Spruch:
Avdi T***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Avdi T***** wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes in Split vom 27. November 1979 (Aktennummer K-15/79) wegen des Verbrechens des Mordes schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Seiner Berufung gab der Oberste Gerichtshof der Republik Kroatien mit Erkenntnis vom 9. Oktober 1980, Aktennummer I Kz-470/80, Folge und setzte die Freiheitsstrafe auf 11 Jahre herab. Noch vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes floh der Verurteilte in der Nacht vom 28. auf 29. Dezember 1979 aus dem Gefängnis. Das Bezirksgericht in Split erließ am 2. Juni 1980 einen internationalen Steckbrief, die internationale Fahndung wurde am 15. September 1981 eingeleitet.
Aufgrund dieses Haftbefehles wurde Avdi T***** am 15. Juni 2003 in Österreich festgenommen und über ihn - einem Antrag der Staatsanwaltschaft folgend - vom Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Linz die Auslieferungshaft verhängt. Im gleichzeitig eingeleiteten Auslieferungsverfahren begehrt die Republik Kroatien die Auslieferung des Avdi T***** zur Strafvollstreckung.
Mit Beschluss vom 20. August 2003, AZ 8 Bs 201/03, gab das Oberlandesgericht Linz einer Beschwerde des Avdi T***** gegen die vom Untersuchungsrichter verfügte Fortsetzung der Auslieferungshaft nicht Folge und setzte diese aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 29 ARHG iVm § 180 Abs 1 und 2 Z 1 StPO bis längstens 20. Oktober 2003 fort.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Grundrechtsbeschwerde des Verurteilten ist zulässig aber nicht im Recht.
Zwar gelangt das Grundrechtsbeschwerdegesetz (§ 1 Abs 2) nicht für die Verhängung oder den Vollzug von Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen zur Anwendung, jedoch handelt es sich bei der Auslieferungshaft zur Sicherung des Strafvollzuges um eine der Untersuchungshaft nachgebildete Beschränkung der persönlichen Freiheit, weil gemäß § 29 Abs 1 AHRG auf die Auslieferungshaft die Bestimmungen über die Untersuchungshaft sinngemäß anzuwenden sind. Daraus folgt, dass neben den Voraussetzungen für die Auslieferung insbesondere auch die Haftgründe und die Verhältnismäßigkeit der Haft zu beurteilen sind. Die Überprüfung der im Rahmen dieser Haft allenfalls begangenen Grundrechtsverletzungen liegt somit in der Kompetenz des Obersten Gerichtshofs.
Inhaltlich macht die Grundrechtsbeschwerde geltend, es sei Vollstreckungsverjährung eingetreten. Die (relative) Verjährungsfrist betrage 15 Jahre. Diese Frist werde nur durch eine Handlung oder Tätigkeit der zuständigen Behörde unterbrochen und beginne dann neu zu laufen. Seit Einleitung der internationalen Fahndung am 15. September 1981 sei die Behörde nicht mehr tätig geworden, die Verjährungsfrist daher am 14. September 1996 abgelaufen.
Dem ist entgegen zu halten, dass nach der Z 3 des Art 23 des kroatischen Strafgesetzes die Verjährungsfrist durch jede Handlung der zuständigen Behörde für den Strafvollzug oder die Anwendung der Schutzmaßnahme unterbrochen wird. Nach der allgemeinen Interpretationsregeln folgender Auslegung (vgl die vom Verteidiger vorgelegten Unterlagen S 471) dauert die Unterbrechung an bis die Behörde ihre Handlung widerruft oder ihr Zweck erreicht ist. Vorliegend wurde die Verjährungsfrist mit Erlassung des Haftbefehles und der Einleitung der internationalen Fahndung durch das Bezirksgericht Split am 2. Juni bzw 15. September 1981 unterbrochen. Beide Maßnahmen wurden nicht widerrufen, die Unterbrechung dauerte daher bis zur Festnahme des Gesuchten an. Erst an diesem Tag fand die Unterbrechung ihr Ende und beginnt damit der Ablauf der Verjährungsfrist neu (Art 23 Z 4 kroatisches Strafgesetz). Die absolute Verjährung wird erst am 9. Oktober 2010 eintreten (vgl Schreiben des Präsidenten des Landgerichtes in Split vom 26. Juni 2003 - S 371).
Da somit - wie der Gerichtshof zweiter Instanz zutreffend erkannt hat - Vollstreckungsverjährung nicht eingetreten ist, wurde Avdi T***** in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenausspruch abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)