OGH 15Os135/01

OGH15Os135/0131.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinrich Ludwig S***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 19. Juni 2001, GZ 20e Vr 2586/01-37, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Verteidigers Mag. Schön und des Angeklagten Heinrich S***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Heinrich Ludwig S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (1./), sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (2./a./ und b./) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (3./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 18. März 2001 in Wien

1./ dadurch dass er Karl A***** ein Messer an den Hals hielt und sagte: "Wonn de Kibara kummen, leg i die glei um und jetzt ram aus deine Sochn!", wobei er dann selbst aus der Hosentasche des Genannten einen Bargeldbetrag in der Höhe von S 300,-- nahm, diesem mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; 2./ Nachgenannte am Körper verletzt:

A./ Karl A***** durch einen Faustschlag gegen das Gesicht, wodurch dieser eine 5 mm lange Rissquetschwunde mit Schwellung des Oberlides des linken Auges erlitt;

B./ Gabriela J***** dadurch, dass er ihr einen Schulterstoß versetzte und sie in der Folge die Stiegen im Stiegenhaus hinunterstürzte, wodurch diese eine münzgroße Hautabschürfung am rechten Unterschenkel sowie eine Schwellung am rechten Scheitel erlitt;

3./ Karl A***** und Gabriela J***** durch die Äußerung: "Bevor a Kibara zu mir kummt, bring i euch beide um!", gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5, 6 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 5) wendet sich gegen die Abweisung des Beweisantrags auf Vernehmung des "zuständigen" Hausmeisters als Zeugen (S 243). Dem Antrag mangelte es jedoch bereits an einem konkreten Beweisthema, weil nicht dargetan wurde, welche "entlastenden Angaben" der Zeuge machen könne, zumal dieser nach den - mit der Verantwortung des Angeklagten gar nicht in Widerspruch stehenden - Ergebnissen des Beweisverfahrens nur während eines Teiles des Tatgeschehens anwesend war. Aus diesem Grunde könnte aus der mangelnden Wahrnehmung einer Drohung durch den Zeugen auch nicht abgeleitet werden, dass diese nicht gefallen wäre. Schließlich hätte der Beweisantrag auch eines Vorbringens dahin bedurft, welche für die Entscheidung der Schuldfrage bedeutsamen Umstände aus dem vom Beschwerdeführer behaupteten Zuruf "Halt ihn auf!" und aus der Stelle, an der die Zeugin J***** verletzt zu liegen kam, hätten bewiesen werden sollen. Durch die Abweisung dieses (unbestimmten) Beweisantrages wurden daher Verteidigungsrechte nicht verletzt. Die Fragestellungsrüge (Z 5) reklamiert die Stellung von Zusatzfragen nach Notwehr und Putativnotwehr zu den Hauptfragen in Richtung schweren Raubes und Körperverletzung. Sie schlägt fehl, weil in der Hauptverhandlung keine Tatsachen vorgebracht wurden, die das Vorliegen dieses Unrechts- oder jenes Strafausschließungsgrundes indiziert hätten. Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht dahin verantwortet, in einer tatsächlichen oder auch nur angenommenen Notwehrsituation gehandelt zu haben, vielmehr hat er jegliche Tätlichkeit oder Drohungen in Abrede gestellt. Der Beschwerde zuwider kann ein die reklamierte Fragestellung indizierendes Tatsachenvorbringen auch aus der Ablehnung des psychiatrischen Sachverständigen, die vom Verteidiger gestellte Frage nach der Möglichkeit, dass sich der Angeklagte gegen vermeintliche Aggressionshandlungen wehren wollte, zu beantworten, nicht abgeleitet werden.

Mit der Tatsachenrüge (Z 10a) behauptet der Angeklagte, beim Raub ohne Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung gehandelt zu haben, weil ihm Schadenersatzansprüche gegen den Zeugen A***** wegen einer Beschädigung der Kleidung zustünden. Ungeachtet des Umstandes, dass der Verteidiger einen schriftlichen Beweisantrag in diese Richtung gestellt hatte (S 145 f), leugnete der Angeklagte aber im gesamten Verfahren jegliche Sachwegnahme. Sohin vermag die Beschwerde keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsache seines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über Heinrich Ludwig S***** nach §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB eine fünfjährige Freiheitsstrafe und verurteilte ihn zudem gemäß §§ 366 (Abs 2), 369 StPO zur Zahlung von 300,-- S an den Privatbeteiligten Karl A*****.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend fünfzehn einschlägige Vorstrafen, den einschlägigen Rückfall rund fünf Monate nach der letzten Haftentlassung, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die Verletzung zweier Personen, als mildernd hingegen die verminderte Zurechnungsfähigkeit und den geringen Wert der Raubbeute.

Die (schriftlich nicht ausgeführte) Berufung des Angeklagten richtet sich gegen den Strafausspruch und gegen den Privatbeteiligtenzuspruch.

Das Geschworenengericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe im Ergebnis richtig dargestellt und nicht zum Nachteil des Angeklagten gewichtet. Durch die gesetzliche Mindeststrafe kann sich dieser somit nicht beschwert erachten; die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 StGB) liegen nicht vor. Die Strafberufung versagt somit.

Auch die Berufung wegen der privatrechtlichen Ansprüche schlägt fehl. Ihr zuwider führt das Zusammentreffen aufrechenbarer Forderungen nicht schon eo ipso deren Aufhebung herbei, sondern verleiht erst das Recht, deswegen auf eine bereits vollzogene Aufrechnung oder durch entsprechende Einrede auf Aufrechnung zu dringen. Aus dem bloßen Hinweis auf Gegenforderungen kann eine solche Erklärung jedoch nicht abgeleitet werden, zumal der Angeklagte nicht einmal die Höhe der behaupteten Gegenforderung genannt hat (Mayerhofer StPO4 § 366 E 21aa). Der Zuspruch erfolgte somit im Hinblick auf den Schuldspruch des Angeklagten wegen Raubes des zugesprochenen Geldbetrags zu Recht (Mayerhofer aaO § 366 E 3, 4). Die - vom Erstgericht unterlassene - Anhörung des Angeklagten zum geltend gemachten Anspruch (§ 365 Abs 2 StPO) wurde zulässiger Weise durch den Obersten Gerichtshof nachgeholt (vgl Mayerhofer aaO § 365 E 21b).

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