OGH 14Os69/89

OGH14Os69/896.9.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.September 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Maurer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franziska C*** wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 und § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. November 1988, GZ 3 a Vr 4.204/86-79, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, der Angeklagten und der Verteidigerin Dr. Stöhr zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung des Betruges (I bis III des Urteilssatzes) nach § 147 Abs 2 StGB und der Veruntreuung (IV) nach § 133 Abs 2 erster Fall StGB, demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Franziska C*** wird für die ihr nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch zur Last liegenden Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und § 15 StGB (I bis III), der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB (IV) und der Entziehung von Energie nach § 132 Abs 1 StGB (V) gemäß §§ 28 Abs 1, 147 Abs 1 StGB zu 7 (sieben) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihr die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Franziska C*** wurde der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 und § 15 StGB (I bis III des Urteilsspruches), der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (IV) und der Entziehung von Energie nach § 132 Abs 1 StGB (V) schuldig erkannt. Als Betrug liegt ihr zur Last, in den Jahren 1983 bis 1985 in Wien in wiederholten Angriffen Angestellte von Versandhäusern durch Täuschung über ihren Zahlungswillen, zum Teil auch unter Benützung falscher Urkunden, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, zu Lieferungen verleitet (I und II) oder zu verleiten versucht (III) zu haben, wodurch diese Versandhäuser an ihrem Vermögen einen Schaden von 23.679 S erleiden sollten (und von 22.557 S auch tatsächlich erlitten haben), und zwar unter anderem am 11.September 1983 Angestellte der Firma R*** Internationaler Modenversand mittels eines mit der nachgemachten Unterschrift ihrer Freundin Helga P*** versehenen Bestellscheines zur Lieferung von sieben Pullis, einer Jacke und eines Paletots im Wert von zusammen 6.174 S (I/1/b) und am 16.Oktober 1983 Angestellte der Firma K*** Waren Versand GesmbH zur Lieferung eines Schreibtisches und eines Schubladenschrankes im Wert von zusammen 3.504 S (I/2).

Überdies wird ihr angelastet, in Wien im September 1983 einen im Postweg zugestellten, zur Weitergabe an Helga P*** anvertrauten Geldbetrag von 9.000 S sich mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern (IV) und in der Zeit vom 21. Mai 1985 bis 24.Februar 1987 mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, elektrische Energie im Wert von mindestens 3.000 S laufend aus einer der Zuführung solcher Energie dienenden Anlage entzogen zu haben (V).

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte eine auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, die jedoch unbegründet ist. Der Beschwerdeeinwand (Z 5), daß die unter I/1/b angeführten Kleidungsstücke der Größe 44 ebensogut für die zur Zeit der Hauptverhandlung allerdings Größe 38 aufweisende Helga P*** wie für die derzeit Größe 52 tragende Angeklagte bestimmt gewesen sein könnten und daher die Annahme des Erstgerichtes willkürlich sei, derzufolge wohl die Angeklagte, niemals jedoch die Zeugin P*** Größe 44 gehabt haben könnte, geht nicht von der gesamten Begründung dieser Urteilsannahme aus, die das Erstgericht vor allem auf seine unmittelbare Wahrnehmung der Figuren der beiden Frauen in der Hauptverhandlung sowie auf die Angaben der Zeugin P*** gestützt hat (US 10 iVm der Aussage der Zeugin S 128, 270 und 420). Zudem übergeht die Beschwerdeführerin ihre eigenen Angaben, wonach sie früher weitaus schlanker war (S 130; vgl. auch ihre Gewichtsangabe S 323 mit S 47, 95 und 111 des angeschlossenen Vorstrafaktes 1 a E Vr 1.227/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien). Der weitere Vorwurf (Z 5), daß die zu Lasten der Angeklagten getroffenen Feststellungen zum Vergehen der Veruntreuung (IV) mit der Aussage des Zeugen Kurt C*** über die von ihm beobachtete Übergabe von Geldbeträgen seitens der Angeklagten an Helga P*** (S 423 und 425) nur zum Scheine begründet sei, stellt keine Auseinandersetzung mit den tatsächlich vom Schöffensenat verwendeten Argumenten (US 11/12) dar. Das Erstgericht hat die betreffenden Feststellungen mit der Aussage der Zeugin P*** - nicht mit jener des Zeugen Kurt C***, die es als unglaubwürdigen Unterstützungsversuch wertete - begründet und es lediglich als denkbar bezeichnet, daß Kurt C*** die Übergabe eines anderen Geldbetrags beobachtet haben könnte, zumal Helga P*** mehrfach Geld in dieser Form überwiesen erhalten hatte.

