Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlaß wird gemäß § 290 Abs 1 StPO der Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 14 Abs 2 SGG (A des Urteilsspruches) und demzufolge der Strafausspruch (ausgenommen der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Avdil Bari A***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe im August 1996 in Bratislava sich mit den gesondert verfolgten Samedin M*****, Zlatko No***** und Ismailaki J***** mit dem Vorsatz verbunden, daß von einem oder mehreren Mitgliedern fortgesetzte im § 12 SGG bezeichnete strafbare Handlungen, nämlich der Verkauf von Heroin in großen Mengen in Österreich, ausgeführt werden, und habe hiedurch das Verbrechen nach § 14 Abs 2 SGG begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für die verbleibenden Verbrechen nach § 12 StGB, § 12 SGG Abs 1, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 2 erster und zweiter Fall, Abs 3 Z 3 SGG und nach § 12 StGB, § 14 Abs 1 SGG wird Avdil Bari A***** nach § 12 Abs 3 SGG unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Mit seiner Berufung wird er auf die Strafneubemessung verwiesen.
Gemäß § 38 Abs 1 StGB wird - in Ergänzung des erstgerichtlichen Ausspruches über die Vorhaftanrechnung - auch die Auslieferungshaft vom 12.September 1996, 8 Uhr, bis 4.Dezember 1996, 10 Uhr, auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Avdil Bari A***** der Verbrechen nach § 14 Abs 2 SGG (A), § 14 Abs 1 SGG als Bestimmungstäter nach § 12 (zweiter Fall) StGB (C) und § 12 Abs 1, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 2 erster und zweiter Fall, Abs 2 Z 3 SGG (als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB) (B) schuldig erkannt.
Danach hat er
(zu A) im August 1996 in Bratislava mit den gesondert verfolgten Samedin M*****, Zlatko No***** und Ismailaki J***** sich mit dem Vorsatz verbunden, daß von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Bande fortgesetzte, im § 12 SGG bezeichnete strafbare Handlungen, nämlich der Verkauf von Heroin in großen Mengen in Österreich, ausgeführt werde;
(zu B) Anfang August 1996 dadurch, daß er über unbekannte Mittäter 1 kg Heroin mit einer Reinsubstanz von 334 Gramm Heroinbase (Unsicherheitsfaktor + - 30,7 Gramm Heroinbase) von Bratislava nach Österreich bringen ließ, um es über die gesondert verfolgten Samedin M*****, Zlatko No***** und Isamailaki J***** an einen konkreten Abnehmer zu einem Verkaufspreis von 75.000 DM zu verkaufen, den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande Suchtgift "in einer großen Menge, die das Fünfundzwanzigfache der im Abs 1 des § 12 SGG angeführten Menge ausmacht", von der Slowakei ausgeführt, nach Österreich eingeführt und in Verkehr gesetzt (richtig: wobei er die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der in Abs 1 angeführten Menge ausmacht) und
(zu C) Anfang August 1996 Samedin M*****, Zlatko No***** und Ismailaki J***** dazu bestimmt, in Linz die gemeinsame Ausführung einer im § 12 SGG bezeichneten strafbaren Handlung, nämlich den Verkauf von weiteren 1,5 kg Heroin desselben Reinheitsgehaltes wie zu Faktum B beschrieben, zum Kaufpreis von 100.000 DM zu verabreden.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die allein auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch nicht im Recht ist.
Darin behauptet er vorerst, das Erstgericht habe wichtige Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen, indem es seine Sachverhaltsfeststellungen erst mit dem Zeitpunkt Anfang August 1996 und dem Ort Bratislava begonnen und die davorliegenden Ereignisse, insbesondere den Umstand, daß Fatmir Ne***** dem verdeckten Ermittler bereits am 1.August 1996 mitgeteilt habe, daß ein gewisser "Samir" (Samedin M*****) Heroin zum Verkauf anbiete, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem die "wahren Täter" (M*****, No***** und J*****) von dem ihren Behauptungen nach vom Angeklagten vorgeschlagenen und in Auftrag gegebenen Suchtgiftgeschäften noch gar nichts gewußt hätten.
