OGH 14Os80/92

OGH14Os80/9223.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof. Dr.Brustbauer, Dr. Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Liener als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Richard Josef H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Feber 1992, GZ 7 e Vr 7.419/91-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Richard Josef H***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB schuldig erkannt und zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 15.Juli 1991 in Wien anderen fremde bewegliche Sachen durch Einbruch mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern

1. wegzunehmen versucht, und zwar dem Egon SCH***** aus dessen Pelzgeschäft sowie dem Inhaber des Blumengeschäftes G***** jeweils Bargeld bzw. verwertbare Sachen, indem er mit einem Schraubenzieher an den Eingangstüren hantierte;

2. weggenommen, und zwar dem Johann B***** aus dessen Fleichergeschäft ca. 300 S Bargeld.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 4, 5 a, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist unberechtigt.

Der Angeklagte - wiewohl bereits anwaltlich vertreten - stellte am 27. November 1991 einen selbst verfaßten, mehrere Punkte umfassenden schriftlichen Beweisantrag (ON 31). Dazu gab der Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 21.Jänner 1992 die Erklärung ab, daß er "sämtliche bisher gestellten Beweisanträge, auch die des Angeklagten, aufrecht halte" (S. 144), womit er in einer nach Lage des Falles ausreichenden Weise zum Ausdruck gebracht hat, daß er den Inhalt des Schriftsatzes des Angeklagten zum Gegenstand seiner mündlichen Antragstellung in der Hauptverhandlung erheben wollte. Demgemäß hätte, nachdem die Vorsitzende dem unbestrittenen Antrag der Verteidigung insoweit ersichtlich nicht stattzugeben gefunden hat (S. 144), der Schöffensenat darüber sofort, spätestens aber in der fortgesetzten und zum Urteil führenden Hauptverhandlung vom 18.Feber 1992 entscheiden müssen (§ 238 StPO). Dies ist zwar, wie in der Beschwerde unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO mit Recht bemängelt wird, nicht geschehen, doch ist unzweifelhaft erkennbar, daß diese Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs. 3 StPO).

Im einzelnen ist zu den Beweisanträgen, soweit deren Ablehnung Gegenstand der Beschwerde ist, folgendes zu bemerken:

zu 1.)

Die Befragung von Personen, die mit der Leitung der zur Tatzeit im Bereich des Tatortes (Wien 20., Klosterneuburgerstraße) errichteten Straßenbaustelle betraut waren, ob die Arbeitshandschuhe und die beiden Schraubenzieher, die von den Tatrichtern auf Grund der Beobachtungen des Zeugen Günther S***** sowie der intervenierenden Polizeibeamten Werner L***** und Wolfgang R***** dem Angeklagten zugeordnet worden sind, allenfalls von dieser Baustelle stammen, zielte auf einen unzulässigen, im übrigen aber auch überflüssigen Erkundungsbeweis ab. Selbst wenn - wofür es weder nach der Aktenlage noch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers konkrete Anhaltspunkte gibt - Handschuhe und Schraubenzieher von dieser Baustelle herrühren sollten, würde dieses Beweisergebnis keinesfalls ausschließen, daß es der Angeklagte war, der diese Gegenstände zwecks Begehung von Einbruchsdiebstählen von dort weggenommen und sich ihrer sodann - nach den Beobachtungen der Zeugen - infolge seiner Entdeckung durch Wegwerfen unter ein Auto wieder entledigt hat.

zu 2.)

Eine Untersuchung, ob mit den sichergestellten Schraubenziehern beim Fleischhauergeschäft des Johann B***** hantiert worden ist, hat - mit positivem Ergebnis - ohnedies stattgefunden (S. 25, US 6).

zu 3.)

Zu einer Überprüfung des Zeugen Günther S*****, ob dieser polizeibekanntermaßen "schon öfters so etwas mit Zeugenaussagen machte", bestand schon mit Rücksicht auf das Fehlen eines begründeten Beweisthemas kein Anlaß, zumal der Zeuge weder gegenüber den beiden Polizeibeamten L***** (S. 60) und R***** (S. 62) noch vor dem erkennenden Senat (US 7) seine Verläßlichkeit beeinträchtigende Besonderheiten erkennen ließ.

zu 4.)

