OGH 14Os70/23k

OGH14Os70/23k6.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Maringer in der Strafsache gegen *B* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 12. April 2023, GZ 43 Hv 88/22z‑52.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00070.23K.0906.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Amtsdelikte/Korruption

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit hier relevant – * B* und * Ba* von der wider sie erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, sie hätten im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 28. Oktober 2022 in der Justizanstalt * den Justizwachebeamten * R* mit den im Urteil angeführten Äußerungen dazu zu bestimmen versucht, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, durch ein Absehen von der Dokumentation der zum verbotenen Besitz eines Mobiltelefons und eines USB‑Sticks geständigen Verantwortung des Ba* und durch Abänderung seines Amtsvermerks in Richtung eines verbotenen Besitzes dieser Gegenstände durch B* „wissentlich“ und mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihren Rechten auf „wahrheitsgemäße aktenmäßige Dokumentation dienstlicher Wahrnehmungen und gesetzeskonforme Durchführung des Ordnungsstrafverfahrens wegen § 107 Abs 1 Z 5 bzw Z 10 StVG“ zu schädigen (vgl aber RIS-Justiz RS0096270 [T10, T12, T14]; zum möglichen Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes im gegebenen Zusammenhang 14 Os 19/23k), zu missbrauchen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt.

[3] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) strebt – abweichend von der Anklage – einen Schuldspruch der Angeklagten B* und Ba* wegen des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 293 Abs 1 erster Fall StGB an.

[4] Die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen bilden den Bezugspunkt von Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 9 und 10; RIS-Justiz RS0099810). Nur hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen ein freisprechendes Urteil keine (positiven oder negativen) Konstatierungen enthält, ist unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen (vgl RIS‑Justiz RS0127315, RS0118580 [insbesondere T14, T24]).

[5] Diesen Anforderungen wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schon deshalb nicht gerecht, weil sie sich bei ihrer Forderung nach Konstatierungen zur subjektiven Tatseite des § 293 Abs 1 StGB nur auf die in der Hauptverhandlung verlesenen Vollzugsinformationen über die Angeklagten (ON 2.4 bis 2.6) bezieht, die nach dem Beschwerdestandpunkt deren „Erfahrung mit Ordnungsstrafverfahren“, demnach allenfalls einen deliktsspezifischen Gebrauchsvorsatz, indizieren, im Übrigen aber bloß auf Urteilsfeststellungen und damit nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse rekurriert (vgl zu den weiteren Vorsatzerfordernissen des § 293 Abs 1 StGB Plöchl in WK² StGB § 293 Rz 30).

[6] Darüber hinaus lässt derEinwand des Fehlens von Feststellungen zum Vorsatz der Angeklagten, R* zur Herstellung einer tatsachenwidrigen (offenbar elektronischen [vgl insbesondere US 22]) Dokumentation „ihrer ihm gegenüber getätigten Aussagen“ zu veranlassen, außer Acht, dass sie nach dem Urteilssachverhalt der „Auffassung“ waren, den gemeldeten Sachverhalt (verbotenen Besitz von Gegenständen) nicht verwirklicht zu haben, ihre ursprüngliche Verantwortung änderten und diese daher nunmehr entsprechend dokumentiert haben wollten (US 21), ihr Vorsatz also gerade nicht auf die unrichtige Wiedergabe ihrer Verantwortung in einem Amtsvermerk gerichtet war (vgl auch US 9).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen.

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