Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der österreichische Staatsbürger Werner K***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (1. a und b) sowie des Vergehens des (schweren) Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 letzter Fall StGB (2.) schuldig erkannt, weil er - inhaltlich des erstgerichtlichen Schuldspruchs -
(zu 1.) nachstehende Personen mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt, nämlich durch Betäubung mittels Schlaf- bzw Schmerztabletten, zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung und zur Duldung des Beischlafs genötigt hat, nämlich
a) am 27.August 1994 in Neudörfl an der Leitha Alexandra R***** zur Vornahme des Oralverkehrs, indem er von ihr verlangte, "ihm einen zu blasen", nachdem er ihr Schlaf- bzw Schmerztabletten gegeben, Wodka eingeflößt und ihr eine unbekannte Flüssigkeit in den linken Oberarm gespritzt sowie Handschellen angelegt hatte;
b) am 16. und 17.September 1994 in Usti nad Laben (Tschechien) die Polin Edyta Z***** zur Duldung des Geschlechtsverkehrs, nachdem er ihr (in Wien) Schlaf- bzw Schmerztabletten und Cognac verabreicht hatte;
(zu 2.) am 17.September 1994 in Usti nad Laben (Tschechien) der Edyta Z***** unter Ausnützung ihres unter 1.b geschilderten Zustandes, der sie hilflos machte, fremde bewegliche Sachen in nicht mehr festzustellendem (25.000 S nicht übersteigendem) Wert, nämlich eine schwarze Lederhandtasche, eine braune Ledergeldbörse, ein violettes Notizbuch, eine Füllfeder, eine beige Bluse mit langen Ärmeln, einen weißen Büstenhalter, eine schwarze kurze Leggins sowie schwarze Nylonstrumpfhosen, mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen hat.
Rechtliche Beurteilung
Nur den Schuldspruch laut Punkt 1.b und 2. des Urteilssatzes bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch nicht berechtigt ist.
In der allein zum Schuldspruchsfaktum 1.b erhobenen Tatsachenrüge (Z 5 a) trachtet der Beschwerdeführer bloß nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile - auch im Rahmen des angerufenen Nichtigkeitsgrundes (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 3,4) - unzulässigen Schuldberufung die ihn belastenden Aussagen der Zeugin Edyta Z*****, der das Schöffengericht geglaubt hat (US 10 mitte und 12), als "äußerst unglaubwürdig" bzw "vollends unglaubwürdig" darzustellen, indem er zwei nebensächliche Details aus deren Vernehmungsprotokollen zusammenhanglos herausgreift (vgl 312/I) und auf der Grundlage seiner als unglaubwürdig beurteilten Verantwortung (US 13 ff) beweiswürdigend resümiert, Z***** habe sich freiwillig nach Tschechien begeben und auch freiwillig "Petting" zugelassen, allerdings einen höheren "Schandlohn" erwartet und den Angeklagten offenbar aus Rache denunziert.
Nach Prüfung der Aktenlage, insbesondere auch unter Einbeziehung des Umstandes, daß im Blut des Tatopfers selbst Tage nach der Tat noch Spuren betäubender Medikamente festgestellt wurden (45 f in ON 25/I, 483 ff/II), vermag der Oberste Gerichtshof indes nicht einmal die von der Beschwerde auf der Basis einer durch nichts gedeckten Unterstellung, die Zeugin sei auf einen "Schandlohn" ausgewesen, geäußerten "Zweifel" zu teilen, noch viel weniger etwaige (vom relevierten Nichtigkeitsgrund geforderte) sich aus den Akten ergebende "erhebliche Bedenken" gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu hegen.
Die Rechtsrügen (Z 9 lit a, 10 und 11) entbehren zur Gänze einer gesetzmäßigen Darstellung, weil sie - dem bei der Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe zwingenden Gebot zuwider - nicht den gesamten Urteils- sachverhalt zur subjektiven und objektiven Tatseite mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleichen und auf der Basis dieses Tatsachensubstrats den Nachweis erbringen, daß das Erstgericht bei dessen Beurteilung einem Rechtsirrtum unterlegen sei (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 E 26, 30; § 281 Z 10 E 9).
In Ausführung der Rechtsrüge nach Z 9 lit a erkennt der Beschwerdeführer zwar zutreffend, daß die unter 1.b des Urteils inkriminierte Vergewaltigung der Edyta Z***** gemäß § 67 Abs 2 StGB auch dann im Inland begangen ist, wenn feststeht, daß der Angeklagte mit Vergewaltigungsvorsatz bloß einen "Tatbeitrag" (gemeint einen Handlungsteil oder einen Teilerfolg) im Inland verwirklicht hat. Handelt es sich doch bei dem in Rede stehenden Verbrechen der Vergewaltigung um ein zweiaktiges Delikt mit teilbaren Ausführungshandlungen (der Einsatz der Tatmittel und die Vornahme des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung), die zeitlich zusammenfallen können, aber nicht notwendig müssen (vgl 14 Os 93/95 nv; Pallin im WK ErgH § 201 Rz 2 a).
