OGH 14Os72/03

OGH14Os72/0321.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Philipp, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Georg B***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 (§ 161 Abs 1) StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3. Juni 2002, GZ 5 Hv 20/02m-90, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georg B***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 (§ 161 Abs 1) StGB (B. II) sowie der Vergehen nach § 122 Abs 2 Z 1 GmbHG (A.), der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 und Abs 5 Z 3 und Z 4 (§ 161 Abs 1) StGB (B. I) und der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 (Abs 1) (§ 161 Abs 1) StGB (B. III) schuldig erkannt.

Danach hat er in Graz

A. am 14. September 1993 als Geschäftsführer in der zum Zweck der Eintragung der B***** Handels GesmbH nach § 10 Abs 3 GmbHG abzugebenden Erklärung falsche Angaben gemacht, indem er bei der Anmeldung der Gesellschaft gegenüber dem Firmenbuch wahrheitswidrig bestätigte, dass die bar zu leistenden Stammeinlagen eingezahlt sind und sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden;

B. als Geschäftsführer der S***** Handels GesmbH, somit als leitender Angestellter einer juristischen Person (§§ 161 Abs 1, 309 Abs 2 StGB),

I) zwischen Jahresanfang und April 1996 in Kenntnis oder fahrlässiger

Unkenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines ihrer Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er entgegen Grundsätzen des ordentlichen Wirtschaftens nach dem Verkauf des einzigen gewinnbringenden Lokals durch die Weiterführung des Unternehmens mit den nicht gewinnbringenden Lokalitäten übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der S***** Handels GesmbH in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb und eine zeitnahe Buchführung und Unternehmensplanung für die angespannte wirtschaftliche Lage des Unternehmens und damit geeignete und erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihm einen zeitnahen Überblick über seine wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verschafft hätten, unterließ,

II) deren Vermögen um 651.870,85 S (47.373,30 EUR) verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er Schuldner der Gesellschaft zu Zahlungen von 645.956 S (46.943,45 EUR) am 12. April 1996, von 67.000 S (4.869,08 EUR) am 22. Juni 1996 und von 61.341 S (4.458,26 EUR) am 3. Juli 1996 auf sein Privatkonto veranlasste und mit diesen Geldern lediglich Verbindlichkeiten des Unternehmens in der Höhe von 122.432,15 S (8.897,49 EUR) tilgte, während er den Restbetrag rechtsgrundlos anderweitig verwendete und in der Folge dem Unternehmen auch nicht refundierte, sowie

III) am 31. Dezember 1997 nach Eintritt ihrer Zahlungsunfähigkeit Gläubiger der "L***** GmbH" und "D***** K***** GmbH" durch die Bezahlung der Schulden begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus Z 4, 5, 5a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zum Schuldspruch A. zuwider wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung (S 20/VI iVm ON 72a) wiederholten Beweisantrages auf Vernehmung des Zeugen Ing. Siegfried B***** und Beischaffung der Akten 2 C 4003/94t des Bezirksgerichtes Judenburg zum Beweis dafür, dass die bar zu leistenden Stammeinlagen zur Gänze einbezahlt und (großteils) vor der inkriminierten Falscherklärung vom 14. September 1993 wieder für "Verpflichtungen" der Firma B***** und S***** Handels GesmbH verwendet wurden, in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Denn für die Verantwortlichkeit des Angeklagten nach § 122 Abs 2 Z 1 (iVm § 10 Abs 3) GmbHG ist nur entscheidend, ob die Erklärung über die eingezahlte Stammeinlage zum Zeitpunkt ihres Einlangens beim Registergericht in Bezug auf eine nicht eingeschränkte Verfügungsmacht des Geschäftsführers den Tatsachen entsprach (Leukauf/Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze2 Anm 1 b und Mayerhofer, Nebenstrafrecht4 E 2b je zu § 122 GmbHG). An der Unrichtigkeit der vom Beschwerdeführer abgegebenen Erklärung vermag somit auch die behauptete Verwendung des zuvor abgehobenen Geldbetrages für Firmenzwecke nichts zu ändern.

Der die Abweisung des in der Hauptverhandlung (S 20/VI iVm ON 85) wiederholten Antrags auf Vernehmung des Zeugen Siegfried P***** und auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiete des Gastgewerbes kritisierenden Verfahrensrüge (Z 4) zum Schuldspruch B. I muss der Erfolg deshalb versagt bleiben, weil es dafür schon an der Grundlage eines formal einwandfreien Beweisantrages fehlt. Dieser hätte zu seiner Überprüfbarkeit durch die Erkenntnisrichter dartun müssen, inwieweit das vom Antragsteller erwartete Ergebnis, dass es sich nämlich bei der "Unternehmensphilosophie" der Firma S***** Handels GesmbH um eine äußerst lukrative gehandelt habe, für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung hätte sein sollen, was sich für das Gericht angesichts des Vorwurfs, der Angeklagte habe den Deliktserfolg durch übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand bzw durch mangelhafte Buchführung und Unternehmensplanung herbeigeführt, nicht ohne weiteres ergeben hat (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 327 ff). In der Beschwerde nachgeschobene, aus den Ausführungen des Sachverständigen Mag. G***** und der eigenen Verantwortung des Angeklagten abgeleitete zusätzliche Ausführungen sind, weil sie als Überprüfungsbasis für die Eignung des Beweisantrages dem Erkenntnisgericht nicht mehr dienen können, unbeachtlich (Ratz aaO Rz 325).

