European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00011.23S.0419.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * I* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (I./1.) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (I./2.), der Unterdrückung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (I./3.), des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG (II./1.) und nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (II./2.), des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (III./1.) sowie der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (III./2.) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – am 4. August 2022 in G* in einer Kabine der WC‑Anlagen des G* Hauptplatzes * Il* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt, indem er diesem während des Bezahlvorgangs im Zusammenhang mit einem Suchtmittelgeschäft ein schwarzes, klappbares Jausenmesser mit einer Klingenlänge von ca 20 cm vorhielt und ihn mit den Worten „Gib her dein ganzes Geld, sonst steche ich zu!“ zur Herausgabe seines gesamten Bargeldes von 1.100 Euro samt der Geldtasche im Wert von 20 Euro und darin befindlichen weiteren Ausweisen sowie seiner Bankomatkarte zwang.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Entgegen der Kritik der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung der eingangs der Hauptverhandlung am 25. November 2022 gestellten Anträge (ON 41 S 2 f) auf Vernehmung der in der Justizanstalt Graz‑Jakomini inhaftierten * F* und * R* Verteidigungsrechte nicht geschmälert.
[5] Die Ladung und Vernehmung des Zeugen F* zum Beweis dafür, dass Il* entgegen seiner eigenen Angaben unmittelbar vor der behaupteten Tatausführung gar nicht über mehr als 1.000 Euro verfügte, konnte schon deshalb unterbleiben, weil die Frage, über wie viel Bargeld das Tatopfer zur Tatzeit tatsächlich verfügte, keine subsumtionsrelevante Tatsache betraf (vgl RIS‑Justiz RS0117264).
[6] Auch der Antrag auf Ladung und zeugenschaftliche Vernehmung des R* zum Beweis dafür, dass Il* ihm gegenüber angegeben habe, den Vorfall vom 4. August 2022 frei erfunden zu haben, durfte sanktionslos abgewiesen werden.
[7] Eine Beweisführung zur Beweiskraft von schulderheblichen Beweismitteln, etwa zur Glaubwürdigkeit von Zeugen, ist grundsätzlich zwar zulässig (RIS‑Justiz RS0028345). Solange aber eine aus dem Blickwinkel der Glaubwürdigkeit zu beurteilende Zeugenaussage in der Hauptverhandlung noch gar nicht vorgekommen ist, geht ein derartiger Antrag ins Leere, weil er zum – für die Beurteilung der Berechtigung eines Antrags aus Z 4 alleine relevanten (vgl RIS‑Justiz RS0099618; RS0116749; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 318, 325; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.103) – Zeitpunkt der Antragstellung noch keinen Bezug zu einem schulderheblichen Beweismittel herzustellen vermag.
[8] Da zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Antragstellung gleich zu Beginn der Hauptverhandlung (vgl ON 41 S 2 f) noch gar keine in diese Richtung zu überprüfende Aussage des Il* vorlag (ON 41 S 7 ff), mangelte es der vorliegenden Antragsstellung an einem geeigneten Bezugspunkt. Gerade in Hinblick auf die Aussage des Il*, dass er R* (und F*) nicht kenne (ON 41 S 13), hätte es insoweit eines ergänzenden Antragsvorbringens bedurft, weshalb die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (vgl dazu Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 325; vgl auch RIS-Justiz RS0107398).
[9] Das in der Rechtsmittelschrift zur Fundierung der Anträge nachträglich erstattete Vorbringen unterliegt dem sich aus dem Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbot und ist insoweit unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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