OGH 14Os88/19a

OGH14Os88/19a3.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Setz‑Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Leitner in der Strafsache gegen Thomas W***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142, 143 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 14 Hv 103/18z des Landesgerichts Leoben, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts als Jugendschöffengericht vom 9. Jänner 2019, GZ 14 Hv 103/18z‑105, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Sauter‑Longitsch und des Verteidigers des Angeklagten Julian O*****, Mag. Dressler, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00088.19A.0903.000

 

Spruch:

 

Das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 9. Jänner 2019, GZ 14 Hv 103/18z‑105, verletzt im Schuldspruch des Angeklagten Julian O***** zu A/II/2 §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1 StGB.

Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A/II/2 und demzufolge auch im den Angeklagten O***** betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der gemeinsam mit dem Urteil gefasste Beschluss auf Absehen vom Widerruf der diesem Angeklagten mit Urteil des Landesgerichts Leoben vom 14. November 2017, AZ 14 Hv 96/17v, gewährten bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der diesbezüglichen Probezeit auf fünf Jahre, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Leoben verwiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier wesentlich – Julian O***** zu A/II/2 des Verbrechens des Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er

A/II/2) am 28. April 2018 in G***** zu der (unter A/II/1 des Urteils beschriebenen) Tat des Mitangeklagten Thomas W*****, welcher Mohammad N***** mit Gewalt Bargeld in nicht näher bekannter Höhe mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versuchte, indem er diesem einen Faustschlag ins Gesicht versetzte und versuchte, ihm die Geldtasche zu entreißen, wobei es nur infolge Flucht des Opfers beim Versuch blieb, beigetragen, indem er „im Wissen des geplanten Raubüberfalls gemeinsam mit W***** in das Taxi einstieg und sich zum Bahnhof bringen ließ“.

Rechtliche Beurteilung

Der – durch einen Verteidiger vertretene – Angeklagte O***** erklärte (ebenso wie die Mitangeklagten) unmittelbar nach Verkündung des Urteils auf Rechtsmittel dagegen zu verzichten (ON 104 S 47). Die Staatsanwaltschaft erhob hinsichtlich sämtlicher Angeklagten Berufung (ON 106, ON 117), über die das Oberlandesgericht Graz (AZ 8 Bs 129/19k) noch nicht entschieden hat.

Das Schöffengericht traf zu den – hier relevanten – Schuldsprüchen zu A/II folgende Feststellungen:

Auf dem Weg zu einem Taxi, mit dem W***** („der Erstangeklagte“) und O***** („der Zweitangeklagte“) am 28. April 2018 vom G***** Hauptbahnhof in die Innenstadt fahren wollten, „fasste der Erstangeklagte den Entschluss, den Taxilenker auszurauben und teilte dies dem Zweitangeklagten mit. In Kenntnis des Tatplans stiegen beide in das Taxi, wobei der Erstangeklagte am Beifahrersitz und der Zweitangeklagte am Rücksitz hinter dem Taxilenker Platz nahmen …. Als der Taxilenker Mohammad N***** das Fahrzeug zum Stillstand brachte und den Fuhrlohn von 7,20 Euro kassieren wollte, öffnete der Zweitangeklagte die hintere Autotür und lief davon. Mohammad N***** hielt seine Geldtasche in der Hand, in welcher sich rund 100 Euro befanden, als er vom Erstangeklagten mit einem Schlag attackiert wurde. Er (gemeint: W*****) schlug Mohammad N***** mit der Faust ins Gesicht und griff in Richtung der Geldtasche, um sie ihm wegzunehmen. Mohammad N***** gelang es, die Fahrertüre zu öffnen und mit der Geldtasche aus dem Auto zu steigen. Der Erstangeklagte verließ ebenfalls das Fahrzeug und ergriff die Flucht.

Der Erstangeklagte beabsichtigte durch den Angriff einem Dritten Bargeld unter Gewaltanwendung wegzunehmen, um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Dem Zweitangeklagten war dies bewusst, insbesondere, dass er im Wissen des Tatplans durch das Mitfahren mit dem Taxi die Tathandlung des Erstangeklagten erleichterte“ (US 12 f; vgl auch US 17 und 20).

Wie die Generalprokuratur in ihrer dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, steht der auf diese Feststellungen gegründete Schuldspruch des Angeklagten O***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 15, 142 Abs 1 StGB (A/II/2) mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB setzt ein Verhalten voraus, das die Ausführung der Tat durch einen anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder in anderer Weise fördert. Der Beitrag muss für den Tatablauf kausal sein. Er kann durch – hier nach den Feststellungen nicht in Rede stehende (vgl auch US 20) – physische oder durch psychische Unterstützung geleistet werden.

Als psychische Beitragshandlungen kommen etwa für den Tatablauf (zumindest mit‑)ursächliche Belehrungen, Ratschläge und Bestärkungen in einem (wenn auch bereits gefassten) Tatentschluss in Betracht.

Die Anwesenheit am Tatort (oder in dessen Nähe), das Wissen um ein bestimmtes, von einem anderen in Aussicht genommenes deliktisches Verhalten, das Begleiten eines Täters oder die stillschweigende Duldung der Tatausführung reichen (mangels Kausalität) für sich alleine nicht für die rechtliche Annahme eines (psychischen) Tatbeitrags im Sinn des § 12 dritter Fall StGB aus (zum Ganzen: Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 81 ff, 87 ff je mwN; RIS‑Justiz RS0090508, RS0090497).

Demzufolge wäre das zu A/II/2 konstatierte Verhalten des Angeklagten O***** (das Wissen um die Absicht des Angeklagten W*****, einen Taxilenker zu berauben, und die Mitfahrt im Taxi bis kurz vor der Tatausführung durch den unmittelbaren Täter) nur dann tatbildlich nach §§ 12 dritter Fall, 15, 142 Abs 1 StGB, wenn zwischen diesem und dem Raub ein ursächlicher Zusammenhang im oben aufgezeigten Sinn bestünde, also etwa der unmittelbare Täter dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt worden wäre, wozu dem Urteil aber keine Aussage zu entnehmen ist.

Die in subjektiver Hinsicht getroffene Feststellung, wonach O***** „bewusst (war), dass er im Wissen des Tatplans durch das Mitfahren mit dem Taxi die Tathandlung des Erstangeklagten erleichterte“ (US 13), bleibt demnach ohne Sachverhaltsbezug.

Der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen wirkt zum

Nachteil des Angeklagten O*****. Der Oberste Gerichtshof sah sich veranlasst, die Feststellung der daraus resultierenden Gesetzesverletzung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 

292 letzter Satz StPO).

Die diesen Angeklagten betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft ist damit gegenstandslos.

Zur Entscheidung über die zum Nachteil der Angeklagten W***** und P***** erhobene Berufung der Anklagebehörde werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Graz übermittelt.

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