OGH 15Os169/11h

OGH15Os169/11h29.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Februar 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther P***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 19. Oktober 2011, GZ 17 Hv 74/11z-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther P***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. Mai 2008 in Klagenfurt die ihm in seiner Eigenschaft als Treuhänder für ein Wertpapierkonto des Martin B***** durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dem Genannten einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er das Wertpapierkonto auflöste und den Erlös in Höhe von 112.249,84 Euro nicht an diesen weiterleitete.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die ihr Ziel verfehlt.

Was an den Feststellungen des Erstgerichts, der Angeklagte sei rechtlich Verfügungsberechtigter des Wertpapierkontos gewesen (US 3 unten) und habe „de facto die Gelder des Martin B***** gleichsam treuhändig für diesen“ gehalten, sei aber nicht berechtigt gewesen, eigenmächtig darüber zu verfügen (US 4 oben), unklar sein soll, vermag die Undeutlichkeit reklamierende Mängelrüge (Z 5 erster Fall) nicht darzulegen. Dass Grundlage dieser Vertretungsmacht eine Vereinbarung zwischen B***** und dem Angeklagten war, ist den Urteilsannahmen unmissverständlich zu entnehmen (US 3 unten). Gleiches gilt für die kritisierte Konstatierung, wonach es dem Angeklagten „durchaus bewusst [war], dass, wenngleich es keinen schriftlichen Treuhandschaftsvertrag gab, er selbst eigentlich nur als Strohmann fungiert und sich gegenüber Martin B***** verpflichtet hatte, die ihm in seiner Eigenschaft als Depotinhaber zur Verfügung stehenden Befugnisse ... nicht ohne dessen Einverständnis auszuüben“ (US 5), die die Wissentlichkeit des Angeklagten in Bezug auf den Befugnismissbrauch eindeutig umschreibt.

Entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter mit den Aussagen der Zeugen Mag. Barbara P*****, Mag. Wolfgang S*****, Bernd T***** und Werner St***** ebenso auseinander gesetzt wie mit den Angaben der Eltern des Angeklagten, es habe sich bei den gegenständlichen Aktiendepots um Geschenke gehandelt (US 7 f). Die Depositionen der Zeugin Mag. P***** haben die Tatrichter insgesamt als unglaubwürdig erachtet (US 7), sodass auch einzelne Details ihrer Aussage im Zivilverfahren nicht gesondert erörterungsbedürftig waren. Die übrigen Ausführungen der Mängelrüge erschöpfen sich in eigenständigen Beweiswerterwägungen zu einzelnen Zeugenaussagen, ohne eine Nichtigkeit iSd Z 5 aufzeigen zu können.

Die Überlegungen der Beschwerde zum Vorliegen der Voraussetzungen einer rechtswirksamen Schenkung sind angesichts der hiezu konträren Annahmen der Tatrichter irrelevant (neuerlich US 3 f). Ein Eingehen auf den Umstand, dass das Wort „treuhändig“ erstmals „in einem Anwaltsschreiben vom 27. Juni 2008 genannt“ worden sein soll, war schon im Hinblick darauf, dass nach den Urteilsannahmen keine schriftliche Vereinbarung errichtet wurde (US 4 oben), nicht notwendig.

Der Einwand, es läge keine Wissentlichkeit vor, weil es keinen schriftlichen Treuhandvertrag gäbe, erschöpft sich in der beweiswürdigenden Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten.

Kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) ist zwischen den Feststellungen, der Angeklagte habe keine nennenswerten Transaktionen auf dem Konto getätigt (US 4) bzw er habe das Depot aufgelöst und sich den Erlös zugeeignet (US 5), gegeben, bezieht sich doch erstere Konstatierung eindeutig auf den Zeitraum vor der Auflösung des Kontos. Ob die Tathandlungen (Auflösung des Kontos und Zueignung der Gelder) in Klagenfurt (US 1) oder „in der Filiale in Graz“ (US 5) gesetzt wurden, betrifft keine entscheidende Tatsache (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 14). Soweit der Beschwerdeführer daraus ableitet, das Landesgericht Klagenfurt sei für das Verfahren örtlich nicht zuständig, ist er auf den Grundsatz der „perpetuatio fori“ hinzuweisen (§ 213 Abs 5 StPO).

Dem Beschwerdeeinwand zuwider wurde die Annahme einer „Treuhandschaft“ nicht offenbar unzureichend begründet, sondern auf die Aussage des Opfers und der Zeugen Mag. Peter W*****, Horst Si***** und Eugen B***** gegründet (Z 5 vierter Fall). Daran vermögen auch die Bemühungen der Rüge, aus den vom Erstgericht verwendeten Worten „gleichsam“ und „de facto“ für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen abzuleiten, nichts zu ändern.

Der Schädigungsvorsatz wurde - zulässigerweise RIS-Justiz RS0116882) - logisch und empirisch einwandfrei aus dem objektiven Sachverhalt abgeleitet (US 9).

Schließlich betreffen die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, der Bruder des Opfers sei „finanziell aber offenbar durchaus belastet“ gewesen, weder eine entscheidende Tatsache (zum Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399) noch sind sie aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall). Eine solche Nichtigkeit liegt nämlich nur bei einem eine entscheidende Tatsache betreffenden unrichtigen Referat des Inhalts einer Zeugenaussage oder einer Urkunde vor (WK-StPO § 281 Rz 467).

Mit der Wiederholung des zur Mängelrüge erstatteten Vorbringens sowie der eine Schenkung des Depots behauptenden Verantwortung des Angeklagten gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet unter Berufung auf eine Stelle im Schrifttum (vgl aber RIS-Justiz RS0118429), es stelle keine Untreue dar, wenn der Treuhänder Dritten gegenüber im eigenen Namen tätig werde, der Treuhänder sei in diesem Fall kein Machthaber, sondern lediglich ein indirekter Stellvertreter, versäumt es aber, diese Konsequenz methodisch aus dem Gesetz zu argumentieren (vgl hiezu aber Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 Rz 11). Die auf dieser Behauptung aufbauenden weiteren Überlegungen, dass dem Angeklagten auch „kein strafbares Verhalten nach § 133 StGB anzulasten“ sei, können damit auf sich beruhen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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