OGH 15Os101/03

OGH15Os101/0316.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mohamed Safwat M***** wegen der teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig begangenen Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter Fall und Abs 3 erster Satz erster Fall SMG, § 12 und 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 23. April 2003, GZ 8 Hv 21/03p-46, sowie dessen (implizierte; § 498 Abs 3 StPO) Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Hausar, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch (II) enthaltenden Urteil wurde Mohamed Safwat M***** der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (I/1) sowie der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter Fall und Abs 3 erster Satz erster Fall SMG, teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, teils begangen als Bestimmungs- und Beitragstäter nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB (I/2), schuldig erkannt. Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider

1) von September 1989 bis zum 8. Jänner 2003 in Braunau am Inn und anderenorts Cannabis sowie seit Beginn 2000 auch Kokain erworben und bis zum Eigenkonsum besessen;

2) zwischen Februar und 20. August 2002 zumindest 23 Mal eine große Menge an Suchtmitteln (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich zumindest 31,5 Gramm reines Heroin (brutto 315 Gramm) und zumindest 190 Gramm reines Kokain (brutto 475 Gramm), teils als unmittelbarer Täter, teils als Bestimmungs- und Beitragstäter, von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich eingeführt, wobei es bezüglich eines Teils von 25 Gramm Heroin brutto und 15 Gramm Kokain brutto beim Versuch geblieben ist, und er dabei die Einfuhr bezüglich einer 5-fachen großen Menge an Suchtmitteln, nämlich 5 Gramm reines Heroins (brutto 50 Gramm) und 50 Gramm reinen Kokains (brutto 125 Gramm) in der Absicht vornahm, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wobei er jedoch selbst an Suchtmittel gewöhnt war und die Tat deshalb beging, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht. Der Mängelrüge (Z 5), die einen nichtigkeitsbegründenden Widerspruch zwischen den Feststellungen einer 23-maligen Einfuhr einer großen Menge einerseits und von insgesamt (nur) acht Angriffen andererseits sieht, ist ebenso wie dem der Sache nach (nur) auf die Z 10 gestützten Beschwerdeeinwand, dass dem Angeklagten nicht auf Grund von acht Begehungshandlungen "23 Fakten" zur Last gelegt werden könnten, zu erwidern:

Da einerseits nach Erreichen der Grenzmenge im Sinn des § 28 Abs 6 SMG jeweils gedanklich "abzutrennen" (EvBl 2001/54, JBl 2001, 802, 11 Os 123, 124/00, 13 Os 74/02, 13 Os 156/02) und demzufolge die große Menge (§ 28 Abs 2 SMG) der Grenzmenge gleichzusetzen ist sowie andererseits nach den Urteilsfeststellungen vorsätzlich Suchtgiftmengen eingeführt wurden, deren Reinsubstanz dem 23-fachen der Grenzmenge entspricht, wurden dadurch - ungeachtet der geringeren Anzahl der Angriffe - 23 Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter Fall SMG verwirklicht. Für die rechtliche Beurteilung macht es angesichts der materiellrechtlichen Gleichwertigkeit von Real- und Idealkonkurrenz keinen Unterschied, ob die Suchtgiftmenge durch einen Einzelakt oder, wenn der konstatierte Wille des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste, sukzessiv - und zwar in welcher Anzahl von Vorgängen auch immer - eingeführt wurde (vgl EvBl 2003/133).

Daher erweisen sich die Mängel- und Subsumtionsrüge als nicht berechtigt.

Verfehlt ist auch der weitere Einwand (Z 10), dass (schon) der festgestellte Eigenverbrauch des dem Angeklagten zugeordneten Suchtgiftes die Beurteilung gewerbsmäßigen Handelns ausschließe. Da die - durch die wiederkehrende Vornahme einer strafbaren Handlung absichtlich erzielte - "fortlaufende Einnahme" (§ 70 StGB) auch im Ersparen von (höheren) finanziellen Aufwendungen bestehen kann (vgl Jerabek in WK2 Rz 10; Mayerhofer StGB5 E 34a und 34b, jeweils zu § 70; 15 Os 117/89) und es die - festgestellte (US 9) - Absicht des Beschwerdeführers war, durch Ausnützung des (gegenüber dem in Österreich bestehenden) niedrigeren Preisniveaus von Suchtmitteln in den Niederlanden für seinen regelmäßigen Suchtgiftkonsum weniger zu bezahlen und sich durch diese Kostenersparnis einen entsprechenden wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, ging das Erstgericht zutreffend von gewerbsmäßiger Begehung im Umfang des Urteilsspruches aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und § 28 Abs 3 Satz 2 SMG nach § 28 Abs 2 SMG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren.

Dabei wertete es als erschwerend die teilweise - nämlich wegen § 83 Abs 1 StGB - einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen mehrerer gleichartiger strafbarer Handlungen während und nach dem vorausgegangenen Verfahren zu 10 Hv 12/02b des Landesgerichtes Ried im Innkreis, als mildernd das umfassende Geständnis. Mit seiner dagegen erhobenen Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe sowie deren (teil-)bedingte Nachsicht.

Die vom Erstgericht herangezogenen Strafzumessungstatsachen sind vorerst dahin zu ergänzen, dass als erschwerend das Zusammentreffend von Verbrechen und Vergehen hinzutritt, als mildernd, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist.

Entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht hat das Schöffengericht die Vorstrafe wegen Körperverletzung als auf der gleichen schädlichen Neigung beruhend und somit als einschlägig beurteilt (vgl Mayerhofer StGB5 § 71 Rz 6b).

Auf Basis des solcherart ergänzten Strafzumessungsgründe erweist sich die verhängte Strafe als schuld- und tatangemessen. Der Hinweis auf über andere Beteiligte verhängte Freiheitsstrafen versagt aufgrund mangelnder Vergleichbarkeit der Sachverhaltsgrundlagen. Unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht und der Aggravierung der Deliktsform und -häufigkeit ist der Vollzug der Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Gründen ebenso erforderlich wie zur Effektuierung des im Bereich der Drogenkriminalität besonders ausgeprägten Rechtsschutzbedürfnisses der Bevölkerung.

Aus den zutreffenden Erwägungen des Erstgerichtes wurde die Verlängerung der Probezeit der bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe angeordnet.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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