European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00121.21I.1020.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** Ö***** mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./) und mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er im Zeitraum von Februar bis Ende März 2021 in D*****
I./ mit einer unmündigen Person eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er
1./ der am ***** 2008 geborenen S***** F***** in drei Angriffen einen Finger in die Vagina einführte;
2./ am 30. März 2021 der am ***** 2008 geborenen L***** F***** einen Finger anal einführte;
II./ außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, indem er
1./ S***** F***** in mehreren Angriffen sowohl über als auch unter der Kleidung gezielt an ihren Brüsten sowie im Genitalbereich berührte;
2./ L***** F***** in zumindest zwei (US 4 f – jedenfalls unabhängig von demzu I./2./ beschriebenen Vorfall erfolgten) Angriffen sowohl über als auch unter ihrer Kleidung gezielt an den Brüsten berührte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 „Z 9 StGB“ gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Die auf einen Freispruch zu II./1./ abzielende Rüge bringt vor, dass die dort beschriebenen Handlungen nach Ansicht des Beschwerdeführers bereits durch den Schuldspruch zu I./1./ mitabgegolten seien.
[5] Sie unterlässt jedoch den Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts mit dem gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt (RIS‑Justiz RS0099810). Danach berührte der Angeklagte S***** F***** im Tatzeitraum mehrfach bei sich an verschiedenen Tagen bietenden Gelegenheiten gezielt über und unter der Kleidung an den Brüsten und im Genitalbereich und führte „zudem“ bei zumindest drei solchen Übergriffen auch einen Finger in die Vagina des Mädchens ein. Im Gesamtkontext wurde (hinreichend) deutlich zum Ausdruck gebracht, dass insgesamt nicht bloß die zu I./1./ angeführten drei (iSd § 206 Abs 1 StGB qualifizierten) Missbrauchskomplexe stattfanden, sondern darüber hinaus – in einerunbestimmten Anzahl – auch an weiteren Tagen gezielte Berührungen (nur) an den Brüsten und im Genitalbereich (US 4 iVm US 13 f, 15 f, 24 f).
[6] Weshalb selbständige, auf gesonderten Willensentschlüssen des Täters beruhende geschlechtliche Handlungen, die zeitlich und vom Handlungsablauf her nicht in Vorbereitung eines tatsächlich erfolgten oder versuchten Beischlafs oder einer diesem gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung vorgenommen werden oder unmittelbar daran anschließen, von einem Schuldspruch nach § 206 Abs 1 StGB mitabgegolten sein sollen, erklärt die Beschwerde nicht. Ebensowenig legt sie dar, weshalb sich durch den allfälligen Wegfall von (bloß) drei Fällen gleichartiger Missbrauchshandlungen (die ein einheitliches Tatgeschehen im Zusammenhang mit bereits von I./1./ erfassten schweren Missbrauchshandlungen betreffen könnten; vgl RIS‑Justiz RS0115464, RS0090814, RS0090888) die Subsumtion der zu II./1./ dargestellten gleichartigen Verbrechensmenge ändern sollte (vgl RIS‑Justiz RS0117436, RS0116736).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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