Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Rudolf S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 3 dritter Fall StGB (1.) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung - (zu 1.) am 25. Oktober 2000 in Wien Bettina B***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafes sowie zu einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich zum Oralverkehr, genötigt, indem er sie mit Handschellen am Rücken fesselte, knebelte und ein Elektroschockgerät gegen sie einsetzte, sowie durch die wiederholte Äußerung, er werde sie umbringen, wenn sie nicht still sei, sie müsse tun, was er sage, denn sie sei seine Sklavin, wobei er seine Worte durch ein Springmesser, das er ihr vor das Gesicht hielt, und durch Schläge gegen das Gesicht bekräftigte, wobei Bettina B***** durch die Tat in besonderer Weise erniedrigt wurde, indem sie während der Tat Handfesseln tragen musste, der Angeklagte ihr einen Stofffetzen in den Mund stopfte, sodass sie kaum Luft bekam, und ihr mit einem Elektroschockgerät elektrische Schläge versetzte.
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 8 und 12 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft - ungeachtet des unklar gefassten Rechtsmittelantrages (S 11/II) - nur die angenommene Deliktsqualifikation nach § 201 Abs 3 dritter Fall StGB. Sie ist jedoch nicht im Recht.
Rechtliche Beurteilung
In der Instruktionsrüge (Z 8) behauptet der Beschwerdeführer zu Unrecht eine einer Unvollständigkeit gleichkommende Unrichtigkeit der schriftlichen Rechtsbelehrung, weil darin nicht erörtert werde, dass die ihm angelastete "Erniedrigung in besonderer Weise" nach § 201 Abs 3 dritter Fall StGB eine Deliktsqualifikation darstellt, die gemäß § 7 Abs 1 StGB zumindest vom bedingten Vorsatz des Täters umfasst sein muss.
Zwar enthalten die die bekämpfte Qualifikation unmittelbar betreffenden Ausführungen - isoliert betrachtet - keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit eines auch diesbezüglichen Vorsatzes. Bei der gebotenen Berücksichtigung der Gesamtheit und des Sinngehaltes der Belehrung kann aber die Gefahr eines die Nichtigkeit bewirkenden Missverständnisses der Laienrichter ausgeschlossen werden. Die Rechtsbelehrung instruiert nämlich in ihrem allgemeinen Teil rechtsrichtig, dass vorsätzlich handelt, wer einen einem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhalt verwirklichen will, definiert sodann die drei Arten des Vorsatzes und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass auch bedingter Vorsatz genügt, sofern das Gesetz keine spezifische Art des im Zeitpunkt des tatbildlichen Verhaltens notwendigen Vorsatzes fordert.
Darauf aufbauend hebt der ausdrücklich auf den zweiten und dritten Fall des § 201 Abs 3 StGB bezugnehmende Teil der Rechtsbelehrung unmissverständlich hervor, dass für die Annahme dieser Varianten als bloße Spielarten einer einzigen Qualifikation ohne selbständige Bedeutung (EvBl 1990/119) Voraussetzung ist, dass die vergewaltigte Person durch die Tat (vgl § 260 Abs 1 Z 1 StPO), welche gleichbedeutend mit den für erwiesen angenommenen Tatsachen, aber nicht identisch ist mit der strafbaren Handlung, dessen der Angeklagte durch Subsumtion seiner Tat unter das Strafgesetz für schuldig erachtet wurde (Mayerhofer StPO4 § 261 E 18), längere Zeit in einem qualvollen Zustand versetzt wurde oder dass der Tatvorgang eine besondere, eine tatbestandsmäßige Vergewaltigung bei weitem übersteigende Intensität erreicht. Solcherart wurde den Geschworenen jedoch deutlich und bestimmt eröffnet, dass sich der (zumindest bedingte) Vorsatz auf jenes tatsächliche Verhalten erstrecken muss, das dem (in der an sie gerichteten Hauptfrage 1 aufscheinenden) normativen Begriff der "besonderen Erniedrigung" entspricht. Über die hiefür bedeutsamen Kriterien wurden sie ebenso verständlich und zureichend in Kenntnis gesetzt.
Auch die Subsumtionsrüge (Z 12), mit der die besondere Erniedrigung des Opfers durch die Tat bestritten wird, versagt.