Dabei übergeht der Beschwerdeführer, daß die Zeitangaben der Genannten in ihren Vernehmungen vor der Polizei, auf die sich das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung stützte, Circa-Angaben sind, die ebenso auf Ende Juli wie auf Anfang August zutreffen können. Er übergeht des weiteren - was er noch in seinem Schriftsatz vom 3.April 1997 bekräftigend eingeräumt hatte -, daß er den Kontakt mit J***** Ende Juli 1996 wieder aufgenommen hatte und am nächsten Tag diesem und seinen beiden Begleitern in der Wohnung des Angeklagten in Bratislava Heroin übergeben wurde, das nach der Behauptung des Beschwerdeführers von J***** dort gelagert worden war (S 401/I). Daß die Fahrt nach Bratislava am Tag nach der Kontaktaufnahme erfolgte, wird im übrigen auch von Samedin M***** in seiner polizeilichen Vernehmung berichtet (S 111/I).
Angesichts der dargestellten Umstände war das Schöffengericht nicht verhalten, sich näher mit der "Vorgeschichte" zu beschäftigen.
Soweit der Beschwerdeführer in der Folge die Glaubwürdigkeit der belastenden Angaben seiner Komplizen vor der Polizei in Zweifel zu ziehen und die Beweislage zu seinen Gunsten umzudeuten versucht, begibt er sich auf das ihm im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile verwehrte Gebiet einer Schuldberufung; die Beschwerde ist insofern nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz bringt er ebenfalls im Rahmen einer Mängelrüge unzulässig eine Beweiswürdigungsmaxime ins Spiel (Mayerhofer StPO4 § 258 E 42, 48).
Das Vorbringen, die Ausführungen des Erstgerichtes, wonach die Komplizen bei ihren entlastenden Angaben in der Hauptverhandlung nicht glaubwürdig seien, weil sie unter der Befürchtung von Racheakten des Angeklagten oder seiner Helfershelfer für den Fall belastender Angaben gemacht worden seien, seien nicht begründet und hätten "keine wirklichen Anhaltspunkte" im Akt, ist unzutreffend. Dazu genügt der Verweis auf den Bericht der Justizanstalt Linz vom 18. Dezember 1996 (S 523 ff/I) sowie auf die Aussage des Ismailaki J***** vor der Untersuchungsrichterin vom 17.Dezember 1996 (S 450/I).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat sich das Schöffengericht auch mit der Glaubwürdigkeit der Angaben des Angeklagten beschäftigt und dessen Darstellung ausdrücklich durch die Angaben der Komplizen vor der Polizei als eindeutig widerlegt erachtet (US 6). Eines Eingehens auf jedes Detail der Aussage des Beschwerdeführers bedurfte es nicht.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt somit keine Berechtigung zu.
Soweit indes die Verteidigung im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof auf einen Beweisantrag verweist, ist festzuhalten, daß eine Verfahrensrüge (Z 4) nicht ausgeführt wurde, das Vorbringen daher in Ansehung der begehrten Zeugenvernehmung unbeachtlich bleiben muß.
Unbeachtlich ist auch der erst in der Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO gestellte Eventualantrag des Angeklagten, die Ausführungen der Mängelrüge als Tatsachenrüge (Z 5 a) zu behandeln.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde ging der Oberste Gerichtshof gemäß § 290 Abs 1 StPO in die Prüfung der Frage ein, ob es in Ansehung des Schuldspruches laut A des Urteilssatzes (Verbrechen nach § 14 Abs 2 SGG - Bandenbildung) nicht an der inländischen Gerichtsbarkeit mangelt und damit von Amts wegen eine vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeit wahrzunehmen sei.
