle, eine mächtige Schwellung der linken Gesichtshälfte, massive Blutunterlaufungen der linken Augenlider, Druckschmerzhaftigkeit der mittleren und linken Gesichtsweichteile, eine Rißquetschwunde im Unterlippenbereich, ausgedehnte Strangulierungszeichen und Schürfungen im Halsbereich, Kratz‑ und Schürfwunden im Bereich der linken Brust sowie der unteren Gliedmaßen zur Folge gehabt hat und
2) durch die zuvor geschilderten "Drossellungshandlungen" sowie Versetzen massivst geführter Fußtritte gegen ihren Kopf ("Elfmeter") vorsätzlich zu töten.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf die Gründe der Z 4, 9, 10 und 13 des § 345 Abs 1 StPO gestützt wird; gegen den Strafausspruch richtet sich seine Berufung.
Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer im Unterbleiben einer nochmaligen Verlesung der Fragen gemäß § 310 Abs 3 StPO nach einer auf seinen Antrag zurückgehenden Ergänzung des Fragenschemas.
Der Beschwerde ist zuzugeben, daß nach dem Inhalt des Protokolls über die Hauptverhandlung in der Tat ‑ der genannten Gesetzesbestimmung zuwider ‑ eine nochmalige Verlesung des um die Eventualfrage 2 nach schwerer Körperverletzung erweiterten Fragenschemas nicht stattgefunden hat. Gemäß § 345 Abs 3 StPO kann der Nichtigkeitsgrund der Z 4 zum Vorteil des Angeklagten aber nicht geltend gemacht werden, wenn unzweifelhaft erkennbar ist, daß die Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte. Nach Lage des Falls war den Geschworenen durch die Beschlußfassung über die Zulassung der erwähnten Eventualfrage, durch die Schlußvorträge zum (ergänzten) Fragenschema und durch die ergänzte schriftliche Rechtsbelehrung (vgl deren Seiten 7 bis 9) der geänderte Inhalt des Fragenschemas und dessen Sinn und Bedeutung hinlänglich bekannt gemacht worden, sodaß unzweifelhaft erkennbar ist, daß die Unterlassung der neuerlichen Verlesung des endgültigen Fragenschemas keinen dem Angeklagten nachteiligen Einlfuß üben konnte (vgl Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 345 Schlußsätze E 5). Auch die Nichtigkeitsbeschwerde vermag Gegenteiliges nicht einmal zu behaupten.
Nach dem Inhalt des Beratungsprotokolls beantworteten die Geschworenen vorerst die Eventualfrage 1 auf Grund einer Verwechslung, worauf in einem Moniturverfahren dieses Mißverständnis dahin korrigiert wurde, daß die Beantwortung dieser Frage (rechtsrichtig) entfällt. Indem der Beschwerdeführer in der Rüge des Wahrspruchs (Z 9) diesen wegen des geschilderten Vorganges als undeutlich und widersprechend bezeichnet, übergeht er, daß letztlich und endgültig eine Antwort der Geschworenen zu dieser Eventualfrage überhaupt nicht stattfand, sodaß die Beschwerde insofern nicht vom tatsächlichen Inhalt des Wahrspruchs, der in bezug auf die Eventualfrage 1 in Wahrheit gar nicht vorliegt (vgl § 340 Abs 2 StPO: der den Fragen "beigefügte Wahrspruch") ausgeht und demgemäß eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen läßt.
Sofern der Beschwerdeführer mit dem erwähnten Vorbringen auch Nichtigkeit in der Bedeutung der Z 10 des § 345 Abs. 1 StPO releviert, verkennt er, daß dieser Nichtigkeitsgrund nur dann vorliegt, wenn den Geschworenen die Verbesserung des Wahrspruches gegen den Widerspruch des Beschwerdeführers mit Unrecht aufgetragen oder, obgleich von zumindest einem Geschworenen ein bei der Abstimmung unterlaufenes Mißverständnis behauptet wurde, mit Unrecht nicht aufgetragen wurde. Keiner dieser Fälle lag nach dem Akteninhalt im gegenständlichen Verfahren vor, sodaß auch diese Rüge von aktenfremden Prämissen ausgeht und somit erneut nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung gelangt.
Mit dem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 13 StPO wird lediglich behauptet, das Geschworenengericht habe beim Ausspruch über die Strafe maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt, indem es die erheblichen Milderungsgründe bei der Strafbemessung zu wenig berücksichtigt habe. Auch dieser Einwand versagt, denn die bloße Nichtberücksichtigung weiterer Milderungsgründe oder deren unzutreffende Gewichtung stellt den erwähnten Nichtigkeitsgrund nicht her (Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 281 Z 11 E 7 uvam). Über dieses Vorbringen wird vielmehr im Rahmen der Berufungsentscheidung zu erkennen sein.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß §§ 285 d Abs. 1 Z 2, 344 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß der Z 1 dieser Gesetzesstelle iVm §§ 285 a Z 2, 344 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung ‑ in Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalprokuratur ‑ zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Zuständigkeit des örtlich zuständigen Gerichtshofes zweiter Instanz (§§ 285 i, 344 StPO).
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