Spruch:
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen Diebstahls eines Fotoapparates "CANON" (Punkt 1 des Urteilssatzes), demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf die Aufhebung des Strafausspruches verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Brane D***** und Blagoja C***** wurden des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 3 (richtig: Z 1 - siehe Kienapfel BT II2 § 129 RN 19, 72 ff) StGB (Punkt 1) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (Punkt 2) schuldig erkannt.
Darnach haben sie am 1.April 1991 in Graz im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter
1. fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert, nämlich den PKW VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen BM-2 JYA im Wert von 160.000 S sowie einen Fotoapparat der Marke "CANON" im unbekannten Wert dem Dipl.Ing. Harald P***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie mit einem Schraubenzieher das Türschloß des PKW, sohin eine Sperrvorrichtung aufbrachen;
2. mehrere anläßlich der unter Punkt 1 geschilderten Tathandlung in ihren Gewahrsam gelangte Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, nämlich von Dipl.Ing. Harald P***** zu bearbeitende Akten verschiedener Bezirkshauptmannschaften, sowie die Kennzeichentafeln BM-3 JYA, indem sie sie wegwarfen, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise der sich aus ihnen ergebenden Rechte, Rechtsverhältnisse und Tatsachen gebraucht werden.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, die von Brane D***** auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a und 9 lit. b, von Blagoja C***** auf jene der Z 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützt werden.
Beiden Beschwerden kommt zunächst insoweit teilweise Berechtigung zu, als sie das Fehlen jeglicher Begründung (Z 5) für die Annahme geltend machen, daß die Angeklagten bereits zum Zeitpunkt der Wegnahme des PKW auch in Ansehung des darin am Boden hinter dem Beifahrersitz (S 53) abgelegten Fotoapparates mit Diebstahlsvorsatz gehandelt haben. Hätten sie nämlich den Fotoapparat zunächst nicht bemerkt, daher ohne Zueignungsvorsatz in ihren Gewahrsam gebracht und ihn sich erst später mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet (US 4 verso Mitte), könnte dieser Teil ihres Tatverhaltens nur als Vergehen der Unterschlagung nach § 134 Abs. 2 StGB beurteilt werden.
Dieser Begründungsmangel macht insoweit eine Urteilsaufhebung und damit auch eine Aufhebung des Strafausspruchs in bezug auf beide Angeklagten unumgänglich (§ 285 e StPO).
Im übrigen sind jedoch ihre Nichtigkeitsbeschwerden unberechtigt.
Zur Beschwerde des Angeklagten D*****:
Dem Beschwerdevorbringen (Z 5) zuwider ist der Ausspruch des Erstgerichtes darüber, daß der Angeklagte zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB), daß es sich bei den von ihm in die Mülltonnen geworfenen zahlreichen Akten von Bezirkshauptmannschaften tatsächlich um Urkunden (§ 74 Z 7 StGB) gehandelt hat, weder undeutlich noch widersprüchlich. Mit dem Hinweis auf die mangelnden Deutschkenntnisse des Angeklagten hat das Erstgericht lediglich zum Ausdruck gebracht, daß er "den Inhalt" der diversen Dokumente "nicht genau" kannte (US 7 verso). Diesen Urteilsausführungen kann aber keineswegs der Sinn unterstellt werden, daß der Angeklagte darnach über die Qualität der "Papiere" überhaupt im unklaren gewesen sei. Angesichts der charakteristischen Erscheinungsform von Behördenakten bedurfte es aber keiner besonderen Begründung dafür, daß der Urkundencharakter dieser Akten vom Vorsatz des Angeklagten global erfaßt war, wenngleich er freilich - was aber für den Tatbestand unerheblich ist - im Detail von Art und Inhalt dieser Dokumente keine Kenntnis haben konnte.
Damit waren aber im Hinblick auf die mit der Tathandlung notwendig verbundenen Konsequenzen für den Urkundenberechtigten auch Erörterungen eingehender Art zur Frage der subjektiven Tatseite nicht geboten, zumal der vom Erstgericht verwendete Terminus des "Begleitwissens" nach seinem Begriffsinhalt (Kienapfel AT4 Z 15 RN 6) auch die Begründung für die damit zum Ausdruck zu bringenden subjektiven Vorstellungen des Täters mit einschließt (vgl. Foregger-Serini, StGB4, Anm. III zu § 229 aE und die dort zit. Judikatur).
Ein Widerspruch zwischen der Nichtannahme von Gewerbsmäßigkeit (US 7 verso und 8) und der Beurteilung der Vorgangsweise des Angeklagten beim gewaltsamen Öffnen des PKW als "profihaft" ist nicht erkennbar. Die für die Qualifikation des § 130 StGB vorausgesetzte Absicht hat mit der Geschicklichkeit der Tatausführung an sich nichts zu tun.
