OGH 14Os72/08g

OGH14Os72/08g8.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juli 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Herbert O***** gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 23. November 2007, GZ 601 Hv 17/07m-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Herbert O***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche der Mitangeklagten Andreas H***** und Josef K***** enthält, wurde Herbert O***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Stockerau, Wien und anderen Orten von 1999 bis 2003 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch die Vorspiegelung hochwertigen Dieseltreibstoff zu liefern, obwohl dieser mit minderwertigem „Spindelöl" vermischt war, zahlreiche im Einzelnen nicht mehr feststellbare Geschädigte (Endverbraucher) zum Ankauf dieses Treibstoffs bzw zum Betanken von Fahrzeugen damit verleitet, indem er als Kraftfahrer der B***** über Aufträge des Franz S***** und des Andreas H***** beim Betanken seines Lieferfahrzeugs dem Dieseltreibstoff jeweils ca 10 % Spindelöl beifügte und den Treibstoff den jeweiligen Empfängern entgegen den Liefervereinbarungen auslieferte, wodurch „im Einzelnen nicht mehr feststellbaren Endverbrauchern ein nicht mehr festzustellender, jedenfalls 50.000 Euro übersteigender Schaden entstand".

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus den Gründen der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Dass die Tatrichter ausführlich begründeten, warum sie ihren Feststellungen nicht die leugnende Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung zugrunde zu legen vermochten, sondern vielmehr von der Richtigkeit seiner ursprünglich geständigen Einlassung vor der Kriminalpolizei ausgingen (US 15 ff), gesteht die Mängelrüge - wenn auch unter sinnentstellend verkürzter Wiedergabe der diesbezüglichen beweiswürdigenden Überlegungen aus dem Urteil - ohnehin zu.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) zuwider setzte sich das Erstgericht dabei gar wohl auch mit der Aussage des Wolfgang K*****, der die Befragung der Tatverdächtigen im Ermittlungsverfahren durchführte, ausführlich auseinander, sah jedoch darin - auch unter der Prämisse, dass der Zeuge dem Angeklagten im Zuge dieser Vernehmung Erkenntnisse aus den bisherigen Erhebungen vorgehalten hätte - kein Indiz für eine unzulässige Einflussnahme des Beamten auf den Inhalt der (ursprünglich geständigen) Aussage des Angeklagten oder deren Unrichtigkeit (US 17).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zu einem auf unrechtmäßige Bereicherung (seines Arbeitgebers) gerichteten Vorsatz des Angeklagten, ignoriert dabei aber prozessordnungswidrig die diesbezüglichen eindeutigen Konstatierungen der Tatrichter (US 10, zweiter Absatz).

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (der Sache nach Z 5 vierter Fall) wurde diese Annahme - Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend - aus einer Reihe von Indizien abgeleitet (US 17, 18 f) und keineswegs bloß „aus der Beimengung von Spindelöl" darauf geschlossen. Mit den Spekulationen, dass die Kunden aufgrund der daraus resultierenden Preisreduktion mit der Beimengung von Spindelöl einverstanden gewesen sein könnten, stellt der Beschwerdeführer den - gegenteiligen (US 13) - Urteilskonstatierungen bloß eigene Erwägungen gegenüber ohne einen Begründungsmangel iSd Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen. Die „spezifische Arbeitssituation" des Angeklagten, deren unterlassene Konstatierung unter Berufung auf Z 9 lit a als „sekundärer Feststellungsmangel" gerügt wird, ist für die rechtliche Beurteilung ohne Belang.

Im Übrigen sind die Tatrichter im Rahmen ihrer beweiswürdigenden Überlegungen zum Vorliegen der subjektiven Tatseite ohnehin davon ausgegangen, dass der Angeklagte nach dem Betanken seines Tankzuges mit der ihm vorgegebenen Menge Diesel entweder beim Nordbahnhof beim Unternehmen „W*****" oder bei einem in Stockerau aufgestellten Tankwagen Spindelöl zutankte und dann die gesamte Lieferung „z.B. ins Burgenland" brachte (US 19), sodass dem Einwand auch unter dem Aspekt der Z 5 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO keine Berechtigung zukommt. Weshalb die Frage, ob er vor Zutanken des Spindelöls zuerst bei der ÖMV getanktes Dieselöl abpumpte oder sogleich weniger Dieselöl tankte, um die Kammern des Tankwagens sodann mit Spindelöl aufzufüllen, für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidend sein oder in - iSd Z 5 zweiter Fall erörterungsbedürftigem - Widerspruch zur Annahme zumindest bedingten Bereicherungsvorsatzes stehen sollte, lässt die Rüge offen. Indem der Beschwerdeführer aus den ins Treffen geführten Umständen den - urteilsfremden - Schluss zieht, er habe „aufgrund seiner Betriebsferne keinen Einblick in Firmeninterna, speziell in die Preisgestaltung bekommen" können und sei „als einfacher Lastkraftwagenfahrer weder in die Preiskalkulation noch in die Preisvereinbarungen seines Arbeitgebers mit den Kunden eingeweiht" gewesen, zieht er bloß die ausführlichen beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts auf der Ebene einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Zweifel.

