OGH 15Os14/94(15Os15/94)

OGH15Os14/94(15Os15/94)17.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Februar 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Straßegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dorel K***** und Grigore E***** wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1 SGG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.August 1993, GZ 6 b Vr 4922/93-43, sowie über die Beschwerden der Angeklagten gegen die gleichzeitig mit diesem Urteil ergangenen Widerrufsbeschlüsse gemäß § 494 a StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dorel K***** (1) des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1 SGG, (3) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 2 WaffG und (4) des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB sowie Grigore E***** (2) des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1 SGG als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach haben in Wien

(zu 1) Dorel K***** den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge in Verkehr zu setzen versucht, indem er am 23. März 1993 rund 100 Gramm Heroin einem Unbekannten zu verkaufen suchte,

(zu 2) Grigore E***** zur Ausführung der zu 1) beschriebenen Straftat dadurch beigetragen, daß er auftragsgemäß bei der Übergabe des Suchtgiftes zugegen war und dabei Aufpasser- und Überwachungsdienste leistete,

(zu 3) Dorel K***** Anfang März bis zum 23.März 1993 unbefugt eine verbotene Waffe, nämlich ein Springmesser besessen, sowie

(zu 4) Dorel K***** eine Sache, die ein anderer durch ein Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt hat, an sich gebracht und verheimlicht, indem er im April 1992 von einem Rumänen eine Kamera Nikon und ein Zoom-Objektiv, welche am 21.April 1992 zum Nachteil der Monika M***** "durch Einbruch in deren Wohnung" - wobei in den Entscheidungsgründen ausgeführt wird, daß dem Angeklagten K***** nicht nachgewiesen werden könne, e habe davon gewußt oder doch "in Kauf genommen", daß die Kamera durch Einbruch erbeutet worden war - gestohlen wurde, ankaufte und bis zum 23.März 1992 bei sich verwahrte.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*****:

Der Rechtsmittelantrag dieses Angeklagten richtet sich uneingeschränkt dahin, "das Ersturteil aufzuheben". Zu den Schuldspruchspunkten 3) und 4) enthält die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch überhaupt keine Ausführungen, entbehrt demnach hiezu einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen (§ 285 a Z 2 StPO) und ist insoweit schon deshalb zurückzuweisen.

Zum Schuldspruch wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1 SGG werden Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht, denen in keinem Punkt Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zunächst eine Aktenwidrigkeit; das Erstgericht habe konstatiert, dem Beschwerdeführer sei bekannt gewesen, daß das Päckchen, das er von Florin C***** übernommen hatte, Heroin enthalte; diese Feststellung sei aktenwidrig, weil weder der Beschwerdeführer, noch der Mitangeklagte Grigore E***** dies jemals behauptet hätten.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer allerdings den Begriff der Aktenwidrigkeit, die nur dann vorliegt, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage ewas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 185 zu § 281 Z 5). Vorliegend hat das Erstgericht an keiner Stelle ausgeführt, daß die bekämpfte Feststellung durch die Verantwortung der beiden Angeklagten gedeckt ist und jene des Beschwerdeführers ausdrücklich als leugnend umschrieben. Die gerügte Aktenwidrigkeit ist daher nicht gegeben.

Als Urteilsunvollständigkeit bezeichnet die Nichtigkeitsbeschwerde den Umstand, daß sich das Schöffengericht nicht mit der jegliches Wissen dahin, daß das Päckchen Heroin enthalte, bestreitenden Verantwortung des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe. Dieses Beschwerdevorbringen übergeht, daß das Erstgericht sehr wohl - und noch dazu in eingehender Weise - die Verantwortung des Beschwerdeführers einer kritischen Prüfung unterzogen hat und in denkmöglicher Beweiswürdigung dieser Verantwortung nicht gefolgt ist (vgl US 19 f). Von einem Übergehen der Verantwortung des Beschwerdeführers und demnach einem formalen Begründungsmangel kann daher keine Rede sein.

Inwiefern aus dem Vorbringen, der Zweitangeklagte habe deponiert, ihm sei unbekannt gewesen, ob der Beschwerdeführer den Inhalt des Päckchens gekannt habe, eine Urteilsnichtigkeit abzuleiten sei, wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Insofern ist dieser Einwand einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht Feststellungsmängel in bezug auf den für die Tatbestandsverwirklichung hinsichtlich des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG erforderlichen Vorsatz geltend; sie übergeht aber dabei die Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte K***** eine die Grenzmenge weit übersteigende Menge von Heroin dem verdeckten Fahnder zu übergeben versuchte, wobei dieser Versuch der Inverkehrsetzung von seinem Vorsatz umfaßt und auch die Suchtgiftmenge in den Tatplan einbezogen war (US 12). Damit aber ist konstatiert, daß vom Tatplan des Beschwerdeführers erfaßt war, daß es sich um eine "große Suchtgiftmenge" handelte. Da die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes stets den Vergleich des gesamten Urteilssachverhalts des mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen zum geltend gemachten Nichtigkeitsgrund die eben erwähnten Konstatierungen negiert, ist die Rechtsrüge prozeßordnungswidrig dargestellt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten E*****:

Grigore E***** meldete am 16.August 1993 (rechtzeitig) Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 46). Am gleichen Tage meldete sein Verteidiger Berufung und Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß an (ON 48). Nach Zustellung einer Urteilsaufertigung wurden vom Verteidiger lediglich die Berufung und die Beschwerde ausgeführt (ON 51).

Da die Nichtigkeitsbeschwerde zwar angemeldet, aber nicht ausgeführt wurde und auch bei der Anmeldung Nichtigkeitsgründe, durch die sich der Angeklagte beschwert erachtet, nicht ausdrücklich oder durch deutliche Hinweise angeführt wurden, war die Nichtigkeitsbeschwerde, die gemäß § 285 b Abs. 1 StPO schon vom Vorsitzenden zurückzuweisen gewesen wäre, gemäß § 285 d Abs. 1 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Entscheidungen über die Berufungen und über die Beschwerden fallen in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§§ 285 i, 498 Abs. 3 StPO).

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