In Ansehung der subjektiven Vorstellungen des Angeklagten über den mit 160.000 S angenommenen objektiven Wert des PKW ist dem Erstgericht schon deshalb kein Begründungsmangel unterlaufen, weil der Beschwerdeführer in keinem Stadium des erstinstanzlichen Verfahrens die Behauptung aufgestellt hat, subjektiv von einem die Qualifikation des § 128 Abs. 1 Z 4 StGB ausschließenden Wert des PKW von nicht mehr als 25.000 S ausgegangen zu sein.
Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen vermochte der Beschwerdeführer aus den Akten nicht aufzuzeigen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit. b) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Angeklagte dabei übergeht, daß die Tatrichter seine Verantwortung, nur unter dem Zwang gegen seine Familie gerichteter Drohungen seitens seiner Auftraggeber gehandelt zu haben (§ 10 StGB), ausdrücklich abgelehnt haben (US 5 unten).
Zur Beschwerde des Angeklagten C*****:
Den Unterdrückungsvorsatz im Sinn des § 229 StGB (Faktum 2) hat das Erstgericht auch bei diesem Angeklagten mit einem "Begleitwissen", also damit begründet, daß ihm die mit dem Wegwerfen der Akten und Kennzeichentafeln für den Urkundenberechtigten verbundene Unmöglichkeit eines zweckspezifischen Gebrauchs dieser Urkunden aus den Umständen latent bewußt war. Näherer Ausführungen hiezu bedurfte es - wie schon zur Beschwerde des Angeklagten D***** dargetan wurde - auch in diesem Falle nach den sonst festgestellten Tatumständen nicht.
Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der entscheidenden Urteilsannahmen vermag auch dieser Beschwerdeführer nicht zu wecken. Seine Hinweise aus den Akten beschränken sich auf eine Wiederholung seiner Verantwortung in erster Instanz und dem Versuch, die Verfahrensergebnisse in anderem Sinn zu deuten, als es die Tatrichter getan haben. Ernsthafte Zweifel an deren Beweiswürdigung haben sich bei einer entsprechenden Überprüfung des Akteninhaltes nicht ergeben.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a), mit der behauptet wird, daß die Übernahme eines Anteilsbetrages von 500 DM (US 2 verso, 6 verso), das Mitführen von jugoslawischen Kennzeichentafeln und eines jugoslawischen Zulassungsscheines (US 3), das Warten im gemieteten PKW während der Tatausführung durch den Mitangeklagten (US 3 verso) und das Nachfahren hinter dem vom Mitangeklagten gestohlenen PKW (US 4) kein strafbares Verhalten darstelle, übergeht, daß nach den Urteilsannahmen ale diese Beteiligungshandlungen und überhaupt die Begleitung des Mitangeklagten auf der ganzen Fahrt nach Österreich vom Vorsatz des Beschwerdeführers getragen waren, hier an einem PKW-Diebstahl mitzuwirken (US 6 verso). Die Beschwerde läßt damit den für eine prozeßordnungsgemäße Darstellung eines Rechtsirrtums unerläßlichen Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz vermissen.
Daß die festgestellten Aktivitäten des Angeklagten C***** mangels unmittelbarer Beteiligung an der Sachwegnahme bloß als sonstiger Tatbeitrag zum Diebstahl nach § 12 dritter Fall StGB zu beurteilen gewesen wären, kann angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 12 StGB dahingestellt bleiben.
Ähnliche Überlegungen gelten gleichermaßen auch für den Beschwerdeeinwand (Z 9 lit. a) zum Urteilsfaktum 2, das Erstgericht habe eine Beteiligung des Beschwerdeführers an der Beseitigung der Urkunden als bloß möglich bezeichnet und damit seine Täterschaft insoweit eigentlich offen gelassen. Auch hier geht der Beschwerdeführer nicht von den Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit aus, denn er läßt unberücksichtigt, daß er darnach allein durch die bloße Begleitung des Mitangeklagten D***** diesen nicht nur bei der Ausführung des Diebstahls, sondern auch bei der Urkundenunterdrückung zumindest psychisch unterstützt hat, weshalb es dahingestellt bleiben kann, ob der Beschwerdeführer dabei auch selbst unmittelbar Hand angelegt hat oder nicht.
Im noch übrigen Umfang waren daher die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt, zum Teil als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d StPO).
Durch die mit der Teilaufhebung des Schuldspruchs verbundene Aufhebung des Strafausspruchs sind die Berufungen der beiden Angeklagten gegenstandslos geworden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)