Rechtssatz
Bei Erhebung der Tatsachen, durch die der Wiederaufnahmeantrag begründet wird, ist der Untersuchungsrichter nicht auf die Aufnahme der im Antrag oder vom Gegner (in Ausübung des zufolge § 357 Abs 2 zweiter Satz StPO auch ihm zustehenden Rechtes, neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen und Anträge bezüglich der etwaigen Beweisaufnahme zu stellen) genannten Beweise beschränkt. Der Untersuchungsrichter hat vielmehr entsprechend dem in § 3 StPO zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit von Amts wegen innerhalb der durch den Antrag gezogenen Grenzen jeden für die Entscheidung über die begehrte Wiederaufnahme wesentlichen Umstand zu prüfen. Begrenzt ist die vorbereitende Ermittlungstätigkeit des Untersuchungsrichters, gleichviel ob sie von Amts wegen oder auf Grund von Anträgen des Wiederaufnahmewerbers oder des Gegners geschehen soll, in Hinsicht auf die Begründung des Wiederaufnahmeantrags. Die von § 357 Abs 2 erster Satz StPO angeordnete "Erhebung" besteht demnach in Ermittlungen zur Tauglichkeit des Vorgebrachten als Wiederaufnahmegrund und umfasst daher auch diesbezüglichen Aufschluss ermöglichende Kontrollbeweise. Ermittlungen ohne solchen Konnex mit dem zur Begründung des Wiederaufnahmebegehrens Behaupteten müssen im Hinblick auf § 357 Abs 2 erster Satz StPO vor Entscheidung über den Antrag unterbleiben. Sie können aber Teil der nach Bewilligung der Wiederaufnahme stattfindenden Voruntersuchung sein (§ 359 Abs 1 StPO). Im Fall eines Antrages nach § 353 Z 2 StPO ist es unbeachtlich, ob die vorbereitenden Ermittlungen des Untersuchungsrichters auf ein "zusätzliches entlastendes Beweismittels" abzielen und ob sie zu einem für den Wiederaufnahmewerber nachteiligen Ergebnis führen können.
21 Ds 1/17k | OGH | 24.01.2018 |
Vgl auch; Beisatz: Das Wiederaufnahmeverfahren ist auf Grundlage und im Rahmen des jeweiligen Wiederaufnahmeantrags amtswegig zu führen. Dies bedeutet, dass durch den Wiederaufnahmeantrag der Verfahrensgegenstand festgelegt wird, dessen Rahmen auch im Beschwerdeverfahren nicht überschritten werden darf. (T1)<br/>Beisatz: Keine inhaltliche Befassung des Wiederaufnahmeantrags mit einem von mehreren Schuldspruchfakten und keine Nennung von neuen Tatsachen oder Beweisen zu diesem führt dazu, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens (auch) im Umfang dieses Schuldspruchs als Entscheidungsgegenstand sowie als Beschwerdegegenstand nicht in Betracht kommt. (T2) |
Dokumentnummer
JJR_20021015_OGH0002_0140OS00083_0200000_001
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