Ob im PKW des Angeklagten eine Stange Zigaretten vorhanden war oder nicht, ist nicht entscheidungswesentlich, ging doch das Erstgericht ohnedies davon aus, daß der Angeklagte auch von seiner Lebensgefährtin Christine Y***** einen Geldbetrag bekommen hatte, von dem er bis zu seiner Anhaltung etwas (zum Ankauf von Zigaretten) ausgegeben haben konnte (US 7). Das Vorhandensein einer Stange Zigaretten stünde also mit seiner u.a. auch wegen des Besitzes einer auffälligen Menge von Münzgeld und kleinen Scheinen angenommenen Täterschaft keineswegs in Widerstreit.

zu 5.)

Inwiefern eine Überprüfung der Anzeigenangaben über den Zeitpunkt der Festnahme (04.15 Uhr S. 7) von Bedeutung sein sollte, kann dem Beweisantrag nicht entnommen werden.

zu 6.)

Der Antrag auf Befragung der Kriminalbeamten des Bezirkspolizeikommissariates Brigittenau, warum im Fleischhauergeschäft des Johann B***** keine Untersuchung auf Fußspuren stattgefunden hat, enthält lediglich eine Kritik an der Gewissenhaftigkeit der polizeilichen Ermittlungen. Selbst wenn den Erhebungsbeamten in dieser Beziehung eine Nachlässigkeit hätte nachgewiesen werden können, wären die Entscheidungsgrundlagen keineswegs zu Gunsten des Angeklagten erweitert worden, weshalb durch die Abweisung auch dieses Beweisantrages keine Verteidigungsrechte hintangesetzt werden konnten.

Der Einwand schließlich, daß in Entsprechung des Antrages des Beschwerdeführers auf Neudurchführung der Hauptverhandlung (§ 276 a StPO) zwar der Zeuge Insp. Wolfgang R***** nicht aber auch der Zeuge Rev.Insp. Werner L***** neuerlich einvernommen worden sei, widerspricht dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (S. 158) und beruht daher ersichtlich auf einem Versehen.

Die Verfahrensrüge (Z 4) ist daher insgesamt unbegründet.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider ergeben sich aus den Akten auch keine erheblichen Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Weder aus gewissen Ungenauigkeiten der Angaben des Zeugen Johann B***** über die Stückelung des ihm fehlenden Geldbetrages noch aus einer angeblich durch die bereits erwähnte Straßenbaustelle bewirkte Behinderung der Beobachtungsmöglichkeiten des Zeugen Günther S***** lassen sich ernsthafte Zweifel im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes ableiten.

Mit dem ziffernmäßig auf § 281 Abs.1 Z 9 lit. a StPO und - an anderer Stelle - auch auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO gestützten Einwand, daß das Erstgericht nicht das Alter der Beschädigung an der Eingangstüre des Blumengeschäftes G***** und deren Übereinstimmung mit den sichergestellten Schraubenziehern "festgestellt" hat, macht der Beschwerdeführer keinen auf einen Rechtsirrtum zurückzuführenden Feststellungsmangel, sondern in Wahrheit eine Unvollständigkeit der Erhebungen geltend, die aber nur aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO gerügt werden könnte, wenn in der Hauptverhandlung entsprechende Anträge gestellt worden wären (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 82 ff zu § 281 Abs 1 Z 5).