Die Generalprokuratur hat hiezu wie folgt Stellung genommen:
"Nach Ansicht der Generalprokuratur eignet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Avdil Bari A***** für eine Beschlußfassung nach dem § 285 d StPO, ohne daß ein Anlaß besteht, in Ansehung des Schuldspruchs A wegen des Verbrechens nach dem § 14 Abs 2 SGG von Amts wegen der Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO wahrzunehmen:
Im Interesse der Aufrechterhaltung des durch die Rechtsordnung gewährleisteten Friedens, der Ruhe und Sicherheit im Lande werden gefährliche Vorphasen bestimmter verbrecherischer Verhaltensweisen im Vergehen der Bandenbildung nach dem § 278 Abs 1 StGB und im Verbrechen nach dem § 14 Abs 2 SGG erfaßt und selbständig vertypt (Leukauf/Steininger StGB3 § 277 RN 1 und 278 RN 1; Foregger/Litzka SGG2 § 14 Anm I und IV). In gleicher Weise wie bei der ebenfalls das strafbare Vorfeld der unmittelbaren Tathandlung selbständig erfassenden versuchten Bestimmung nach dem § 15 Abs 2 StGB (vgl Fuchs AT I2 314; Hager/Massauer in WK § 15 Rz 165) richtet sich auch beim Delikt der Bandenbildung die Beurteilung des Tatortes nach dem § 67 Abs 2 StGB (13 Os 73/94). Bei diesen selbständig vertypten Vorbereitungsdelikten, die bereits den Handlungsunwert (die Bestimmung des unmittelbaren Täters; die Verbindung zu einer Bande) ohne Rücksicht auf einen allenfalls später noch eintretenden Erfolgsunwert pönalisieren, liegt der Erfolgsort daher dort, wo der verpönte Erfolg der noch ungewissen und lediglich ihrer Art nach bestimmten Taten hätte eintreten sollen (vgl wiederum 13 Os 73/94).
Dazu stellte das Erstgericht fest, daß die Bandenbildung zwar in Bratislava, Slowakei, allerdings mit der Absicht erfolgte, daß von Mitgliedern dieser Bande (unter anderem vom Angeklagten, der mazedonischer Staatsangehöriger ist) fortgesetzte, im § 12 SGG bezeichnete strafbare Handlungen, nämlich der Verkauf von Heroin in großen Mengen in Österreich ausgeführt werden (Urteilstenor US 2 und Konstatierungen in US 3 und 5). Damit lag aber ein vom Angeklagten auch in Österreich angestrebter Erfolgsort vor, der die inländische Gerichtsbarkeit - unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 64 f StGB - begründet (§§ 62, 67 Abs 2 StGB).
Der zu A ergangene Schuldspruch nach dem § 14 Abs 2 SGG verletzt aber
auch nicht den Grundsatz der Spezialität der Auslieferung (Art 14 Abs
1 des auch im Auslieferungsverkehr mit der Slowakei anzuwendenden
Europäischen Auslieferungsübereinkommens - vgl die
Ratifikationsmitteilung BGBl Nr 373/1993 sowie den bilateralen
Zusatzvertrag, BGBl Nr 23/1996), zumal im die Auslieferung
begehrenden internationalen Haftbefehl (ON 11) der im nunmehr
angefochtenen Urteil im Schuldspruch A als Verbrechen nach dem § 14
Abs 2 SGG bewertete Sachverhalt (vgl: "... Mitglieder einer Bande
...", "... A*****, der den Schmuggel nach Österreich organisierte
...", "Hauptakteur des Suchtgiftschmuggels war bzw ist ... A*****" -
S 197, "... A***** von Bratislava aus einen florierenden Handel mit
Heroin nach Westeuropa betrieb ..." - S 199/I, "... A***** als
Auftraggeber fungierte und den Handel organisierte ...", "...