Soweit die Beschwerde aber (urteilsfremd) argumentiert, eine "derartige Feststellung", daß beim Ange- klagten die "entsprechende Handlung [Betäubung] auch vom Vorsatz umfaßt gewesen" sei, finde sich im Urteil nicht, übergeht sie schlichtweg gerade jene spezifische Urteilskonstatierung (US 10 zweiter Absatz zweiter Satz), der zufolge der Angeklagte die alkoholunerfahrene Edyta Z***** durch Verabreichung von Alkohol und Medikamenten (in Wien) derart schwer betäubte, daß sie mehrere Tage in einen schlafähnlichen Zustand versetzt war, somit gegen sie schwere Gewalt geübt hat, um sie zur Duldung des Beischlafs zu nötigen. Solcherart wird daher die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Da nach den insoweit unbekämpft gebliebenen und mängelfreien Urteilsfeststellungen ein Teilerfolg bzw ein Handlungsteil - nämlich der Einsatz schwerer Gewalt durch Betäubung - des erst in Tschechien vollendeten Verbrechens in Österreich verwirklicht worden war, bestand für das Erstgericht keine Veranlassung, sich mit dem Problem der "identen Norm" auseinanderzusetzen (vgl zur geltenden Einheitstheorie bezüglich des Tatortes: Leukauf/Steininger Komm3 § 67 RN 4 ff).
Nur informationshalber sei darauf hingewiesen, daß nach Z 1 des (mit § 201 StGB vergleichbaren, mit "Not- zucht" überschriebenen) § 241 des tschechischen Strafgesetz- buches 1961 mit Freiheitsentziehung von drei bis acht Jahren bestraft wird, wer mit Gewalt oder durch Drohung mit unmittelbarer Gewaltanwendung ein Weib zum Beischlaf zwingt, oder wer die Wehrlosigkeit eines Weibes zu einer solchen Tat mißbraucht (vgl Schmied, Das Tschechoslowakische Strafgesetzbuch vom 29. November 1961, Berlin 1964, Walter de Gruyter & Co, S 97).
Der Einwand hinwieder zum Urteilsfaktum 2., das Erstgericht habe sich "mit dem juristischen Wesen des Diebstahls bzw seiner qualifizierten Form" im Sinne des § 128 (Abs 1 Z 1 letzter Fall) StGB nicht ausreichend befaßt, es läge ein substanzloser Gebrauch der verba legalia vor, diese könnten aber die zur Anwendung einer strafgesetzlichen Norm erforderlichen Tatsachensubstrate keineswegs ersetzen und der Diebstahl könne "daher nicht als erwiesen gelten", womit der Sache nach ein Begründungsmangel in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 5 StPO behauptet wird, läßt jene Ent- scheidungspassagen (US 8 f, 15 f) außer acht, in denen schlüssig und zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) dargelegt wird, daß das bestohlene Opfer (auch noch) zum Zeitpunkt des Diebstahls schwer betäubt und damit hilflos war, das heißt infolge der durch den Angeklagten bewirkten und von ihm ausgenützten tiefgreifenden Ausschaltung des menschlichen Bewußtseins physisch und psychisch außerstande war, seine Habe entsprechend zu schützen (vgl Leukauf/Steininger aaO § 128 RN 13 ff). Der relevierte Begründungsfehler haftet daher dem bekämpften Urteil nicht an.
Die Argumentation der Subsumtionsrüge (Z 10), das Erstgericht habe zwar in der rechtlichen Beurteilung richtig ausgeführt, daß die Anwendung eines den Willen des Opfers erst allmählich beugenden berauschenden Mittels als (schlichte) Gewalt nach § 201 Abs 2 StGB zu beurteilen sei, es habe aber dennoch eine Betäubung im Sinne des § 201 Abs 1 StGB angenommen, wiewohl es eine "plötzlich" entstandene Bewußtseinstrübung, auf die es für die Qualifikation der schweren Gewalt allein ankomme, nicht festgestellt habe, sodaß lediglich von einer schlichten Gewalt im Sinne des § 201 Abs 2 StGB gesprochen werden könne, geht erneut und mehrfach an den (auch insoweit unangefochten gebliebenen und mängelfrei) festgestellten Tatsachen vorbei:
Zum einen berücksichtigt die Beschwerde einmal nur die (berauschende) Wirkung des "Alkohols", ein andermal den Umstand, in welchen Mengen und über welchen Zeitraum "der Alkohol bzw allfällige Medikamente" zu sich genommen werden, wobei schon das (abgekürzt) verwendete Umstandswort "bzw" nicht deutlich erkennen läßt, ob es für das Bindewort "und" oder anstelle des Bindewortes "oder" stehen soll. Auch durch den Gebrauch des unbestimmten Eigenschaftswortes "allfällige" (Medikamente) weichen die Beschwerdeausführungen vom Urteilssachverhalt ab, der keinen Zweifel daran läßt, daß der Angeklagte das (vollkommen alkoholunerfahrene) Opfer unter der Vorspiegelung, es handle sich um ein homöopathisches Mittel, durch Schlaf- bzw Schmerztabletten und Cognac (US 2), einige weiße Tabletten und Cognac (US 7), Alkohol und Barbiturate, Benzodiazepine und Parazetamol (US 8), Alkohol und Medikamente (US 10, 15, 16; vgl auch US 9) schwer betäubt und in einen Dauerschlaf versetzt hat, der es gegen die Vornahme des Beischlafs gänzlich widerstandsunfähig machte (US 15 f).
