OGH 15Os156/94

OGH15Os156/9420.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kamptner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Milan und Tomislav M***** wegen des Vergehens der Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Milan M***** sowie über die Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe des Angeklagten Tomislav M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 7.Juli 1994, GZ 9 Vr 383/93-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden sowie die Berufung wegen Schuld des Angeklagten Tomislav M***** werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 24-jährige Milan M***** und sein am 24.Juni 1976 geborener Bruder Tomislav M***** (abweichend von der wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB erhobenen Anklage, ON 34 - nur) des Vergehens der Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt und zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt, weil sie im April 1993 in Braunau am Inn und anderen Orten außer dem in § 232 Abs 2 StGB genannten Fall nachgemachtes Geld, nämlich "mindestens" acht Banknoten zu je 200 DM, als echt und unverfälscht ausgegeben haben (in den Entscheidungsgründen wird die Ausgabe von genau acht dieser Banknoten festgestellt).

Diesen Schuldspruch bekämpft Milan M***** mit einer auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. Tomislav M***** hingegen führt eine "Berufung wegen Nichtigkeit [§ 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO], Schuld und Strafe" aus. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Milan M*****:

Nicht zielführend sind die Einwendungen der Mängelrüge.

Die Aussage des "Zeugen" (richtig: Beschuldigten) Zoran J***** vor dem Untersuchungsrichter (ON 33) wurde in der Hauptverhandlung gar nicht verlesen (363) und sonach im Urteil (zutreffend - siehe § 258 Abs 1 StPO) auch nicht verwertet. Indem der Beschwerdeführer augenscheinlich eine Verlesung als gegeben annimmt und eine Erörterung dieser Aussage vermißt, argumentiert er an der Aktenlage vorbei.

Mit den Depositionen des Zoran J***** als Verdächtiger vor Beamten der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (257 ff), die als Teil der Erhebungsergebnisse ON 25 verlesen wurden (363), beschäftigte sich das Erstgericht. Dabei unterlief ihm keineswegs - wie der Beschwerdeführer meint - ein innerer Widerspruch. Aus den Ausführungen des schöffengerichtlichen Urteils ist vielmehr erkennbar, daß es der Aussage des Zoran J***** vor der Sicherheitsbehörde nur insoweit folgte, als dieser berichtete, bei der von ihm getätigten Übergabe des Falschgeldes seien beide Angeklagten (und nicht nur Milan M*****) anwesend gewesen, nicht jedoch der Behauptung des Genannten, er sei in Unkenntnis der Tatsache der Fälschung gewesen.

Da das Schöffengericht in seiner Beweiswürdigung durchaus frei ist, auch nur Teilen einer Aussage zu folgen, andere aber abzulehnen (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 258 E 89) liegt ein formaler Begründungsmangel nicht vor.

Ebensowenig ist ein solcher Begründungsmangel in Ansehung der Feststellung gegeben, wonach der von den Angeklagten dem J***** bezahlte Betrag wesentlich unter dem offiziellen Wechselkurs gelegen sei (US 5), wurde doch der Umstand aus den erforderlichen Auslagen für die anläßlich des Umtausches jeweils eines Scheines erstandenen je zwei Packungen Zigaretten und für die bei der Fahrt von Lokal zu Lokal aufgewendeten Fahrtspesen erschlossen (US 9); dies stellt eine logisch und empirisch nachvollziehbare Begründung dar.

Die Argumentation der Tatsachenrüge (Z 5 a) fußt im wesentlichen auf den vom Schöffengericht weitgehend als unglaubwürdig abgelehnten Verantwortungen der beiden Beschwerdeführer (US 7 ff), ferner auf den erneut vorgebrachten Einwänden der Mängelrüge über Anzahl, Herkunft, Kenntnis über die Qualität und Weitergabe der gefälschten DM-Banknoten sowie auf der Behauptung, dem Nichtigkeitswerber fehle es an jeglichem Motiv für die ihm zur Last gelegte Straftat. Solcherart kämpft sie bloß unzulässigerweise nach Art einer in den Prozeßgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung gegen die (auch) zum Nachteil des Angeklagten Milan M***** ausgefallene Beweiswürdigung der Tatrichter an, ohne jedoch schwerwiegende Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen und/oder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Entgegen der Beschwerdebehauptung leitet das Erstgericht "die entscheidende Tatsachenfeststellung", wonach er Kenntnis von der Fälschung hatte, nicht allein aus dem Verhalten des Beschwerdeführers "nach Erwerb der Banknoten" ab, vielmehr hat es dessen Schuld aus einer kritischen Gesamtschau aller maßgeblichen Verfahrensergebnisse sowie unter Berücksichtigung des von den Angeklagten persönlich gewonnenen Eindrucks mit denkmöglicher und plausibler Begründung aus den Umständen, wie die Angeklagten in den Besitz des Falschgeldes gelangten und wie sie es dann in Verkehr brachten, erschlossen (US 7-10).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Tomislav M*****:

Vorweg ist festzuhalten, daß die fälschlich als "Berufung wegen Nichtigkeit" bezeichneten Ausführungen dieses Beschwerdeführers als Nichtigkeitsbeschwerde zu behandeln sind, weil die Falschbezeichnung offensichtlich nur auf einem Irrtum bzw Vergreifen im Ausdruck beruht und in der Ausführung Nichtigkeitsgründe geltend gemacht werden (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 280 E 35 ff).

