Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Tibor P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil, das auch einen Schuldspruch des Mitangeklagten Tamas S***** enthält, wurde Tibor P***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 16. April 2004 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Tamas S***** als Mittäter (§ 12 StGB) Verfügungsberechtigten der ***** AG mit dem Vorsatz, sich und einen Dritten durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag von 189.713,96 Euro durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe abgenötigt, indem sie die Angestellten der Filiale T***** zur Herausgabe von Geld aufforderten, wobei Tamas S***** einen Gasrevolver sichtbar in der Hand hielt und diesen gegen Anna B***** richtete.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich eine (nominell) auf „§ 345 iVm § 281 Abs 1 Z 5 StPO“ gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die fehlschlägt.
Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des EGMR (Zuweisungsentscheidung vom 13. Jänner 2009, Taxquet gegen Belgien, Nr 926/05) sieht sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt, weil gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht zur Verfügung stehe. § 345 Abs 1 StPO sähe keine dementsprechende Rügemöglichkeit vor, weswegen diese Bestimmung verfassungswidrig wäre.
Schon die Behauptung der Verfassungswidrigkeit eines - durch ein Gericht fehlerfrei - angewendeten Strafgesetzes ist nicht Gegenstand von Rechts- oder Subsumtionsrüge oder zulässiges Vorbringen bei Geltendmachung eines sonstigen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 597; RIS-Justiz RS0099654, RS0053859), umso weniger diese ohne auch nur den geringsten inhaltlichen Bezug zu der angefochtenen Entscheidung aufgestellte Hypothese. Der Angeklagte macht, indem er sich bloß gegen eine Bestimmung wendet, die die Anfechtung geschworenengerichtlicher Urteile regelt, tatsächlich keine Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend (§§ 285a Z 2, 285d Abs 2 Z 2 StPO).
Mit Blick auf die ohne schlüssige Argumentation behauptete Verfassungwidrigkeit des § 345 Abs 1 StPO sieht sich der Oberste Gerichtshof auch nicht veranlasst, einen Antrag gemäß Art 89 Abs 2 zweiter Satz B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, zumal ein - und auch der gegenständliche - Wahrspruch alle jene wesentlichen Sachverhaltselemente, die zur Subsumtion erforderlich sind, enthält und das Urteil demnach in diesem Sinn durchaus als begründet anzusehen ist. Eine Anfechtungsmöglichkeit bietet - wenn auch in eingeschränktem Umfang - § 345 Abs 1 Z 10a StPO. Jene Entscheidung des EGMR (womit vorerst eine Zuweisung an die Große Kammer erfolgte) bemängelt demgegenüber das gänzliche Fehlen einer Begründung des sachverhaltsmäßig nicht hinreichend konkretisierten belgischen Urteils sowie dessen weitgehende Unanfechtbarkeit und bietet demgemäß keine Vergleichsgrundlage.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten P***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)