OGH 15Os120/09z

OGH15Os120/09z14.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Oktober 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Dr. Walcher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Daniela K***** wegen des Verbrechens des Totschlags nach § 76 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 27. November 2008, GZ 13 Hv 148/07v-67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniela K***** im zweiten Rechtsgang des Verbrechens des Totschlags nach § 76 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie am 18. Mai 2007 in Kapfenberg in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütbewegung, nämlich in einem massiven Angstzustand nach vorangegangenen Tätlichkeiten und Bedrohungen durch Karim T*****, sich dazu hinreißen lassen, diesen durch das Versetzen mehrerer wuchtiger Stiche mit einem Küchenmesser gegen seinen Körper zu töten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; sie schlägt fehl. Die Mängelrüge (Z 5) macht mit der Forderung, das Schöffengericht hätte den Angaben der Angeklagten vor dem Journalrichter, nicht aber jenen gegenüber dem Polizeibeamten K***** Glauben schenken sollen, keinen Begründungsmangel geltend, sondern kritisiert in unzulässiger Form die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Feststellungen über das Nichtvorliegen der irrtümlichen Annahme einer Notwehrsituation (US 9) blieben nicht unbegründet (s US 14 ff). Das von den Tatrichtern dabei herangezogene Argument, die Angeklagte habe eine unmittelbar drohende Gefahr für ihre Kinder schon deshalb nicht (irrtümlich) annehmen können, weil diese nicht in der Wohnung waren, widerspricht weder den Kriterien logischen Denkens noch grundlegenden Erfahrungen.

Die Feststellungen, dass sich die Angeklagte einerseits zum Zeitpunkt des Ansichreißens des Messers in Todesangst (US 7) und in der Folge während der späteren tödlichen Messerstiche noch immer in einem „massiven, panikartigen Angstzustand", verbunden mit „katastrophierenden Phantasien" (US 10) befand, andererseits bei den Tötungshandlungen keinen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Angriff des Karim T***** auf ihr Leben fürchtete, vielmehr aus Wut und der Furcht handelte, dass dieser andernfalls in Hinkunft ihr oder ihren Kindern etwas antun werde (US 9), stehen zueinander nicht in Widerspruch.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) orientiert sich zur Gänze nicht an den erstinstanzlichen Feststellungen, indem sie unter eigenständigen Beweiswerterwägungen die Urteilskonstatierungen zur behaupteten Notwehrsituation und den diesbezüglichen Annahmen der Angeklagten (US 8 ff) bestreitet.

Indem die Beschwerde (zum Teil auch aus Z 5, der Sache nach aber nur Z 9 lit b) Feststellungen über einen Rechtsirrtum der Angeklagten vermisst, versäumt sie es, auf konkrete Verfahrensergebnisse hinzuweisen, denen zufolge solche ihrer Ansicht nach indiziert wären (vgl RIS-Justiz RS0119884 [T1]). Im Übrigen hat sich nicht einmal die Angeklagte selbst in ihrer Verantwortung darauf berufen, geglaubt zu haben, sie sei berechtigt, auch im Fall eines nicht unmittelbar, sondern erst in weiterer Zukunft drohenden Angriffs, den Angreifer zu töten.

Schließlich vernachlässigt die Beschwerde mit ihrer Berufung auf den Entschuldigungsgrund nach § 10 StGB wiederum die Feststellungen, denen zufolge im Tatzeitpunkt kein unmittelbar drohender Nachteil (mehr) gegeben war (US 8 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der Äußerung des Verteidigers - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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