European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0140OS00009.9500000.0131.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung "wegen Schuld" werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. Mai 1943 geborene Angeklagte Khosrow D* des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, weil er am 25. Mai 1994 in Wien der am 30. April 1985 geborenen Elisabeth Anna R* wiederholt über der Hose zwischen die Beine gegriffen und sie im Genitalbereich massiert hat.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO sowie mit Berufung, die auch "wegen Schuld" angemeldet worden ist (S 97).
Daß das Erstgericht den Antrag des Verteidigers auf Beiziehung eines Kinderpsychologen zur Klärung der Glaubwürdigkeit der (ersichtlich einverständlich verlesenen) Angaben des Tatopfers und einer weiteren unmündigen Zeugin (S 22 und 43) abwies, vermag keine Nichtigkeit zu begründen, weil die Beweiswürdigung gemäß § 258 StPO ausschließlich dem Gerichtshof zukommt. Das Gutachten eines Psychiaters oder Jugendpsychologen wird nur in besonders gelagerten Fällen, so etwa bei festgestellter abwegiger Veranlagung in psychischer und charakterlicher Hinsicht, Entwicklungsstörungen oder sonstigen Defekten von Jugendlichen, für die Würdigung von Aussagen von Nutzen sein (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 117 zu § 281 Abs 1 Z 4). Derartiges wurde im gegenständlichen Fall aber weder behauptet noch ergaben sich aus den Akten irgendwelche Hinweise auf solche Mängel. Die bloße Tatsache, daß der Angeklagte die Angaben der Belastungszeugen bestreitet und für unwahr und unglaubwürdig erklärt, vermag den Beweisantrag noch nicht zu rechtfertigen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 113 zu § 281 Abs 1 Z 4).
Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) versagt. Nach Prüfung des Beschwerdevorbringens an Hand der Akten ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie an dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt vorbeigeht. Das Urteil enthält nämlich die ausdrückliche Konstatierung, daß der Angeklagte die neunjährige Elisabeth R* wiederholt über ihrer Hose zwischen den Oberschenkeln im Genitalbereich abgegriffen hat (US 3,5, 7).
Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). In gleicher Weise war auch mit der Anmeldung der im Schöffenprozeß gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung "wegen Schuld" zu verfahren.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ist das Oberlandesgericht Wien zuständig (§ 285 i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist im § 390 a StPO begründet.
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