OGH 15Os140/23m

OGH15Os140/23m31.1.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Flickinger in der Strafsache gegen H* T* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 5. Juli 2023, GZ 27 Hv 126/22i-118, weiters über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen gleichzeitig gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00140.23M.0131.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde H* T* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A) und des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (B) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung – (A) am 21. Juni 2022 in L* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe S* D* fremde bewegliche Sachen, nämlich 310 Euro Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich (US 4) durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er eine Gas-/Schreckschusspistole auf die Genannte richtete und sagte „und jetzt machst de Kassa auf und wennst gscheit tust, dann passiert dir nichts!“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Der Rechtsmittelwerber kritisiert die Urteilsaussage als aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall), wonach die Zeugin S* ihn „stets gleichlautend und übereinstimmend“ sowie „eindeutig und zweifelsfrei“ auf „dem Lichtbild der Überwachungskamera als Täter identifizieren konnte“ (US 8).

[5] Er übersieht dabei jedoch, dass die von ihm zum Vergleich ins Treffen geführten Deponate dieser Zeugin (zB „Das Aussehen sieht so aus, aber die Gangart ist anders.“) nicht das in den Entscheidungsgründen erwähnte (keine „Gangart“ zeigende) Lichtbild, sondern Videos betrafen, die ihr in der Hauptverhandlung zusätzlich vorgehalten wurden. Solcherart vermengt die Rüge bloß verschiedene Teile der Aussage dieser Zeugin zu unterschiedlichen Beweismitteln. Dass den Tatrichtern bei der Begründung einer Feststellung zu entscheidenden Tatsachen ein Fehlzitat (eines Teils) dieser Aussage unterlaufen wäre, wird indes nicht aufgezeigt.

[6] Überdies wendet sich der Nichtigkeitswerber aus Z 5 fünfter Fall gegen die Urteilsaussage betreffend den Nachweis seiner DNA „an sämtlichen Gegenständen“ (einer Langhaarperücke, einem schwarzen Stoffbeutel, einer schwarzen Kapuzenjacke und einem schwarzen T-Shirt), deren molekulargenetische Untersuchung angeordnet worden war (US 8 f). Aus dem molekulargenetischen Gutachten gehe nämlich hervor, dass seine DNA auf der Kapuzenjacke nicht gefunden worden sei.

[7] Dem ist zu erwidern, dass eine Wiedergabe des Inhalts dieses Gutachtens in den Entscheidungsgründen – als infrage kommender Bezugspunkt der angesprochenen Anfechtungskategorie – gar nicht erfolgte (RIS‑Justiz RS0099431, RS0099547).

[8] Im Übrigen wurden die von der Beschwerde kritisierten Ausführungen von den Tatrichtern zur Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten, er habe die „sichergestellte Tatkleidung noch nie gesehen“ (US 8 f), ins Treffen geführt. Die Konstatierungen zur Täterschaft des Beschwerdeführers hingegen stützen sie auf mehrere – im Urteil dargelegte – Umstände und deren Gesamtschau (US 7 ff).

[9] Das Auffinden einer DNA‑Spur des Beschwerdeführers auf der sichergestellten Jacke (von der er übrigens selbst sagte, sie einmal getragen zu haben) stellte somit keine notwendige Bedingung für die Feststellung irgendeiner entscheidenden Tatsache dar. Deshalb kann die allenfalls irrtümliche sachverhaltsmäßige Bejahung dieses einzelnen Aspekts einer Reihe von Beweisumständen, die erst in ihrer Gesamtschau zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen führten, nicht erfolgversprechend zum Gegenstand der Mängelrüge gemacht werden (RIS‑Justiz RS0116737; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 410).

[10] Auch die – unter Bezugnahme auf die Urteilsaussagen zu einem schwarzen T‑Shirt mit DNA-Spuren des Beschwerdeführers geäußerte – Kritik an der Nichtberücksichtigung der Angaben der Zeugin D*, wonach der Täter ein weißes T-Shirt getragen habe, spricht keinen erheblichen Umstand an. Denn die Tatrichter stellten bei ihrer Überzeugungsbildung zu Festellungen entscheidender Tatsachen nicht darauf ab, dass der Nichtigkeitswerber bei der Tat ein bestimmtes T-Shirt getragen hätte (US 8).

[11] Das weitere Vorbringen zu Überlegungen, wie seine DNA auf die Perücke und den Sportbeutel gelangen konnte, entspricht der Art nach einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung und ist unter den Kriterien der Mängelrüge unbeachtlich.

[12] Die Tatsachenrüge (Z 5a) soll nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Rügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

[13] Der Beschwerdeführer kritisiert die Gesamtheit der Festellungen zum objektiven Tatgeschehen und zur subjektiven Tatseite (US 4 f) sowie die dazu angestellten Beweiserwägungen der Tatrichter bloß anhand eigenständiger Bewertung der Verfahrensergebnisse. Mit diesen Ausführungen gelingt es ihm nicht, erhebliche Bedenken im bezeichneten Sinn gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen zu wecken.

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[15] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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