Dem nominell auf Z 10 gestützten (der Sache nach neuerlich Z 5 vierter Fall) weiteren Beschwerdevorbringen zuwider blieben die Feststellungen zum Eintritt eines vom Angeklagten (mit)verursachten (und vom Vorsatz umfassten) Schadens von über 50.000 Euro nicht unbegründet (US 14 f).

Die den Berechnungen zur Höhe des den Geschädigten zugefügten Vermögensnachteils zugrunde liegende Annahme, dass pro geliefertem Tankzug ein Schaden von 14.000 Euro entstand, wurde ebensowenig „aus der Luft gegriffen", sondern mängelfrei auf die Erhebungsergebnisse und die diesen zugrunde liegenden unbedenklichen Urkunden gegründet, wonach der Preis für eine Tankwagenlieferung (also von ca 30.000 Litern Treibstoff; S 101/II, S 107/II) bei zumindest 14.000 Euro lag (US 20, S 7/I, S 333 ff/II).

Mit dem weiteren - vom Eintritt eines Schadens bloß in Höhe der Differenz zwischen dem Wert reinen und jenem mit Spindelöl versetzten Dieselöls ausgehenden - Einwand (der Sache nach Z 5 zweiter Fall), das Erstgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Kriminalpolizei nach der Aussage des Wolfgang K***** gar keine Ermittlungen in Richtung der Feststellung der Preisdifferenz zwischen Diesel und Spindelöl vorgenommen habe und sei auch auf die Aussage dieses Zeugen, wonach die Preisdifferenz bei ca 100 Euro pro Lieferung gelegen sei, nicht eingegangen, obwohl diese Angaben im Widerspruch zur Urteilsannahme eines Schadens von 14.000 Euro pro Tankzuglieferung stehe, wird eine erhebliche Tatsache gar nicht angesprochen.

Der Beschwerdeführer verkennt nämlich, dass ein Schaden in voller Höhe der (vereinbarten) irrtumsbedingten Leistung dann eintritt, wenn das als Gegenleistung Erhaltene (wie hier mit Spindelöl versetzter Diesel) generell wirtschaftlich wertlos oder aber unter Beachtung opferbezogener Faktoren auf zumutbare Weise nicht verwertbar und daher objektiv betrachtet für den Bezieher wertlos ist, wobei zudem der Umstand, dass die Sache für das Opfer individuell nicht nützlich ist, vom Vorsatz des Täters umfasst sein muss (Kirchbacher/Presslauer § 146 [2006] Rz 80 ff mwN; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 146 Rz 175 ff; SSt 58/7).

Vorliegend gingen die Tatrichter - insoweit vom Beschwerdeführer ignoriert - davon aus, dass durch die Beigabe von Spindelöl verfälschter Diesel aufgrund der dadurch verminderten Qualität des Treibstoffs und dessen Schädlichkeit für die damit betriebenen Kraftfahrzeugmotoren generell wirtschaftlich wertlos ist und die eigentlichen Abnehmer sowie die Endverbraucher den Treibstoff in Kenntnis der Manipulationen nicht gekauft hätten, womit die Angeklagten ernstlich rechneten und sich abfanden (US 18 f). Demgemäß waren sie nicht dazu verhalten, auf Aussagen einzugehen, die ausschließlich für die Berechnung eines Differenzschadens von Bedeutung wären.

Die Beschwerdebehauptung „das Urteil hätte ... dem Angeklagten Ostermann allenfalls ein Zehntel der" (gemeint dem Mitangeklagten H***** angelasteten) „Gesamtschadensumme von Euro 117.070, das sind Euro 11.707,00 anlasten dürfen", ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er „nur einer von zehn Fahrern war", nicht nachvollziehbar. Der Rechtsmittelwerber übergeht zudem ein weiteres Mal die Urteilsannahmen, wonach dem Angeklagten nicht nur von Andreas H*****, sondern auch vom zwischenzeitig verstorbenen, früher abgesondert verfolgten Franz S***** entsprechende Aufträge erteilt wurden, die er in der Folge ausführte (US 3, 9). Im Übrigen wurde dem Angeklagten H***** die Verursachung eines Schadens in „zumindest" der genannten Höhe angelastet, wobei sich dieser ebenfalls aus den gesamten Rechnungssummen für die Lieferungen, die aufgrund von ihm erteilten Aufträgen erfolgten, ergibt (S 341/II).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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