offensichtliche Einbindung des Beschuldigten in eine international agierende kriminelle Verbindung ..." - S 201/I - und "... offensichtliche Einbindung in eine international agierende kriminelle Organisation, die sich mit illegalem Drogenhandel beschäftigt ...", "... er werde versuchen, seinen Lebensunterhalt ... durch die Vornahme verbotener Suchtgiftgeschäfte zu finanzieren ..." - S 203/I), aber auch die darauf angewendete Strafnorm des § 14 SGG dargestellt wurden (S 205/I). Daß die dem Auslieferungsbegehren zugrundeliegende strafbare Handlung von der den internationalen Haftbefehl ausstellenden Untersuchungsrichterin rechtlich lediglich nach dem § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG beurteilt wurde (§ 3 Z 2 leg. cit abzustellen, allerdings unter Bedachtnahme auf § 28 StGB; vgl S 195/I), vermag die Einhaltung der Spezialität der sich am inkriminierten Sachverhalt orientierenden Auslieferung nicht in Frage zu stellen, sieht doch Art 14 Abs 3 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens ausdrücklich vor, daß der Ausgelieferte wegen einer rechtlich anders als im Auslieferungsbegehren gewürdigten strafbaren Handlung verfolgt und abgeurteilt werden darf, soweit die Tatbestandsmerkmale der rechtlich neu gewürdigten strafbaren Handlung die Auslieferung gestatten würden. Da die in Bratislava eingegangene Bandenmitgliedschaft des Angeklagten im internationalen Haftbefehl - inhaltlich, wenn auch nicht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - bereits mitberücksichtigt und von der Slowakei der Auslieferung zugrunde gelegt (ON 31) wurde, liegen bezüglich einer zusätzlichen Bestrafung des Ausgelieferten wegen der fortgesetzte Suchtgiftverbrechen intendierenden (vgl S 203/I) Bandenbildung (anders als im Fall der Entscheidung 15 Os 157/96, bei der die zusätzliche rechtliche Würdigung eines Suchtgiftverbrechens auch als Finanzvergehen und das Vorliegen der besonders geregelten Auslieferungsbedingungen bei Finanzdelikten zu beurteilen war) keine Anhaltspunkte vor, die einer Auslieferung durch die Slowakei auf der Basis dieser geänderten, auf eine Idealkonkurrenz Bedacht nehmenden rechtlichen Beurteilung entgegenstehen könnten (vgl Burgstaller, Das Europäische Auslieferungsübereinkommen, Anh ZfRV 1970, 42 f, Mayerhofer/Rieder Nebenstrafrecht 1.HB3 § 70 ARHG E 5 und 6; idS auch Linke, Grundriß des Auslieferungsrechts, 88; enger Schwaighofer, Auslieferung und internationales Strafrecht, 181 f)."
Zuzustimmen ist der Generalprokuratur in ihren Ausführungen darüber, daß die Auslieferung aus der Slowakei an sich auch eine Verfolgung wegen des Verbrechens nach § 14 Abs 2 SGG ermöglicht hätte, weil der dem Schuldspruch nach dieser Gesetzesstelle zugrundeliegende Sachverhalt in dem die Auslieferung angestrebenden internationalen Haftbefehl - wenn auch unter § 12 Abs 1, 2 und 3 Z 3 SGG subsumiert - inhaltlich umschrieben ist, unter den "in Betracht kommenden Bestimmungen des österreichischen SGG" auch § 14 SGG wiedergegeben wird und dieser internationale Haftbefehl Grundlage der Auslieferung durch die Slowakei war.
Nicht zu folgen vermag der Oberste Gerichtshof jedoch jenem Teil der Stellungnahme der Generalprokuratur, in dem in Ansehung der Bandenbildung eine Inlandstat angenommen wird.
Der Angeklagte ist Mazedonier (S 379/I). Die inkriminierte Bandenbildung nach § 14 Abs 2 SGG fand den Urteilsfeststellungen nach in Bratislava, also in der Slowakei statt.
Nur § 12 SGG ist im Katalog der in Österreich zu strafenden Auslandstaten enthalten (§ 64 Abs 1 Z 4 StGB). Es käme damit eine inländische Gerichtsbarkeit nur unter der Voraussetzung des § 67 Abs 2 StGB in Frage, wonach der Täter eine mit Strafe bedrohte Handlung an jenem Ort begangen hat, an dem er gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täter hätte eintreten sollen und dieser Ort - gemäß § 62 StGB - im Inland liegt.