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider ist die von der Beschwerdeführerin vermißte Feststellung des Rechtstitels, aus welchem der Zeugin Helga P*** der Betrag von 9.000 S zusteht, für die rechtliche Unterstellung der Tat (IV) oder für die Anwendung eines bestimmten Strafsatzes unmaßgeblich. Für die Tatbestandsmäßigkeit nach § 133 StGB ist nur entscheidend, daß der für Helga P*** übernommene Geldbetrag wirtschaftlich nicht im Vermögen der Angeklagten stand, für sie sohin fremdes Gut darstellte (Mayerhofer-Rieder3, § 133 StGB, E 7), das ihr anvertraut, also auf Grund eines Rechtsgeschäftes oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses mit der Verpflichtung überlassen worden war, die übertragene Verfügungsgewalt entsprechend einer vereinbarten Rückstellungs- oder Verwendungspflicht im Sinne des Gewaltgebers zu gebrauchen (E 15 aaO). Ob Helga P*** durch eine nochmalige Überweisung eines Betrages von 9.000 S durch den Absender (Harald F***) schadlos gehalten und dieser nunmehr bei der Angeklagten Regreß nehmen könnte ("... daher der Betrag nur mehr Herrn F*** zusteht ..."), ist belanglos und kann als allfällige Schadensgutmachung durch einen Dritten dahingestellt bleiben. Ebensowenig kommt es - dem weiteren, der Sache nach schon im Rahmen der Mängelrüge erhobenen Beschwerdeeinwand (Z 9 lit b) zuwider - darauf an, ob die Gutmachung des im Betrugsfaktum I/2 herbeigeführten Schadens vor Erhebung der Anklage erfolgt ist. Um Strafaufhebung infolge tätiger Reue zu bewirken, müßte die freiwillige und vollständige Schadensgutmachung vorgenommen worden sein, bevor die zur Strafverfolgung berufene Behörde in dieser ihrer Eigenschaft vom Verschulden der Angeklagten erfahren hatte (§ 167 Abs 2 iVm § 151 Abs 3 StGB). Der demnach maßgebliche Zeitpunkt war nach der Aktenlage die gerichtliche Einvernahme eines Vertreters der geschädigten Firma am 19.Dezember 1986 (ON 12, S 86, 87, 113 und 115). Nach der Annahme des Erstgerichtes (US 8 iVm ON 28) war jedoch jedenfalls bis 25.Mai 1987 weder vollständige Schadensgutmachung geleistet noch eine hierüber abgeschlossene Ratenvereinbarung eingehalten worden.

Das Urteilsfaktum V (Entziehung von Energie) war der Behörde seit einem Funkstreifeneinsatz vom 24.Februar 1987 bekannt (S 237). Daß bereits zu diesem Zeitpunkt eine (in der Folge auch eingehaltene) vertragliche Verpflichtung der Angeklagten zur vollständigen Schadensgutmachung binnen bestimmter Zeit vorlag, ist durch die Aktenlage nicht indiziert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher zu verwerfen.

An einer in der Beschwerde nicht aufgezeigten, jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden materiellen Nichtigkeit leidet das Urteil allerdings insoweit, als beim Betrug (I bis III) die Qualifikation nach § 147 Abs 2 StGB und bei der Veruntreuung (IV) die erste Qualifikation des § 133 Abs 2 StGB angenommen wurden. Bei Urteilsfällung am 23.November 1988 war die mit 1.März 1988 in Kraft getretene Erhöhung der in den Bestimmungen des sechsten Abschnittes des Besonderen Teiles des StGB für die Beurteilung von Vermögensstraftaten maßgebenden Beträge von 5.000 S auf 25.000 S (Art. I Z 15 StRÄG 1987) zu beachten, weil die zu den Tatzeiten in Geltung gestandenen Gesetze in ihrer Gesamtauswirkung für die Angeklagte nicht günstiger waren (Art. XX Abs 1 StRÄG 1987; §§ 1, 61 StGB). Da weder die Gesamthöhe des Betrugsschadens noch der veruntreute Geldbetrag die auf 25.000 S erhöhte Wertgrenze überschreiten, waren die Betrügereien lediglich nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, § 15 StGB und die Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB zu beurteilen, die verfehlten Qualifikationsaussprüche somit aus dem Ersturteil zu eliminieren, was auch die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge hatte.

Bei der damit notwendig gewordenen Strafneubemessung waren die einschlägigen Vorstrafen (§ 39 StGB), die Wiederholung der Betrügereien während längerer Zeit und das Zusammentreffen mehrerer Vergehen verschiedener Art erschwerend; das Teilgeständnis, die teilweise Schadensgutmachung und daß es in einem Betrugsfall beim Versuch geblieben ist, wurden hingegen als mildernd gewertet. Unter Berücksichtigung des höheren Schadens (§ 32 Abs 3 StGB) beim Betrug erschien eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten, die allerdings wegen des belasteten Vorlebens der Angeklagten und ihrer durch mehrere Jahre fortgesetzten Vermögensdelinquenz auch nicht mehr bloß zum Teil bedingt nachgesehen werden konnte, der unrechtsbezogenen Täterschuld (§ 32 StGB) angemessen.

Auf diese Strafentscheidung war die Angeklagte mit ihrer Berufung zu verweisen.

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