OGH 15Os132/13w

OGH15Os132/13w2.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinksi und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Aboule D***** wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 10. Juni 2013, GZ 38 Hv 12/13z-43, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher sowie des Verteidigers Mag. Bischof zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Unterbleiben der rechtlichen Unterstellung der zu 2./ genannten Tat auch unter § 83 Abs 1 StGB, demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Aboule D***** hat durch die zu 2./ genannte Tat auch das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm weiterhin zur Last liegenden Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB und der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB nach § 105 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt.

Die verhängte Freiheitsstrafe wird unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft hierauf verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Die Vorhaftanrechnung wird dem Landesgericht Krems an der Donau überlassen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen verfehlten und solcherart wirkungslosen Subsumtionsfreispruch enthaltenden (vgl RIS-Justiz RS0115553) - Urteil wurde der Angeklagte Aboule D***** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (1./) und des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (2./) schuldig erkannt.

Danach hat er

1./ am 22. August 2012 in L***** Yvonne G***** am Körper misshandelt und ihr dadurch fahrlässig eine Verletzung, nämlich einen Bluterguss am rechten Oberschenkel, zugefügt, indem er sie an der Jacke erfasste, an den Haaren riss und ihr einen heftigen Stoß versetzte, sodass sie gegen eine Mauer stürzte;

2./ am 29. Dezember 2012 in K***** Aladdine Ga***** mit Gewalt zur Herausgabe eines Geldbetrags von 40 Euro, die Ga***** dem Angeklagten seiner Meinung nach schuldete, zu nötigen versucht, indem er ihm einen Kopfstoß sowie mehrere Faustschläge versetzte, wodurch dieser Prellungen des Kopfes und der Nase erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Die sich gegen das Unterbleiben der rechtlichen Unterstellung der zu 2./ genannten Tat auch unter § 83 Abs 1 StGB sowie die Annahme der Strafzumessungstatsache des Versuchs aus § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist im Recht.

Nach den wesentlichen Urteilsannahmen geriet der Angeklagte, der Aladdine Ga***** körperlich überlegen war, in Rage und begann mit den Fäusten auf diesen einzuschlagen. Dem Angeklagten kam es dabei darauf an, Aladdine Ga***** durch die Anwendung von Gewalt zur Herausgabe des ihm vermeintlich zustehenden Geldbetrags von 40 Euro zu bewegen. Er hielt es auch ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass Aladdine Ga***** durch diese Schläge am Körper verletzt werden könnte (US 5). Nachdem es Aladdine Ga***** gelungen war, sich aufzurappeln und zu flüchten, setzte ihm der Angeklagte nach und versetzte ihm noch einen Kopfstoß. Durch die Schläge und den Stoß erlitt dieser eine Prellung des Kopfes, der Nase und Hautabschürfungen im Bereich des Nackens (US 6). Dass dabei Verletzungen entstehen können, wusste der Angeklagte, aber unter den Umständen nahm er es billigend in Kauf (US 11 f).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) macht insoweit zutreffend geltend, dass das Erstgericht, das die Subsumtion auch unter § 83 Abs 1 StGB lediglich unter Hinweis auf eine Kommentarstelle unterließ (US 14), die für eine Entscheidung in der Sache erforderlichen Feststellungen getroffen hat. In rechtlicher Hinsicht weist die Beschwerde darauf hin, dass - wenn der Täter dem Opfer durch die zur Durchsetzung einer Nötigung angewendete Gewalt vorsätzlich eine leichte Verletzung am Körper zufügt - nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0115230; EvBl 1987/141; SSt 46/79; vgl hiezu Burgstaller/Fabrizy in WK2 § 83 Rz 46; Seiler, SbgK § 105 Rz 79; Kienapfel/Schroll BT I5 § 105 Rz 88 und die dort angeführten Judikaturzitate; aM: Schwaighofer in WK² § 105 Rz 100; Bertel/Schwaighofer BT I12 § 105 Rz 32) echte Idealkonkurrenz mit dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB vorliegt. Die Zufügung einer leichten Verletzung wird nur bei den Delikten, bei denen der Eintritt schwerer Verletzungsfolgen zur Ausmessung der Strafe nach einem höheren Strafsatz führt, was bei der Nötigung nicht der Fall ist, durch Konsumtion verdrängt (Ratz in WK² Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 61 f).

Somit war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Unterbleiben der rechtlichen Unterstellung der zu 2./ genannten Tat auch unter § 83 Abs 1 StGB, demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und dahin zu erkennen, dass Aboule D***** durch die zu 2./ genannte Tat auch das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB begangen hat.

Eines Eingehens auf die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) bedarf es daher nicht.

Bei der Strafzumessung waren als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, demgegenüber der ordentliche Lebenswandel und die Rückgabe des abgenötigten Geldbetrags als mildernd zu werten, sodass eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten dem Unrechtsgehalt der Taten und der Schuld des Angeklagten entspricht.

In Anbetracht der Unbescholtenheit des Angeklagten war davon auszugehen, dass die bloße Androhung der Vollziehung ausreicht, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Weil dem auch generalpräventive Erwägungen nicht entgegenstehen, war der Vollzug dieser Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung hierauf zu verweisen.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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