Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das ansonsten unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen des Angeklagten Walter Richard P***** wegen der Vergehen nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG (Punkt 2/a des Urteilssatzes) und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB (Punkt 2/c des Urteilssatzes) sowie demgemäß auch in dem den genannten Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) und in dem gemäß § 369 Abs. 1 StPO ergangenen Adhäsionserkenntnis aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird
1. gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Walter Richard P***** wird (auch) von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe im Jahre 1987 in Wels und anderen Orten in mehreren Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich dadurch, daß er sich als rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehensnehmer ausgab, den Ewald W***** zur Ausfolgung eines Betrages von 220.000 S verleitet, die den Genannten an seinem Vermögen um diesen Betrag schädigte, und er habe hiedurch das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Gemäß § 366 Abs. 1 StPO wird der Privatbeteiligte Ewald Peter W***** mit seinen privatrechtlichen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
2. im übrigen die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
II. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Walter Richard P***** auf obige Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch andere Entscheidungen enthält, wurde Walter Richard P***** der Vergehen nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG (2/a), der Zuhälterei nach § 216 Abs. 1 und 2 StGB (2/b) und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB (2/c) schuldig erkannt.
Darnach hat er
(zu 2/a) vor dem Frühjahr 1988 in Wels eine Faustfeuerwaffe unbefugt besessen,
(zu 2/b) in der Zeit von Frühjahr 1987 bis Frühjahr 1988 in Wels mit dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht anderer Personen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Christine K*****, Doris L***** und Edeltraud K*****, sohin mehrere Personen zeitgleich ausgebeutet und
(zu 2/c) am 15.Mai 1987 in Wels mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Ewald Peter W***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die Rückzahlungsfähigkeit bzw. Rückzahlungswilligkeit, zu einer Duldung, nämlich "zur Weitergewährung eines bereits übergebenen Geldbetrages in der Höhe von 220.000 S als Darlehen, der vorher zwecks Beteiligung an der P*****-Bar übergeben wurde, in der Folge der Rechtsgrund für diese Beteiligung weggefallen war und daher das Geld am 15.Mai 1987 zurückzuzahlen gewesen wäre", verleitet, die Ewald Peter W***** an seinem Vermögen im Betrag von 220.000 S schädigte.
Gemäß § 369 Abs. 1 StPO wurde Walter Richard P***** schuldig erkannt, an den Privatbeteiligten Ewald Peter W***** einen Betrag von 185.000 S zu bezahlen.
Unter einem wurde Walter Richard P***** (unter anderem) vom Anklagevorwurf
er habe im Frühjahr 1988 in Wels eine Faustfeuerwaffe unbefugt geführt und hiedurch das Vergehen nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG begangen (M) sowie
im Jahre 1987 in Wels in mehreren Angriffen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Ewald Peter W***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die Rückzahlungsfähigkeit bzw. Rückzahlungswilligkeit zu einer Handlung, nämlich zur Gewährung eines 220.000 S übersteigenden Darlehens verleitet, die diesen am Vermögen schädigte, er habe hiedurch das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB begangen (N),
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Diese Freisprüche sind in Rechtskraft erwachsen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil nur in den Schuldsprüchen wegen § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG und §§ 146, 147 Abs. 2 StGB mit Nichtigkeitsbeschwerde, die hinsichtlich beider Fakten auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a, in bezug auf das Faktum 2/a auch auf Z 9 lit. b, hinsichtlich des Faktums 2/c auch auf Z 9 lit. a gestützt wird; der Schuldspruch wegen Zuhälterei blieb unangefochten.
Zum Faktum 2/a:
Zutreffend macht der Beschwerdeführer Feststellungsmängel gemäß § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO geltend, weil dem Ersturteil nicht zu entnehmen ist, ob das ihm angelastete Vergehen nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG verjährt ist.