Das Tatbild der Bandenbildung nach § 14 Abs 2 SGG ist - gleich jenem nach § 278 Abs 1 StGB - vollendet, sobald sich die Täter zur Erreichung des verpönten Zwecks zusammengeschlossen haben, die Bande also gebildet ist (Steininger im WK § 278 Rz 14). Bis zu dieser deliktsspezifischen Tatbildvollendung war vorliegend noch kein inländischer Tatort gegeben, mag auch eine Suchtgifteinfuhr unter anderem nach Österreich beabsichtigt gewesen sein. Erst mit der Einfuhr von Suchtgift nach Österreich (beginnend mit der Entwicklungsstufe des Versuchs) und der Komplottbildung in Österreich (durch vom Angeklagten verschiedene Bandenmitglieder) im Sinn des § 14 Abs 1 SGG kamen österreichische Tatorte ins Spiel, weshalb der Angeklagte als Bestimmungstäter zu diesen Delikten (laut den Punkten B und C des Urteilsspruches) zutreffend in Österreich abgeurteilt wurde, mögen auch diese Bestimmungen im Ausland geschehen sein (Triffterer in Triffterer-StGB-Komm § 67 Rz 21; Liebscher im WK § 67 Rz 19).
In Anbetracht des Umstandes, daß die Bandenbildung - anders als das Komplott - durch die in der Folge von den Bandenmitgliedern tatsächlich verübten strafbaren Handlungen nicht verdrängt wird, somit echte Realkonkurrenz vorliegt (Steininger im WK § 278 Rz 15 mwN; Bertel/Schwaighofer BT II2 § 278 Rz 6), wäre es systemwidrig, den - hier gegebenen - Inlandsbezug der rechtlich selbständigen Folgedelikte zusätzlich auch auf die im Ausland bereits vollendete Bandenbildung umzulegen. Der erkennende Senat vermag sich der - soweit überschaubar einzigen - gegenteiligen, von der Generalprokuratur zitierten Entscheidung 13 Os 73/94 nicht anzuschließen.
Zu untersuchen bleibt allerdings, ob die Voraussetzungen einer stellvertretenden Strafgerichtsbarkeit Österreichs im Sinn des § 65 StGB gegeben wären.
Das Prinzip der identischen Norm wäre an sich gewahrt: Denn nach § 187 des slowakischen StGB ist strafbar, wer einen berauschenden oder psychotropen Stoff oder ein Gift oder einen "Präkursor" ohne Bewilligung erzeugt, importiert, exportiert, befördert, für einen anderen oder für sich selbst besorgt oder aufbewahrt, wobei einem höheren Strafsatz (Freiheitsstrafe von acht bis zu fünfzehn Jahren) unterliegt, falls er die Tat als Mitglied einer organisierten Gruppe, oder in Verbindung mit einer organisierten Gruppe, welche in mehreren Staaten tätig ist, begeht. Bereits vor Eintritt in die Entwicklungsstufe des Versuchs ist nach § 7 Abs 1 des slowakischen StGB das Oganisieren einer besonders schwerwiegenden Straftat, das Besorgen oder Anpassen von Mitteln oder Geräten für die Begehung, die Vereinigung, Zusammenführung, Einleitung oder Hilfe für eine solche Straftat oder das vorsätzliche Schaffen von Bedingungen für einen anderen für die Begehung einer Straftat strafbar.
Es zeigt sich somit, daß auch nach slowakischem Recht bereits die Bandenbildung als Vorbereitungshandlung für illegale grenzüberschreitende Suchtgifttransaktionen strafbar ist.
§ 65 StGB kommt allerdings zum einen schon deshalb nicht zum Tragen, weil der Angeklagte zur Tatzeit Ausländer war und nicht im Inland betreten wurde (§ 65 Abs 1 Z 2 StGB).
Nach § 65 Abs 4 Z 2 StGB entfällt weiters die Strafbarkeit unter anderem, wenn der Täter von einem Gericht des Staates, in dem die Tat begangen worden ist, außer Verfolgung gesetzt worden ist.