Zum anderen übergeht der Beschwerdeführer die weitere entscheidende Feststellung, wonach Edyta Z***** die (vom Angeklagten als unschädlich bezeichneten) weißen Tabletten einnahm, etwas von dem Cognac trank und, bald nachdem sie in den PKW eingestiegen war, einschlief (US 7 unten).
Nach dem Sinngehalt dieser im Konnex zu sehenden Urteilsfeststellungen, die der Nichtigkeitswerber aber prozeßordnungswidrig weitestgehend verschweigt, bringen die Erkenntnisrichter - entgegen der Beschwerde- behauptung - deutlich zum Ausdruck, daß sie sowohl von einer schnellen (plötzlichen) schweren Betäubung des Opfers ausgingen (vgl Leukauf/Steininger aaO § 201 RN 13; kritisch gegen den Gesetzgeber: Schick in LJZ 4/93 S 143), sondern nach Lage des Falles auch von einer heimlichen, ohne Wissen und Wollen der Frau (weil sie über die schädliche Qualität der Tabletten getäuscht worden war) erfolgten Verabreichung der ihre Betäubung bewirkenden Tabletten. Von der prozeßordnungswidrigen Rechtsmittelausführung abgesehen zeigt sich damit auch aus dieser gebotenen Gesamtsicht heraus, daß die erstgerichtlichen Entscheidungsgründe ein ausreichendes Tatsachensubstrat enthalten, welches die Annahme der schweren Gewalt im Sinne des § 201 Abs 1 StGB zu tragen vermag (vgl Pallin im WK ErgH 201 Rz 11 a).
Die allein auf das Urteilsfaktum 1.b abgestellte Strafzumessungsrüge (Z 11) schließlich entbehrt gleichfalls einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie urteilsfremd von einer "im Ausland begangenen Straftat" ausgeht. Hiezu genügt es, den Rechtsmittelwerber auf die Ausführungen bei Erledigung der Rechtsrüge nach Z 9 lit a zu verweisen.
Vom Beschwerdeführer wurde in diesem Zusammenhang das Urteilsfaktum 2 nicht releviert, das sich als Auslandstat darstellt (vom Erstgericht wurde nicht festgestellt, daß der Angeklagte die schon in Österreich herbeigeführte schwere Betäubung auch zum Zweck einer Sachwegnahme bewirkte; diesfalls wäre ihm Raub zur Last zu legen). Eine Prüfung der Voraussetzungen der inländischen Gerichtsbarkeit - ihr Mangel wäre als materiellrechtliche Nichtigkeit von Amts wegen aufzugreifen (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 9 b E 15) - zeigt, daß sie gegeben sind: Der Angeklagte ist Österreicher. Ein - unter dem erschwerenden Umstand der Ausnutzung der Wehrlosigkeit eines anderen (§ 34 lit c des tschechischen StGB) begangener - Diebstahl wird nach tschechischem Recht mit Freiheitsentziehung von sechs Monaten bis zu drei Jahren oder Besserungsmaßnahme oder Geldstrafe bestraft (§ 247 Z 1 leg.cit.), wobei angesichts der spezifisch einschlägigen schweren Vorstrafenbelastung die Anwendung der Bestimmung über besonders gefährliche Rückfallstäter (§ 41 lit a leg. cit.) in Betracht kommen könnte, die eine Erhöhung der oberen Grenze des Strafsatzes um ein Drittel vorsieht (§ 42 leg. cit. - vgl Schmied aaO S 26, 30, 99). Ein Vergleich zeigt, daß die Strafdrohung des öster- reichischen Rechtes in Ansehung einer Freiheitsstrafe (§ 128 Abs 1 StGB) mangels einer Untergrenze gegenüber dem tschechischen Recht milder ist; eine Strafschärfung bei Rückfall (§ 39 StGB) wurde hingegen vom Erstgericht ohne- dies nicht in Betracht gezogen. Es sind somit in Ansehung des Urteilsfaktums 2 die Kriterien des § 65 StGB für die inlän- dische Gerichtsbarkeit gegeben.
Sonach war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung (§ 285 i StPO).
Zur Äußerung des Verteidigers vom 20.März 1996 ist bloß darauf hinzuweisen, daß eine Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie - auch in Ansehung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe - nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, sofort gemäß § 285 a Z 2 StPO zurückgewiesen werden kann (Mayerhofer/Rieder aaO § 285 a E 61), was gemäß § 285 b Abs 1 StPO (auch) dem Vorsitzenden des Schöffengerichtes zustünde, jedoch bei Unterbleiben einer Entscheidung des Vorsitzenden gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO vom Obersten Gerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung auszusprechen ist.
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