Das Schöffengericht hat nämlich im Urteilstenor festgestellt, daß P***** "vor dem Frühjahr 1988" in Wels unbefugt eine Faustfeuerwaffe (Pistole oder Revolver) besessen hat. Diese Feststellung gründete es ersichtlich auf die Aussage des Wolfgang E***** vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 16.Februar 1989, in der der Genannte bekundete: "Zu Walter P***** kann ich nur angeben, daß er mir einmal im Büro im Club L***** in Wels 2 Waffen zeigte. Es handelte sich dabei um eine kleine Pistole und um einen Revolver" (S 209/II). Ersichtlich auf Grund dieser Aussage setzte das Erstgericht den Tatzeitraum vor dem Frühjahr 1988 an, weil im Februar 1988 P***** nicht mehr den Club L***** führte (S 42/XXXIV). Da weder der Aussage des E***** (verbo: "einmal"), noch dem Ersturteil auch nur annähernd zu entnehmen ist, wann dieses strafbare Verhalten des Rechtsmittelwerbers aufgehört und somit die (allfällige) Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat (§ 57 Abs. 2 StGB), kann derzeit nicht beurteilt werden, ob nach Lage des Falles das Vergehen nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG verjährt ist oder nicht. Dieser Feststellungsmangel macht hinsichtlich dieses Schuldspruchsfaktums die Anordnung der Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, so daß ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdepunkte nicht erforderlich war. Im neu durchzuführenden Verfahren werden demnach eindeutige Feststellungen zu treffen sein, wann der Angeklagte zuletzt unbefugt eine Faustfeuerwaffe besessen hat; erst dann wird beurteilt werden können, ob diese Tat verjährt ist.
Zum Faktum 2/c:
Nach den wesentlichen Feststellungen des Schöffengerichtes bot der Beschwerdeführer im Frühjahr 1987 dem Ewald Peter W***** an, sich an der P*****-Bar, die der Beschwerdeführer "faktisch" betrieb, mit einem Geschäftsanteil von 300.000 S zu beteiligen. Vor dem 15.Mai 1987 übergab W***** dem Beschwerdeführer hierauf aus diesem Grund 220.000 S, die dieser in die P*****-Bar investierte; die restlichen 80.000 S wollte W***** binnen weiterer drei Wochen nachbringen. Einige Tage nach der Übergabe der 220.000 S wollte W***** jedoch aus persönlichen Gründen aus diesem Geschäft aussteigen, weshalb der von ihm übergebene Betrag zurückzuzahlen gewesen wäre. Am 15.Mai 1987 vereinbarten P***** und W*****, daß der Betrag von 220.000 S dem Erstgenannten für die Dauer von 30 Tagen als Darlehen (ohne wirkliche Zuzählung der Valuta) weitergewährt und bis zum 15.Juni 1987 zurückzuzahlen sein werde. Nach den weiteren Urteilskonstatierungen war der Angeklagte wegen bestehender Schulden nicht in der Lage und auch nicht willens, das Geld unverzüglich zurückzuzahlen. Daher hielt er es ernstlich für möglich und fand sich damit ab, W***** über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zu täuschen, ihn darüber in Irrtum zu führen und zum Abschluß des "Darlehensvertrages" zu verleiten. Dabei hielt er es auch ernstlich für möglich und fand sich damit ab, daß er nach Ablauf der im Vertrag angeführten Monatsfrist die Darlehensvaluta nicht zurückzahlen kann, wodurch W***** um den Betrag von 220.000 s geschädigt wurde.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Schöffengericht (ohne weitere rechtliche Ausführungen - vgl. S 164/XXXIV) als Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB.
Mit Recht führt die Beschwerde unter Relevierung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO dagegen ins Treffen, daß mangels täuschungsbedingten Schadens der Betrugstatbestand nicht erfüllt sei.
Geht man davon aus, daß das Schöffengericht mit dem gegenständlichen Schuldspruch (und dem Freispruch im Faktum N) die in der Hauptverhandlung am 12.September 1990 ausgedehnte Anklage: "Walter P***** hat im Jahre 1987 in Wels und anderen Orten in mehreren Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nämlich dadurch, daß er sich als rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehensnehmer ausgab, den Ewald W***** zur Ausfolgung eines Betrages von insgesamt ca. 600.000 S verleitet, die den Genannten an seinem Vermögen um diesen Betrag schädigte; er habe hiedurch das Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB begangen und sei hiefür unter Anwendung des § 28 StGB zu bestrafen." (S 369/XXXIII) - vom öffentlichen Ankläger unbekämpft - erledigt hat, so lag nach den Urteilsfeststellungen die Täuschungshandlung des Beschwerdeführers darin, daß er W***** anläßlich des Vertragsabschlusses am 15.Mai 1987 über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit in Irrtum führte. Die dadurch bedingte Vermögensverfügung des Getäuschten bestand darin, daß dieser einwilligte, den von ihm dem Beschwerdeführer schon vorher als Beteiligung an der P*****-Bar übergebenen Geldbetrag von 220.000 S nunmehr als Darlehen, rückzahlbar bis zum 15.Juni 1987, weiter zu gewähren. Solcherart sollte demnach der in Rede stehende Geldbetrag, den der Beschwerdeführer von W***** bereits zuvor als dessen Geschäftsanteil empfangen hatte, dem Beschwerdeführer nunmehr aus einem anderen Rechtsgrund, nämlich dem eines Darlehens, belassen werden.