Die Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch B. I behauptet zunächst unzureichende Begründung der Feststellung, die Mietzahlungen des Zeugen Mag. Goran G***** für das Lokal "Pizzeria D*****" im Betrag von 645.965 S, ein weiterer Betrag von 67.000 S und eine Zahlung des Finanzamtes von 61.341 S seien auf das Privatkonto des Angeklagten bei der R***** gelangt (US 16, 21). Dazu verweist sie auf die Aussage des Günther S***** sowie auf die vorgelegte Kontoverdichtung (Beilage ./11 in ON 85), aus der hervorgehe, dass dieses Konto die Bezeichnung "S*****" bzw "Georg B*****" aufweise. Schließlich räumt sie jedoch selbst zutreffend ein, dass nicht die Kontobezeichnung, sondern die Mittelverwendung verfahrensrelevant ist. Sie übersieht dabei auch die ausreichende Begründung der Erkenntnisrichter zur kritisierten Feststellung (US 31) und bekämpft bloß unzulässigerweise die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung. Mit ihrem Vorwurf, das Erstgericht hätte die Finanzierung über Bierlieferverträge - dem Sachverständigen folgend - nicht als "Fremdfinanzierung" qualifizieren dürfen (US 16), macht die Beschwerde keinen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt geltend. Die sonstigen unter dem Titel "unvollständiger Urteilsbegründung" zum Schuldspruch B. I unter Verweis auf die als nicht glaubhaft beurteilte Verantwortung (US 31 ff) vorgebrachten Einwände verfehlen als unzulässige Anfechtung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung erneut die dem Gesetz gemäße Ausführung des geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgrundes.

Der weiteren Mängelrüge (der Sache nach den Schuldspruch B. II betreffend) zuwider hat das Schöffengericht die entscheidende Feststellung, der Angeklagte habe den Betrag von 651.870,85 S nicht der S***** Handels GesmbH zugeführt, sondern anderweitig verwendet (Schuldspruch B. II), zureichend, logisch und empirisch einwandfrei begründet (US 30 ff, s insbesondere US 36 f). Es setzte sich dabei - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch mit den Aussagen der Zeugen Dr. Annemarie S*****, Mag. Gabriela K***** und Günther S***** sowie mit den vom Angeklagten vorgelegten Urkunden der Vorschrift des § 270 Abs 2 Z 5 StPO entsprechend auseinander (US 34 ff). Demgegenüber führt die Mängelrüge keine konkreten angeblich unberücksichtigt gebliebenen Ergebnisse dieser Beweise an und lässt solcherart von vornherein die prozessordnungsgemäße Darstellung des relevierten Nichtigkeitsgrundes vermissen (§ 285a Z 2 StPO).

Mit der (jeweils zu den Schuldsprüchen B. I und B. III erfolgten) Behauptung der Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) von Feststellungen verkennt der Rechtsmittelwerber das Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes, der nur dann vorliegt, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (vgl Ratz WK-StPO § 281 Rz 467 f), nicht jedoch, wenn beweiswürdigend mit diesem Inhalt nicht im Einklang stehende Urteilsfeststellungen getroffen wurden.

In seinen zu den Schuldsprüchen B. I und B. II (zwar getrennt, aber überwiegend wortgleich, der Sache nach B. II betreffend) gemachten weitwendigen Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a) versucht der Beschwerdeführer erneut seiner Verantwortung, zum Durchbruch zu verhelfen, er habe den tataktuellen Betrag von 651.870,85 S nicht anderweitig, sondern zur Tilgung von Schulden der S***** Handels GesmbH verwendet, zu denen "die Firma B***** zur Zahlung herangezogen worden ist, welche im Innenverhältnis tatsächlich die Firma S***** betroffen haben" (BS 13). Bei Prüfung der Aktenlage an Hand seines Vorbringens ergeben sich daraus jedoch für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der von den Erkenntnisrichtern - in ausführlicher Auseinandersetzung mit dieser durch subjektive und objektive Beweise für widerlegt erachteten Einlassung des Angeklagten (US 30 ff) - getroffenen entscheidenden Feststellungen.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge (Z 9 lit b) zum Schuldspruch A. unter Bezugnahme auf eine nicht näher referierte, am 14. Jänner 1999 bei der Staatsanwaltschaft eingelangte Sachverhaltsdarstellung des Dr. Rainer B***** "vorsichtshalber vermeint", es sei Verjährung eingetreten, erklärt er nicht, warum die ab 1996 begangenen Straftaten trotz § 58 Abs 2 StGB keine Hemmung der Verjährungsfrist bewirkt haben sollten. Er bringt damit den materiellen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators, jedoch entgegen einer dazu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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