Die Tatsache, dass Bettina B***** während der (nahezu zwei Stunden dauernden) Tat Handfesseln tragen musste und dermaßen geknebelt war, dass sie kaum Luft bekam, was die Beschwerde allerdings übergeht, und Todesangst erleiden musste, stellen gerade jene schwerwiegenden Begleitumstände der Tat dar, die das mit einer Vergewaltigung jedenfalls verbundene Maß an Demütigung erheblich überschreiten. Durch die andauernde Fesselung wurde die Frau sinnfällig zum reinen Lustobjekt erniedrigt (vgl auch 15 Os 68, 69/93) und ihr die im Zusammenhang mit den sonstigen Tathandlungen aussichtslose Situation besonders deutlich vor Augen geführt. Dazu kommt, dass ihr der Angeklagte in einer besonders peinlichen Situation jegliche Möglichkeit einer ordentlichen Körperreinigung verwehrte, nachdem sie zufolge eines durch die Atemnot bewirkende Knebelung ausgelösten intensiven Angstzustandes in die Hose uriniert hatte, wodurch das Opfer in seiner Menschenwürde gröblich verletzt wurde. Dem bekämpften Schuldspruch haftet daher der geltend gemachte Rechtsirrtum nicht an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 201 (zu ergänzen: Abs 3 erster Strafsatz) StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. November 2000, GZ 6 b EVr 8179/00-13 (7 Monate Freiheitsstrafe wegen der Vergehen nach § 27 Abs 1 und 2 Z 2 SMG und § 15 StGB) eine Zusatzstrafe von 14 Jahren und 5 Monaten. Dabei wertete es die "mehrfache Qualifikation" der Tat (ersichtlich gemeint: die verstärkte Tatbildmäßigkeit beim Verbrechen der Vergewaltigung durch die Begehungsmittel der schweren Gewalt und der Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben), die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und den raschen Rückfall als erschwerend, hingegen die Tatsache des Versuchs beim Vergehen der Nötigung als mildernd.
Der dagegen vom Angeklagten erhobenen Berufung, mit der er eine schuldangemessene Reduzierung der verhängten Freiheitsstrafe begehrt, kommt keine Berechtigung zu.
Vorweg ist ihm zu erwidern, dass eine (dem Rechtsmittelwerber offenbar vorschwebende) Strafzumessungsvorschrift, der zufolge "die Höchststrafe für den dritten [hier aktuellen] Deliktsfall [des § 201 Abs 3 StGB] nur dann angemessen wäre, wenn die Auswirkungen auf das Opfer etwa denen entsprechen, die einer schweren, ja sogar für das ganze weitere Leben des Opfers anhaltenden Verletzung entspräche, also eine Demütigung des Opfers auf die besonders subversive Weise darstellten", dem Gesetz nicht zu entnehmen ist.
Wie das Gericht bei Bemessung der Strafe vorzugehen hat, ergibt sich vielmehr aus den allgemeinen Grundsätzen des § 32 StGB. Diesen Kriterien hat das Geschworenengericht aber im Ergebnis zutreffend Rechnung getragen. Allerdings sind die festgestellten besonderen Erschwerungsgründe dahin zu ergänzen, dass der Angeklagte das erschlichene Vertrauen der hilfesuchenden Bettina B***** schändlich missbraucht und sie durch die brutale Vorgangsweise nicht unerheblich verletzt hat (vgl S 41 ff/I und Gutachten ON 36). Die von der Berufung sonst noch für sich ins Treffen geführten, teils aktenfremd wiedergegebenen Überlegungen des Opfers über den Grund seiner Polizeianzeige und das Verhalten des Täters nach der Tat (zB Begleitung der genotzüchtigten Frau zur Straßenbahn) rechtfertigen keine mildere Beurteilung des bereits dreimal wegen Verbrechens des schweren Raubes und einmal wegen Verbrechens der Vergewaltigung empfindlich vorbestraften und zuletzt sehr rasch wieder rückfällig gewordenen Berufungswerbers. Die über ihn verhängte Zusatzstrafe entspricht daher auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes seiner gravierenden Schuld und dem bedeutenden Unrechtsgehalt der Taten.
Somit musste auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.
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