Die täuschungsbedingte Vermögensschädigung des W***** erblickte das Erstgericht darin, daß der Beschwerdeführer diesen Geldbetrag bis zum 15.Juni 1987 nicht bezahlt hat (S 32/XXXIV). Diese Ansicht erweist sich als verfehlt.
Ein Vermögensschaden in der Bedeutung des § 146 StGB ist eingetreten, wenn die gesamte Vermögenslage des Opfers nach der Tat ungünstiger ist als vorher, wobei es auf den effektiven Verlust an Vermögenssubstanz ankommt (Leukauf-Steininger, Komm.2, § 146 RN 33 mwN). Voraussetzung für die Erfüllung des Betrugstatbestands ist jedoch, daß dieser Vermögensschaden durch eben jene Vermögensverfügung, zu welcher der Getäuschte verleitet wird, bewirkt, der Schaden somit unmittelbar durch diese verursacht wurde (Leukauf-Steininger aaO RN 32). Nach den Urteilsfeststellungen hatte W***** schon vor dem 15.Mai 1987 die 220.000 S dem Angeklagten übergeben, so daß schon ab dem Zeitpunkt der Übergabe des Geldes das Vermögen des W***** um diesen Betrag verringert war. Ob der Angeklagte nach dem Rücktritt des W***** von der Beteiligung tatsächlich zur sofortigen Rückzahlung des Geschäftsanteils verpflichtet war (wovon das Erstgericht ersichtlich ausgeht), kann nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht abschließend beurteilt werden. Durch den Abschluß des Vertrages vom 15.Mai 1987, mit dem das ursprünglich als Beteiligung an der P*****-Bar dem Beschwerdeführer bereits übergebene und von diesem widmungsgemäß investierte Geld nunmehr als Darlehen weitergeschuldet werden sollte, konnte jedenfalls das Vermögen des W***** nicht (abermals) um diesen Betrag verringert werden. Daß der Beschwerdeführer die Beteiligung des W***** erschlichen hätte, war weder Gegenstand der Anklage noch geht das Urteil davon aus. Durch den Abschluß des Vertrages vom 15.Mai 1987 konnte somit - auch wenn man ihn der Sache nach als erschlichene Stundung der Rückzahlung des seinerzeitigen Geschäftsanteils wertet - höchstens ein Verzögerungsschaden eingetreten sein. Feststellungen in dieser Richtung hat das Schöffengericht nicht getroffen; sie könnten nach der Aktenlage auch nicht getroffen werden, weil es darnach an jeglichen Anhaltspunkten hiefür fehlt.
Mangels eines effektiven Verlustes an Vermögenssubstanz bei W***** durch die am 15.Mai 1987 von ihm mit dem Angeklagten getroffene Vereinbarung ist demnach der Tatbestand des Vergehens des (schweren) Betruges schon in objektiver Hinsicht nicht gegeben, so daß - ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Einwände in der Nichtigkeitsbeschwerde bedurfte - Walter Richard P***** von diesem Punkt der Anklage sogleich freizusprechen war.
Dies hat wiederum die Aufhebung des gemäß § 369 Abs. 1 StPO gefällten Adhäsionserkenntnisses und die Verweisung des Privatbeteiligten W***** auch mit diesem Betrag auf den Zivilrechtsweg zur Folge (§ 366 Abs. 1 StPO). Darauf war der Angeklagte mit seiner Berufung wegen der privatrechtlichen Ansprüche zu verweisen.
Mit seiner Berufung gegen den Strafausspruch hinwieder war der Angeklagte auf die Kassierung auch des Strafausspruches zu verweisen.
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