Das zwar als "Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 5 StPO" überschriebene Vorbringen stellt sich nach Inhalt und Zielrichtung der Sache nach jedoch lediglich als eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Kritik an der Lösung der Schuldfrage durch die Erkenntnisrichter dar, indem es einer Reihe von mängelfrei begründeten Urteilsfeststellungen die für unglaubwürdig beurteilte Verantwortung des Rechtsmittelwerbers, er sei am 16.April 1993 nicht in Österreich, sondern in der Schweiz gewesen, gegenüberstellt. Ein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes wird damit jedoch nicht aufgezeigt. Dabei kann - ohne daß die einzelnen (beweiswürdigenden) Beschwerdeeinwendungen einer gesonderten Antwort bedürften - im wesentlichen auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milan M***** verwiesen werden.

Insbesondere weist auch die Feststellung der Übernahme von "mindestens" drei gefälschten 200 DM-Scheinen von einem Unbekannten keinen formalen Begründungsmangel auf. Denn das Erstgericht konstatierte ausdrücklich die Weitergabe von acht derartigen Scheinen durch die Angeklagten (US 6), vermochte jedoch mit Sicherheit nur den Erwerb fünf derartiger Scheine von J***** festzustellen und konnte demnach, ohne mit den Gesetzen der Logik in Widerspruch zu geraten, den Schluß ziehen, daß die restlichen drei Scheine von einem unbekannt gebliebenen Täter erworben wurden.

Nur zu der wiederholt ins Treffen geführten "Aktenwidrigkeit", deren Wesen der Rechtsmittelwerber verkennt, sei noch erwidert, daß eine solche nur vorliegt, wenn in den Entscheidungsgründen der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergegeben wird (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 85). Wenn aber - wie vorliegend - bloß behauptet wird, daß zwischen den vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und dem diesen zugrunde gelegten Beweismaterial (hier vornehmlich der Aussage des Zoran J*****" vor der Sicherheitsbehörde - 257 ff -) ein Widerspruch bestehe bzw daß die Aussagen des Zoran J***** zweifelhaft, überhaupt unrichtig und lediglich eine Schutzbehauptung sind" (405), wird der nur eine formale Vergleichung gestattende Nichtigkeitsgrund der Aktenwidrigkeit nicht gesetzmäßig zur Darstellung gebracht. Denn die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlüsse kann unter diesem Gesichtspunkt nicht angefochten werden (Mayerhofer/Rieder aaO E 191).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) strebt den Freispruch des Beschwerdeführers mit dem Vorbringen an, er habe nicht "gewußt", daß das Geld falsch sei; eine Bestrafung nach § 233 Abs 1 Z 2 StGB setze jedoch "das Wissen um die Falschheit des Geldes" voraus, das bei ihm nicht vorhanden gewesen sei; deshalb könne bei ihm auch der subjektive Tatbestand nicht erfüllt sein; es könne ihm auch kein Sorgfaltsverstoß dahingehend unterstellt werden, daß er die Echtheit der Scheine nicht überprüft habe.

Die Rechtsrüge ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie nicht, wie es bei Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre, am konstatierten Sachverhalt festhält, sondern einen Teil davon, nämlich auch das positive Wissen des Beschwerdeführers Tomislav M***** um die Tatsache der Fälschung bereits beim jeweiligen Erwerb der gefälschten Noten (US 5) - und demnach auch bei der Weitergabe - schlechthin übergeht und durch seine vom Schöffengericht in der Beweiswürdigung abgelehnte Verantwortung ersetzt.

Darauf, daß im übrigen für die Erfüllung des Tatbestandes des § 233 Abs 1 Z 2 StGB auch ein Vorsatz des Täters - die qualifizierte Form der Wissentlichkeit ist nicht erforderlich - erst im Zeitpunkt der Ausgabe hinreicht (Leukauf/Steininger Komm3 RN 6 und Kienapfel im WK Rz 32 jeweils zu § 233; EvBl 1988/121 = NRsp 1988/172), muß angesichts der dargestellten Urteilskonstatierung nicht mehr eingegangen werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Die "Berufung wegen Schuld" des Angeklagten Tomislav M***** war gemäß § 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Prozeßgesetzen nicht vorgesehen ist (§§ 283 Abs 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO).

Die Entscheidung über die Berufungen (wegen Strafe) der beiden Angeklagten fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz (§ 285 i StPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte