OGH 14Os91/11f

OGH14Os91/11f4.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Oktober 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kopinits als Schriftführer in der Strafsache gegen Hannes P***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 7. März 2011, GZ 36 Hv 16/11x-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer und des Verteidigers Mag. Rass zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Punkt C des Freispruchs, demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hannes P***** jeweils eines Vergehens der (zu ergänzen: schweren) Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 3 StGB (A) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Darüber hinaus wurde er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - gemäß § 259 Z 3 StPO vom (als Verbrechen des Raubes nach §§ 15, 142 StGB qualifizierten) weiteren Anklagevorwurf freigesprochen, er habe

(C) am Abend des 27. November 2010 auf dem Weg mit einem Taxi von B***** nach und in H***** dem Bastian F***** und dessen Begleiter Ivan B***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abzunötigen versucht, indem er die beiden wiederholt aufforderte, den auf sie entfallenden und zu diesem Zeitpunkt schon bezahlten Anteil an den Taxikosten in Höhe von 15 Euro noch einmal zu zahlen und ihnen für den Fall ihrer Weigerung ankündigte, „sie herzuschlagen bis sie hin sind“.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Punkt des Freispruchs gemäß § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist aus dem zuletzt genannten Grund berechtigt.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag (vgl ON 11 S 15) auf Vernehmung namentlich genannter „Tatzeugen (seien im Bus mitgefahren und Zeugen des versuchten Raubes geworden)“, zu Recht abgewiesen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat ein (erfolgreicher) Beweisantrag bestimmte Mindestanforderungen zu erfüllen, nämlich die Nennung von Beweismittel und Beweisthema sowie die Darlegung, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung ist. Ein solches Vorbringen ist nur dann entbehrlich, wenn - wie allenfalls bei einem Antrag auf Vernehmung unmittelbarer Tatzeugen - die Erfüllung dieser Inhaltserfordernisse für das vom Antragsteller befasste Gericht ohnehin offensichtlich ist (13 Os 51/10i, EvBl 2010/149 S 1020; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 ff).

Vorliegend nahm das Erstgericht den Sachverhalt, wie er sich nach der Anklageschilderung (insbesondere während der Taxifahrt) ereignet habe, als erwiesen an (US 16), ging jedoch von strafaufhebendem Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) aus, weil der Angeklagte - nach dem Aussteigen aus dem Taxi - zwar zunächst noch einmal Geld durch gefährliche Drohung abzunötigen suchte, dann aber infolge Weigerung der Opfer von seinem (noch durchführbaren) Vorhaben abließ (US 9 f).

Dass die von der Beschwerdeführerin genannten Zeugen gemeinsam mit dem Angeklagten und den Opfern aus dem Taxi ausgestiegen wären und demnach als unmittelbare Tatzeugen Wahrnehmungen zu dem als Rücktritt vom Versuch qualifizierten Verhalten gemacht hätten, war aber weder dem Antragsvorbringen zu entnehmen, noch für die Tatrichter aufgrund der Verfahrensergebnisse (vgl ON 11 S 12 und 15; ON 2 S 30) ohne weiteres zu erkennen.

Zutreffend zeigt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hingegen auf, dass sich das Erstgericht mit einer Erfüllung des Tatbestands der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 (und Abs 2) StGB nicht auseinandergesetzt hat, obwohl - von der Rüge richtig als Feststellungsmangel geltend gemacht - Verfahrensergebnisse (insbesondere die Aussagen der Zeugen Ivan B***** und Bastian F***** vor der Polizei und in der Hauptverhandlung) entsprechende Konstatierungen zu sämtlichen Tatbestandsmerkmalen indiziert hätten.

Entfällt nämlich die Strafbarkeit eines (sogenannten „qualifizierten“) Versuchs infolge Rücktritts (§ 16 StGB) lebt die Strafbarkeit einer im Versuch enthaltenen (vollendeten, zunächst verdrängten) strafbaren Handlung wieder auf (RIS-Justiz RS0090474; Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 153; Kienapfel/Höpfel, AT13 Z 23 Rz 22 und E 8 Rz 35; Fuchs, AT7 31/9).

Da das angefochtene Urteil, insbesondere im Hinblick auf den Bedeutungsinhalt der inkriminierten - bloß rechtlich als „gefährliche Drohung“ qualifizierten (US 10) - Äußerung, einen darauf bezogenen Vorsatz und eine auf Versetzung in Furcht und Unruhe gerichtete Absicht, keine Feststellungen enthält, war - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - mit Aufhebung des davon betroffenen Teils des Freispruchs und Rückverweisung an das Erstgericht in diesem Umfang vorzugehen (§ 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO).

Dies bedingt die Kassation des Strafausspruchs, auf welche die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung zu verweisen war.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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