OGH 15Os163/95

OGH15Os163/9514.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Eichinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner V***** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 17.August 1995, GZ 13 Vr 542/95-10, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Werner V***** wurde des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Von der weiteren Anklage wegen eines Vergehens gegen das Waffengesetz wurde er hingegen unangefochten freigesprochen.

Inhaltlich des erstgerichtlichen Schuldspruchs hat der Angeklagte von August 1990 bis November 1994 als Gemeindesekretär der Gemeinde O*****, somit als Beamter, wiederholt mit dem Vorsatz, die Gemeinde O***** an ihrem Vermögen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er vom gemeindeeigenen Konto bei der Bank A*****, Filiale J*****, insgesamt 364.513,28 S behob und für persönliche Zwecke verwendete.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil vom Angeklagten ergriffene, nominell auf den zweiten und dritten Fall der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Mit dem Einwand (Punkt I.a der Rechtsmittelschrift), das Erstgericht hätte unter Berücksichtigung weiterer Milderungsgründe (so etwa:

unbeherrschte Spielsucht, Lebenslauf, besonders verlockende Gelegenheit, Fehlen eines persönlichen finanziellen Vorteils, Mitwirkung an der Ermittlung der Schadenshöhe) und im Hinblick auf eine die Kriterien des § 41 Abs 1 StGB erfüllende günstige Prognose die außerordentliche Strafmilderung anwenden oder zumindest die Freiheitsstrafe an der Untergrenze des Strafrahmens ausmessen müssen, wird keine offenbar unrichtige Beurteilung für die Strafbemessung entscheidender Tatsachen geltend gemacht. Vielmehr werden damit - erklärtermaßen - bloß zusätzliche Umstände mit dem Ziel einer Strafreduktion ins Treffen geführt, die vom Gerichtshof zweiter Instanz bei Erledigung der (vom Angeklagten zudem erhobenen) Berufung im Rahmen freien richterlichen Ermessens zu prüfen sein werden (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 E 1 ff, Hager/Meller Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung Erl I jeweils zu § 281 Z 11; Foregger/Kodek StPO6 S 406).

Insoweit ist daher die Nichtigkeitsbeschwerde nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Entgegen der Beschwerdebehauptung (laut Punkt I.b der Beschwerdeschrift) hat das Erstgericht auch nicht in unverwertbarer Weise gegen die Bestimmung über die Strafbemessung verstoßen.

Zunächst argumentiert der Beschwerdeführer nämlich mit der Behauptung, das Urteil verletze das "Doppelverwertungsverbot" (insoweit Z 11 zweiter Fall), weil zur Begründung der Täterschuld bereits zum Wesen des Amtsmißbrauchs gehörende Tatsachen (gemeint: Mißbrauch der Vertrauensstellung) noch einmal gesondert als erschwerend herangezogen würden, am Urteilssachverhalt vorbei. Hat doch das Schöffengericht diesen Umstand ohnehin nicht als besonderen Erschwerungsgrund gewertet, sondern auf den langen Zeitraum (gemeint: die häufige Wiederholung) und die eigensüchtige Weise, in der die Vertrauensstellung unter wiederholter Täuschung des Gemeindekassiers und entgegen ausdrücklichen Anordnungen der Bezirkshauptmannschaft Judenburg ausnützte, abgestellt, somit über den (tatbestandswesentlichen) wissentlichen Befugnismißbrauch des Angeklagten hinaus festgestellt (vgl US 7 f), aus welchen konkreten Gründen es auch diesem Umstand im Verein mit weiteren Tatmodalitäten im aktuellen Fall eine besondere Bedeutung für den Grad der personalen Täterschuld beigemessen hat. Daß es in diesem Zusammenhang (unnötigerweise) auch noch auf die - mit einer Verurteilung zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe ex lege verbundene - Sanktion des Amtsverlustes hinwies, vermag weder den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund zu bewirken, noch die unzutreffende Vermutung des Beschwerdeführers zu rechtfertigen, "der Rechtsfolge des Amtsverlustes sei das Gewicht einer Nebenstrafe beigemessen" bzw "die Rechtsfolge [sei] zur Rechtsursache" für die Verhängung einer zwölf Monate übersteigenden Freiheitsstrafe geworden. Damit hat das Schöffengericht keineswegs zum Ausdruck gebracht, daß es bei Delikten wie dem vorliegenden generell die Verhängung einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe als unabdingbares Erfordernis ansehe.

Da die Tatrichter desgleichen nicht grundsätzlich die Anwendung der bedingten Nachsicht gemäß § 44 Abs 2 StGB beim Amtsverlust verneint haben, sondern nur aus fallspezifischen Momenten (vgl US 8 dritter Absatz), wird mit dem bezüglichen Vorbringen erneut bloß ein Umstand kritisiert, der im Rahmen der Berufung zu erörtern sein wird (vgl Mayerhofer/Rieder aaO E 20; Hager/Meller aaO Erl 3. lit c).

Schließlich bedeutet es auch keinen (Nichtigkeit begründenden) "Wertungswiderspruch", wenn dem Angeklagten unter Bejahung einer positiven Prognose (ohne generalpräventive Nachteile) zwar die verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 (der Rechtsmittelwerber spricht irrtümlich von Abs 2) StGB bedingt nachgesehen wurde, nicht aber (mit gesonderter Begründung) die Rechtsfolge des Amtsverlustes. Die Frage, ob die erstgerichtlichen Gründe für die Verweigerung der bedingten Nachsicht der Rechtsfolge auch tragen, wird - wie schon oben gesagt - vom Gerichtshof zweiter Instanz zu beantworten sein.

Sonach war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die von Werner V***** zudem ergriffene Berufung das Oberlandesgericht Graz zuständig ist (§ 285 i StPO).

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