OGH 15Ns17/94

OGH15Ns17/9415.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Dezember 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Hobel als Schriftführerin, in der Mediensache des Antragstellers Bernahrd L***** gegen die "S*****" S***** V***** wegen Zuerkennung eines Entschädigungsbetrages gemäß § 6 Abs 1 MedienG über den Ablehnungsantrag des Bernhard L***** bezüglich sämtlicher Richter des Oberlandesgerichtes Graz sowie über dessen Antrag, das gegenständliche Strafverfahren einem Gericht außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Graz zuzuweisen, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Die (pauschale) Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichtes Graz ist nicht gerechtfertigt.

2. Dem Delegierungsantrag wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

In der oben bezeichneten Mediensache, in der im gegenwärtigen Verfahrensstadium das Oberlandesgericht Graz als Berufungs- und Beschwerdegericht zu entscheiden hat, lehnte der Antragsteller Bernhard L***** in der Hauptverhandlung vom 1.Oktober 1993 "sämtliche Gerichte des Oberlandesgerichtssprengels Graz" ab und stellte den Antrag, das gegenständliche Strafverfahren einem Gericht außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Graz zuzuweisen (72).

Er begründete dies folgendermaßen: "... da laut Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichtes Graz ab 1.1.1993 am Oberlandesgericht Graz ausschließlich Richter tätig sind, die entweder mit Dr.G***** sowie Doris P***** (den ursprünglichen beiden Beschuldigten) sei es beruflich, sei es privat befreundet sind oder mit mir befreundet oder auch "per Du" sind, und zwar gilt dies auch einschließlich der Ersatzrichter der Strafsenate des Oberlandesgerichtes Graz aus dem Stande der Zivilrichter, und sind daher meiner Meinung nach mit der Befangenheit des Oberlandesgerichtes Graz die diesem nachgeordneten Gerichte von einer Verhandlungsführung gegen mich insbesondere auf Grund der Aufsichtsbestimmung des § 15 StPO ausgeschlossen. Im Personalstand des Oberlandesgerichtes Graz sind derzeit auch Richter, die vor dem 1.1.1993 Richter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz waren und sich als solche bereits selbst für befangen erklärt haben".

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Graz legte den Ablehnungsantrag betreffend sämtliche Richter des genannten Gerichtshofes zweiter Instanz mit deren schriftlichen Äußerungen (wobei sich nur der Richter des Oberlandesgerichtes Dr.R***** für befangen erklärte) dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor (ON 1 des Ns-Aktes).

Rechtliche Beurteilung

Die (pauschale) Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichtes Graz ist nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 72 Abs 1 StPO können Richter (außer den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen der Ausschließung) aus Gründen abgelehnt werden, die geeignet sind, die Unbefangenheit der Abgelehnten in Zweifel zu setzen. Diese Ablehnungsgründe müssen genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO). Die Ablehnung aller Richter eines Gerichtshofes ist nur dann gerechtfertigt, wenn für jeden einzelnen der Richter Umstände vorliegen, die aus objektiver Sicht zur Befürchtung Anlaß geben, der Richter könnte sich bei seiner Entscheidung aus anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (EvBl 1973/326 uva).

Daraus folgt, daß Ablehnungserklärungen - nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes; vgl ua 12 Ns 17/92, 15 Ns 26/93, 12 Ns 8/93 - immer personsbezogen sein müssen, auf pauschale, auf bloße Mutmaßungen gestützte Ablehnung von Richtern ohne individuellen Gehalt - wie sie hier gegen die Gesamtheit der Richterschaft des Oberlandesgerichtes Graz vorgebracht werden - aber nicht einzugehen ist.

Der Ablehnung war daher ein Erfolg zu versagen.

Damit fällt der Antrag, das Verfahren einem anderen Gericht "außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichtes Graz" zuzuweisen, sofern er als solcher auf Übertragung der Sache an einen anderen Gerichtshof zweiter Instanz als Berufungs- und Beschwerdegericht iSd § 74 Abs 3 StPO gedacht gewesen sein könnte.

Wenn er indes als Delegierungsantrag iSd §§ 62, 63 Abs 1 StPO gemeint war, ist er jedenfalls auch verfehlt. Er wird nämlich bloß mit denselben (vermeintlichen) Ablehnungsgründen gegen alle Richter des Oberlandesgerichtes Graz begründet, womit jedoch ein Delegierungsgrund im Sinne des § 62 StPO nicht dargetan wird. Darüber ist vielmehr - wie vorliegend auch geschehen - ausschließlich in einem Verfahren nach § 72 ff StPO abzusprechen (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 62 E 12).

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