OGH 15Os151/93(15Os152/93)

OGH15Os151/93(15Os152/93)14.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Oktober 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Freyer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roland W***** wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 9.April 1992, GZ 19 Vr 58/87-53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird verweigert.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit Beschluß vom 14.Juli 1993, GZ 19 Vr 58/87-61, hat das Landesgericht St.Pölten die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gemäß § 285 a Z 2 StPO als verspätet ausgeführt zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 21.Juli 1993 zugestellt (S 97).

Am 29.Juli 1993 beantragte der Angeklagte durch seinen Verteidiger die Erteilung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung. Er brachte dazu vor, daß in der Kanzlei seines Verteidigers die Eintragung der Rechtsmittelfrist im Vormerkkalender von einer bis dato selbständig und fehlerlos arbeitenden Kanzleiangestellten vorgenommen wurde, die jedoch im vorliegenden Fall versehentlich eine vierwöchige Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung eingetragen habe. Erst mit der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des Landesgerichtes St.Pölten an den Verteidiger habe dieser vom Versehen seiner Kanzleiangestellten Kenntnis erlangt.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist (unter anderem), daß um diese innerhalb von 14 Tagen nach Aufhören des Hindernisses, das zur Fristversäumung geführt hat, angesucht wird (§ 364 Abs. 1 Z 2 StPO). In der Rechtsmittelschrift (ON 60) wird als Tag der Zustellung der Urteilsausfertigung ausdrücklich der 5.Mai 1993 angeführt (S 83; der im Akt erliegende Rückschein trägt allerdings das Datum 6.Mai 1993); die Rechtsmittelschrift ist mit 1.Juni 1993 datiert (S 81), an welchem Tag, spätestens aber am darauffolgenden (dem Tag der Postaufgabe) sie ersichtlich auch geschrieben und damit vom Verteidiger unterschrieben wurde. Daraus folgt aber, daß der Verteidiger des Angeklagten anläßlich der Unterfertigung der Rechtsmittelschrift (am 1. oder 2. Juni 1993) davon Kenntnis erlangt haben mußte, daß im vorliegenden Verfahren die Rechtsmittelausführungsfrist mangels der Voraussetzungen des § 285 Abs. 3 StPO und demnach mangels eines Hinweises im Urteil gemäß § 270 Abs. 3 StPO nicht 4 Wochen, sondern bloß 14 Tage beträgt, zumal Gegenteiliges auch im Wiedereinsetzungsantrag nicht behauptet wird und auch sonst kein Anhaltspunkt dafür aktenkundig ist, daß der Verteidiger die Rechtsmittelschrift (entgegen der Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwaltes) ungelesen unterfertigt habe. Damit ist das Hindernis, auf das § 364 Abs. 1 Z 2 StPO abstellt, nämlich die bei der Vormerkung der Rechtsmittelausführungsfrist unterlaufene Fehlleistung in der Kanzlei des Verteidigers weggefallen, sodaß spätestens am 2. Juni 1993 die 14-tägige Frist zur Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen begonnen hat. Innerhalb dieser Frist wurde aber der vorliegende Antrag nicht gestellt; er wurde vielmehr erst am 29.Juli 1993 zur Post gegeben, weshalb er verspätet ist (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 66 a zu § 364). Schon aus diesem Grund mußte daher die begehrte Wiedereinsetzung, ohne daß auf das weitere Antragsvorbringen einzugehen war, verweigert werden.

Über den Angeklagten wurde nur eine einzige Strafe verhängt, gegen welche sich die von ihm rechtzeitig angemeldete Berufung (ON 57; s. auch ON 58) richtet; einer Berufungsausführung bedurfte es daher nicht (vgl. Foregger-Serini StPO5 Anm. II zu § 294). Demnach wird über die rechtswirksam erhobene Berufung - unbeschadet der verspäteten Ausführung - der Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.

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