Gleichfalls kein Feststellungsmangel (Z 9 lit. a), sondern ein Begründungsmangel (Z 5) wird der Sache nach mit der Behauptung eingewendet, das Erstgericht habe sich nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, daß beim Pelzgeschäft SCH***** überhaupt keine Beschädigungen wahrgenommen werden konnten. Indes auch in dieser Richtung ist der Einwand unberechtigt, weil die Tatsache, daß an diesem Tatort keine Beschädigungen festgestellt werden konnten, im Urteil ausdrücklich erwähnt wird und somit keineswegs übergangen worden ist. Da aber mit einem Einbruchsversuch nicht in jedem Falle notwendigerweise Beschädigungen verbunden sein müssen, mußten sich die Tatrichter im Sinne einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) darüber nicht weiter verbreitern.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) in Ansehung der subjektiven Tatseite ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Der tatbestandsnotwendige Bereicherungsvorsatz des Angeklagten wurde im Urteil ohnedies konstatiert (US 9). Mit der Behauptung, daß ein solcher Vorsatz nicht "aus der Tathandlung stelbst" abgeleitet werden könne, wird der Sache nach abermals bloß ein Begründungsmangel (Z 5) geltend gemacht. Dieser ist aber ebenfalls nicht gegeben, weil angesichts der faktischen Simplizität dieses subjektiven Tatbestandselements der Hinweis auf die mit den Mitteln eines Einbruchs unternommene Wegnahme von Bargeld bzw. verwertbaren Sachen zu dessen Begründung durchaus zureicht, zumal weder behauptet worden noch sonst hervorgekommen ist, daß der Vorsatz des Angeklagten in eine andere Richtung gegangen wäre.

Ebenso entbehrt die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit. b) einer gesetzmäßigen Darstellung, weil eine Beschwerdeausführung darüber fehlt, nach welchen konkreten Verfahrensergebnissen der Angeklagte in den beiden Fällen des Urteilsfaktums 1 freiwillig vom Versuch zurückgetreten wäre (§ 16 Abs. 1 StGB). Der Beschwerdeführer hat es solcherart verabsäumt, den Tatumstand, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll, ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweisung anzuführen (§ 285 a Z 2 StPO).

Mit der nominell auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Behauptung, es fehlten Feststellungen über das Alter der Beschädigungen an der Eingangstüre zum Fleischhauergeschäft des Johann B***** sowie an der Geldlade, aus der die 300 S entnommen worden sind (Urteilsfaktum 2), wird erneut kein aus einem Rechtsirrtum unterlaufener Feststellungsmangel im Sinne eines materiellrechtlichen Subsumtionsfehlers, sondern wieder nur eine Mangelhaftigkeit der Erhebungen geltend gemacht, die nur unter den - hier fehlenden - formellen Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO angefochten werden könnte. Abgesehen davon übersieht der Beschwerdeführer, daß ihm ein Aufbrechen eines Behältnisses (Geldlade) als Qualifikation nach § 129 Z 2 StGB gar nicht angelastet wird, sodaß sein diesbezüglicher Einwand überhaupt am Schuldspruch vorbeigeht.

Mit der weiteren Behauptung aber, es fehle auch an Feststellungen darüber, ob mit physischer Gewalt bzw. mit welchem Werkzeug der Angeklagte in das Geschäft eingedrungen ist, übergeht der Beschwerdeführer die nach dem Kontext der Urteilsbegründung deutlich genug zum Ausdruck kommende Urteilsannahme (US 4), daß er die Eingangstüre zur Pferdefleischhauerei mit einem Schraubenzieher aufgebrochen hat, indem er den Riegel des - wenn auch nur einmal - gesperrten Schlosses aus dem Schließblech gedrückt hat.

Schließlich ist auch die Rüge eines Feststellungsmangels (Z 10) dahin, daß wegen einer vertraglich übernommenen Überwachungspflicht des Zeugen Günther S***** und der darauf gegründeten Behauptung, daß es infolge dauernder Beobachtung des Angeklagten durch diesen Zeugen zu keinem Gewahrsamsbruch in Ansehung des Bargeldbetrages von 300 S (Urteilsfaktum 2) gekommen sei, weshalb nur Diebstahlsversuch vorläge, nicht gesetzmäßig ausgeführt. Der Angeklagte bezeichnet auch hier mit keinem Wort jene Verfahrensergebnisse, aus welchen sich Anhaltspunkte für einen nachgeordneten Mitgewahrsam (Leukauf-Steininger Komm3 § 127 RN 31 ff) des Zeugen S***** ergeben sollten, welche Anlaß zu den vermißten Feststellungen geboten hätten.

Die zum Teil offenbar unbegründete, im übrigen aber nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).

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