Vorliegend war den slowakischen Justizbehörden (dem Ministerium für Justiz, dem Stadtgericht von Bratislava und dem Generalstaatsanwalt in Bratislava - S 341, 369/I) zumindest aus dem internationalen Haftbefehl des Landesgerichtes Linz der dringende Verdacht einer Bandenbildung in Bratislava unter führender Beteiligung des Angeklagten bekannt, dieser wurde jedoch dennoch (nach etwa dreimonatiger Auslieferungshaft) ausgeliefert. Es ist demnach davon auszugehen, daß die slowakischen Strafverfolgungsbehörden - aus freilich den Mitteilungen über die Auslieferung nicht zu entnehmenden Gründen - eine Einstellung der Strafverfolgung des Angeklagten verfügten, etwa aus dem Opportunitätserwägungen gestatteten Grund des § 172 Abs 2 lit a der slowakischen StPO ("Falls die Strafe, zu der die Strafverfolgung führen kann, ... im Vergleich mit einer Strafe, welche wegen einer anderen Straftat über den Beschuldigten bereits verhängt wurde oder welche erwartungsgemäß verhängt werden wird ..."). Daß eine Einstellung des Verfahrens durch Strafverfolgungsbehörden des Tatortstaates aus Opportunitätsgründen gelegentlich zu unbefriedigenden Ergebnissen führen könnte, wurde in der Literatur bereits aufgezeigt (Liebscher im WK § 65 Rz 28; Leukauf/Steininger Komm3 RN 18; Schwaigerhofer in Triffterer-StGB-Komm § 65 Rz 27 hält ein solches Ergebnis nicht für unbefriedigend, weil seiner Meinung nach die Anwendung des Opportunitätsprinzips nur bei geringfügigen Taten zu erwarten ist).
Aus den dargestellten Erwägungen mangelt es daher in Ansehung der Urteilstat A an einer inländischen Gerichtsbarkeit, weshalb dieser Schuldspruchteil aufzuheben und der Angeklagte ebensoweit freizusprechen war.
Bei der danach erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen (§ 33 Z 1 StGB), die führende Beteiligung des Angeklagten (§ 33 Z 4 StGB) und den Umstand, daß die tatverfangene Suchtgiftmenge von insgesamt 2,5 kg Heroin (mit einer Reinsubstanz von rund 500 Gramm) den in § 12 Abs 3 Z 3 SGG genannten Grenzwert um ein Vielfaches übersteigt (§ 32 Abs 3 StGB). Mildernd war kein Umstand. Über das Vorleben des Angeklagten in seiner Heimat (und in anderen Staaten) ist in den Akten nichts enthalten, in Österreich weist der Angeklagte keine Strafregistereintragung auf. Dennoch kann schon auf Grund seiner eigenen Verantwortung von einem ordentlichen Lebenswandel im Sinn des § 34 Z 2 StGB nicht gesprochen werden, denn er beschäftigte sich in Bratislava mit "schwarzem" Geldhandel (S 397/I), also einer illegalen Tätigkeit.
Die Verbrechen nach dem SGG sind Gefährdungsdelikte (Foregger/Litzka SGG2 § 12 Erl II). Gefährdungsdelikte fallen nicht in den Bereich des ersten Falles des § 34 Z 13 StGB (Pallin Strafzumessung Rz 66). Der vom Angeklagten reklamierte Umstand, daß 1 kg Heroin von der Polizei beschlagnahmt werden konnte, fällt daher nicht ins Gewicht.
Auf der Basis der genannten Strafzumessungsgründe erscheint eine Freiheitsstrafe in der im Spruch genannten Dauer der personalen Täterschuld und dem Unwert der verschuldeten Taten angemessen.
Der Ausspruch des Erstgerichtes über die Anrechnung der Vorhaft war zu ergänzen. Denn nach § 38 StGB ist auch eine Auslieferungshaft anzurechnen (Leukauf/Steininger aaO § 38 RN 3). Das Schöffengericht nahm eine Anrechnung erst ab 4.Dezember 1996, 10 Uhr, das ist die Übergabe des Angeklagten beim Grenzübergang Berg-Bratislava (S 369/I), vor, beachtete aber nicht den aktenkundigen Umstand, daß der Genannte bereits seit 12.September 1996 durch Beschluß des Stadtgerichtes in Bratislava von diesem Tag, Zahl 2 Nt 214/96, in Auslieferungshaft gehalten wurde (S 357, 363, 369/I).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)