OGH 15Os133/05f

OGH15Os133/05f19.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mario C***** wegen der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. September 2005, GZ 34 Hv 85/05z-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mario C***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43a Abs 3 StGB zum Teil bedingt nachgesehen Freiheitsstrafe verurteilt.

Danach hat er in Wien mit der am 15. April 1992 geborenen, sohin unmündigen Bettina R***** am 19. Februar, 3. März und 8. März 2005 den Beischlaf unternommen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Der Mängelrüge (Z 5) zuwider liegen vom Schöffengericht unberücksichtigte Widersprüche in den Angaben der Zeugin Bettina R***** nicht vor. Denn - wie die Beschwerde selbst zugesteht - kann die Aussage der Zeugin vor der Polizei, sie habe dem Angeklagten ihr wahres Alter „schon früher einmal gesagt" (S 17), nach allgemeinem Verständnis durchaus auch im Sinn ihrer Darstellung in der Hauptverhandlung (S 181, 189) verstanden werden, wonach sie es ihm via Internet-Chatroom mitgeteilt habe. Soweit die Beschwerde dies aufgrund der polizeilichen Aussage des Mädchens ausschließen will, übersieht sie, dass der von ihr reklamierte Aussageteil („Wir haben über Hobbys und über die Schule geschrieben") keine abschließende Darstellung des gesamten Inhalts der Internet-Kontakte zwischen dem Angeklagten und der Zeugin beschreibt (S 17: „Zunächst ..."). Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Hinweis auf das von der Zeugin R***** erstellte Internet-Chatroom-Benutzerprofil keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der - von den Tatrichtern sorgfältig begründeten - Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu wecken, zumal der Angeklagte der Sache nach selbst zugestanden hat, bereits bei der ersten Tat vermutet zu haben, dass sie jünger als 14 Jahre sei (S 25, 125).

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11) hat das Erstgericht weder „die leugnende Verantwortung des Angeklagten explizit als entscheidende Strafzumessungstatsache gewertet" noch durch den Verweis auf die Nachtragsanzeige ON 8 „implizit zum Ausdruck" gebracht, der Angeklagte habe eine weitere strafbare Handlung begangen, und damit gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Das Fehlen von Reue und Schuldeinsicht kann grundsätzlich - wie jedes Nachtatverhalten (Jerabek in WK2 § 43 Rz 19) - auch eines der Beurteilungskriterien bei Erstellung der spezialpräventiven Prognose iSd § 43 Abs 1 StGB sein, wenngleich es für sich allein die Verweigerung bedingter Strafnachsicht nicht zu tragen vermag. Der Verweis auf die (Gegenstand eines gemäß § 57 StPO getrennt geführten Verfahrens bildende) Nachtragsanzeige ON 8 bezog sich in Hinblick auf den Urteilskontext (in Zusammenhang mit der Verantwortung des Angeklagten) ersichtlich nur auf dessen darin enthaltene Aussage vor der Polizei vom 24. April 2005, deren Verwertung im gegenständlichen Verfahren infolge ihres Vorkommens in der Hauptverhandlung (§ 252 Abs 2a StPO, S 199) zulässig war und in der zum Ausdruck gebrachten Form nicht den Vorwurf der Begehung einer weiteren strafbaren Handlung verwirklichte. Die Sanktionsrüge macht daher der Sache nach nur Berufungsgründe geltend.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der die Argumente der Nichtigkeitsbeschwerde aufrecht erhaltenden Äußerung der Verteidigung gemäß § 35 Abs 2 StPO - als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen resultiert (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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