OGH 15Os103/95

OGH15Os103/9520.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juli 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Holzweber und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Pointner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wilhelm P***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 10.Mai 1995, GZ 8 Vr 532/94-68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen umbekämpft gebliebenen Freispruch enthaltenden - Urteil wurde Wilhelm P***** des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 27.Juli 1994 in Ried im Innkreis durch die Äußerung gegenüber Elfriede T*****: "Ich bin der P*****. Wo ist der K*****, ist er leicht bei der P*****. Ich gebe ihm genau sieben Minuten Zeit, sich bei mir zu melden.... sieben Minuten hat er Zeit, sonst fliegt das Standl in die Luft, sonst krachts". Elfriede T***** und Josef K***** durch Drohung mit einer Verletzung am Eigentum bzw mit Gefährdung durch Sprengstoff zu einer Handlung, nämlich zur Verständigung des Josef K***** bzw diesen zu einem telefonischen Rückruf zu nötigen versuchte.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Schuldspruch gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

In der Verfahrensrüge (Z 4) moniert der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 10.Mai 1995 wiederholten Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Josef G*****, durch dessen Aussage unter Beweis gestellt werden sollte, daß der Angeklagte am Nachmittag des 27.Juli 1994 in kurzer Zeit drei Bier und ein Viertel Wein getrunken hat, daraufhin fast zusammengebrochen, von G***** nach Hause gebracht und dort in einem fast bewußtlosen Zustand zu Bett gebracht worden sei (S 369 iVm S 263 f).

Durch die Abweisung dieses Beweisantrages (S 371) wurden Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

Der beigezogene gerichtsmedizinische Sachverständige ging in seiner Expertise ohnedies der Verantwortung des Angeklagten folgend davon aus, daß er am 27.Juli 1994 in der Zeit von 13.00 bis 16.00 Uhr drei halbe Bier und einen viertel Liter Weißwein konsumierte, woraus er für die Tatzeit eine Blutalkoholkonzentration zwischen 0,76 und 1,16 % Grad (Mittelwert 0,96 % Grad) errechnete. Der Sachverständige stellte überdies eine durch abgelaufene Schlaganfälle herabgesetzte Alkoholverträglichkeit des Angeklagten in Rechnung, gelangte aber dennoch zur Folgerung, daß aus neuropsychiatrischer Sicht keine die Zurechnungsfähigkeit ausschließende Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit vorlag (S 355 f iVm S 331, 333, 347; in der Hauptverhandlung verlesen laut S 369).

Durchaus zutreffend konnte daher das Schöffengericht in Anbetracht der vom Sachverständigen ohnedies berücksichtigten Umstände die begehrte weitere Beweisaufnahme unter Hinweis auf das Gutachten ablehnen.

Soweit der Angeklagte in der Verfahrensrüge ausführt, eine Alkoholabstinenz in der Zeit von Mai 1994 bis zum Tattat sei im Gutachten nicht berücksichtigt worden, ist er darauf zu verweisen, daß dieser Umstand nach dem Inhalt des in erster Instanz gestellten Beweisantrages nicht Beweisthema war. Bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrages ist stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrages und den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen; erst im Rechtsmittelverfahren vorgebrachte Gründe können keine Berücksichtigung finden (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 40 f).

Abgesehen davon hatte der Sachverständige auch von der vom Beschwerdeführer für die Zeit von Mai 1994 bis zum Tag der Tat behaupteten Alkoholabstinenz Kenntnis (S 333, 339) und hatte sich überdies von der Fähigkeit zur Abstinenz durch eine Alkomatuntersuchung überzeugt (S 353), war also an diesen Umständen nicht vorbeigegangen.

In der Mängelrüge (Z 5) kommt der Beschwerdeführer auf die behauptete Alkoholabstinenz von Mai 1994 bis zum Tattag zurück, bringt vor, daß Alkoholiker, welche eine Entwöhnung durchgemacht haben, bei erstem Genuß von Alkohol extrem überreagieren und bemängelt, daß darauf vom Gutachter und vom Schöffengericht nicht eingegangen worden sei.

Dies trifft - wie bereits aufgezeigt - nicht zu. Der Sachverständige hat eine herabgesetzte Alkoholverträglichkeit und darüber hinaus einen schlechten Allgemeinzustand ins Kalkül gezogen, als er dennoch zu der dem Angeklagten nicht genehmen Expertise gelangte (abermals S 355). Das Schöffengericht hinwieder folgte diesem Gutachten in Ansehung der Blutalkoholkonzentration (US 3), des Gesundheitszustandes zur Tatzeit und einer bei der Tat bestehenden Minderung der Zurechnungsfähigkeit (US 5 f).

Ein Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

Soweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge (Z 9 lit b) abermals auf den erstmaligen Alkoholkonsum nach längerer Abstinenz zurückkommt und insoweit Feststellungsmängel behauptet, macht er in Wahrheit keinen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund geltend, sondern wiederholt der Sache nach die Mängelrüge (Z 5).

Die Ausführung hingegen, das Erstgericht habe zur Frage der Zurechnungsfähigkeit "keinerlei Feststellungen" getroffen, geht schlichtwegs am Urteilssachverhalt vorbei, in welchem eine (bloß) verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit konstatiert wurde (US 6). Die Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der hier geltend gemachten Art erfordert ein Festhalten an den Urteilsfeststellungen und den Nachweis eines Rechtsfehlers auf der Basis dieser Feststellungen. Indem der Beschwerdeführer dieses Erfordernis nicht einhält, führt er die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß aus.

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Die Entscheidung über die außerdem erhobene Berufung des Angeklagten fällt damit in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz (§ 285 i StPO).

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