Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Emin V***** der Verbrechen der teils vollendeten, teils versuchten schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und 2, 15 StGB (II.) und des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 148 erster Fall StGB (III.) sowie der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB (I.) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (IV.) schuldig erkannt. Danach hat er, soweit für das Rechtsmittelverfahren von Relevanz, (I.) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Mitte Februar 2007 in Wien sich ein ihm anvertrautes Gut, nämlich einen Geldbetrag von 440 Euro, der ihm von Christian Z***** zur Bezahlung der Miete eines Zimmers bei der Pension W***** anvertraut worden war, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern; (II.) in Schladming in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung einer Erpressung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, längere Zeit hindurch gegen dieselbe Person fortgesetzt Christian A***** durch gefährliche Drohungen mit zumindest einer Verletzung am Körper zu Handlungen teils genötigt, teils zu nötigen versucht, die diesen am Vermögen teils schädigten, teils schädigen sollten, wobei er mit dem Vorsatz handelte, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:
1. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jänner 2007 durch die Ankündigung, es werde ihm etwas passieren, wenn er ihm das geforderte Geld nicht innerhalb eines Monates bezahle, zur Ausfolgung eines Bargeldbetrages von 450 Euro;
2. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen Jänner 2007 und 19. Februar 2007 in fünf weiteren Angriffen durch die Ankündigung, dass er ihn schlagen werde und seinen Eltern etwas passieren werde, wenn er ihm das geforderte Geld nicht schnellstmöglich bezahle, zur Ausfolgung weiterer Bargeldbeträge von insgesamt zumindest 450 Euro und
3. in der Nacht zum 24. März 2007 durch die Ankündigung, dass ihm etwas passiere, wenn er ihm das geforderte Geld nicht innerhalb von zwei Tagen bezahle, zur Ausfolgung eines Bargeldbetrages von 380 Euro, wobei es beim Versuch blieb;
(III.) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eines Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese in einem insgesamt 3.000 Euro nicht übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar:
1. am 26. Jänner 2007 in Schladming Verfügungsberechtigte des Lokales L***** durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit sowie über die Scheckkarte des Senad V***** verfügungsberechtigt zu sein, zur Ausfolgung von Getränken im Wert von 260,40 Euro und
2. am 27. Jänner 2007 in Schladming Verfügungsberechtigte des Lokales L***** durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit sowie über die Scheckkarte des Senad V***** verfügungsberechtigt zu sein, zur Ausfolgung von Getränken im Wert von 141,50 Euro,
wobei die H***** einen Schaden im Gesamtbetrag von 401,90 Euro erlitt, und
3. am 17. Februar 2007 in Wien Franz T***** durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, insbesondere in der Lage und Willens zu sein, ihm den Kaufpreis von 1.200 Euro in sechs monatlichen Raten à 200 Euro zu bezahlen, zum Verkauf und zur Ausfolgung eines PKW der Marke Audi 80 Coupe.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die, ihr Vorbringen den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen nicht zuordnende, auf Z 4, 5, 5a, 9 lit a und lit b sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie geht fehl.
Den Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, „dass beim Angeklagten einerseits kein Unrechtsbewusstsein und andererseits auch eine Unzurechnungsfähigkeit zu den Tatzeitpunkten vorgelegen hat, was sich insbesondere aus dem Faktum manifestiert", dass der Angeklagte kurz nach Haftentlassung wieder einschlägig straffällig geworden ist. Darüber hinaus wird auch auf die Angaben des Vaters des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung verwiesen, „dass für den Angeklagten eigentlich kein Grund bestehe, strafbare Handlungen zu begehen" (S 443), hat das Erstgericht ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, dass das durchgeführte Beweisverfahren keinen Anhaltspunkt dafür erbracht habe, beim Angeklagten könne Zurechnungsunfähigkeit vorliegen. Auch die vom Verteidiger angestellten spekulativen Erwägungen lassen keinen Rückschluss darauf zu, dass der Angeklagte zu den jeweiligen Deliktszeitpunkten wegen einer Geisteskrankheit, wegen Schwachsinns, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig gewesen sei, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (§ 11 StGB), oder einem Verbotsirrtum (§ 9 StGB) unterlegen sein könnte. Das Begehren stellt sich daher im Ergebnis als unzulässige Erkundungsbeweisführung dar. Das in der Rechtsmittelschrift nachgetragene Vorbringen ist prozessual unbeachtlich, weil bei Prüfung der Berechtigung eines Beweisantrages stets von der Verfahrenslage im Antragszeitpunkt und den dabei vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325). Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das Erstgericht die angenommene fehlende Normtreue des Angeklagten zwar missverständlich, jedoch im Sinngehalt aus dem Kontext gelesen eindeutig als dessen somit „sicherlich nicht vorhandenes Unrechtsbewusstsein" beschrieben hat (US 22 f), ohne dass darin ein vom Nichtigkeitswerber im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 4) behaupteter Widerspruch zur angenommenen Zurechnungsfähigkeit bestünde. Indem der Beschwerdeführer zu (I.) aus der mangelnden Verständigung seines Dienstgebers von dem von ihm behaupteten Diebstahl der ihm anvertrauten Geldsumme unter Hinweis auf die vom Zeugen Z***** bezeugte - hingegen keinen erheblichen Umstand betreffende - ansonsten ordnungsgemäße Arbeitsleistung mit eigenen Beweiswerterwägungen zu anderen - für ihn günstigeren - Schlussfolgerungen gelangt als die Tatrichter, kritisiert er bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung deren Beweiswürdigung.
Mit der lapidaren Behauptung, die Feststellungen ließen, ebenso wie zu Schuldspruchpunkt II., eine Subsumtion unter den jeweils herangezogenen Tatbestand (der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB und der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und 2 StGB) nicht zu, legt die Beschwerde (Z 9 lit a) nicht dar, aus welchem Grund die vom Erstgericht getroffenen Konstatierungen (US 9 ff, 14 f) unzureichend wären und welche weiteren darüber hinaus hätten getroffen werden müssen. Mangels Vergleichs der gesamten Urteilsannahmen mit dem darauf angewendeten materiellen Recht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581) verfehlt sie derart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Mangelnde Feststellungen zu einem dezidierten Verbot der Bezahlung mit der ihm von seinem Vater übergebenen Kontokarte und zum Wissen des Angeklagten von der Ausschöpfung des Kontorahmens behauptend orientiert sich der Beschwerdeführer nicht an der Gesamtheit der getroffenen Urteilsannahmen, wonach ihm nicht erlaubt war, mit dieser Karte Zahlungen zu tätigen, er gerade auch über diese mangelnde Berechtigung täuschte (US 13) und dadurch bedingt vorsätzlich die H***** an ihrem Vermögen schädigte (US 14), und legt solcherart nicht dar, weshalb es angesichts dessen der vermissten Konstatierungen bedurft hätte.
Zu Schuldspruchpunkt III. zieht der Beschwerdeführer aus seiner finanziellen Situation wiederum andere Schlussfolgerungen als das Erstgericht und bewegt sich damit auch hier im Bereich einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unstatthaften Schuldberufung. Die vermissten Feststellungen zu Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz infolge mangelnder Zahlungsfähigkeit wurden - der Rüge zuwider - von den Tatrichtern sehr wohl getroffen (US 14, 24).
Nicht aus dem Gesetz abgeleitet ist schließlich die bloße Behauptung (der Sache nach Z 11 zweiter Fall; 12 Os 119/06a, verstärkter Senat), der spätere Verkauf des Fahrzeuges durch Franz T***** an die Schwester des Angeklagten (III./3./) würde lediglich versuchte Tatbegehung begründen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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