OGH 14Os62/15x

OGH14Os62/15x4.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. August 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zonsics als Schriftführer in der Strafsache gegen Zivorad V***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Zivorad V***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. April 2015, GZ 161 Hv 17/15y‑119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00062.15X.0804.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Zivorad V***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑ Zivorad V***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I) sowie mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III/2) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

(I) am 23. Juli 2014 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) Stefan K***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung von Waffen fremde bewegliche Sachen, nämlich etwa 1.400 Euro Bargeld und ein Mobiltelefon, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem die Täter durch die von Sanela M***** geöffnete Wohnungstür in die Wohnung von Stefan K***** eindrangen, diesen zu Boden drückten und würgten, ihn mit einer Pistole und einem Messer bedrohten und äußerten: „Ich bring dich um, wenn du mir nicht sagst, wo dein Geld ist“, ihm einen Schlag mit der Pistole gegen die Stirn sowie mehrere Faustschläge gegen das Gesicht versetzten, wodurch dieser eine Rissquetschwunde an der Stirn und mehrere Prellungen im Gesicht erlitt, sodann seine Wohnung durchsuchten und die genannten Gegenstände an sich nahmen;

(III/2) Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, unterdrückt, und zwar

A) am 2. Dezember 2009 einen Meldezettel lautend auf Klaudija R*****;

B) im Juni 2010 das behördliche Kennzeichen eines auf Walter L***** zugelassenen Kfz.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zivorad V***** ist nicht im Recht.

Tatsachenfeststellungen sind nur insoweit mit Mängelrüge anfechtbar, als sie für die Schuld‑ oder die Subsumtionsfrage entscheidend sind (RIS‑Justiz RS0117499). Dies ist bei der von der Mängelrüge als unbegründet (Z 5 vierter Fall) kritisierten Konstatierung zum Schuldspruch I, der Beschwerdeführer habe (unter anderem) mit dem unbekannt gebliebenen Mittäter einen Tatplan über den Raub geschmiedet und diesen in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken ausgeführt (US 6 f), nicht der Fall. Der Beschwerdeansicht zuwider setzt nämlich die Subsumtion auch nach § 143 zweiter Fall StGB fallbezogen die Zurechnung der Beiträge des unbekannten Mittäters nicht voraus (vgl Fuchs AT I 8 33/13; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 26), weil nach dem weiteren Urteilssachverhalt der Beschwerdeführer das gesamte Tatbild selbst erfüllt, insbesondere im Verlauf des Tatgeschehens das Opfer auch mit einem Küchenmesser, also einer Waffe, bedroht hatte (US 7 und 12).

Als unbegründet erachtet die Mängelrüge auch die zum Schuldspruch III/2/A getroffene Feststellung zum Gebrauchsverhinderungsvorsatz des Beschwerdeführers (US 8). Dass die Tatrichter diesen aus dem „objektiven Tatgeschehen“ abgeleitet haben (US 13), begegnet unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken; ein solcher Schluss ist bei (wie hier) leugnenden Angeklagten methodisch in der Regel auch nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0116882).

Nominell im Rahmen der zum Schuldspruch I ausgeführten Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10, weil lediglich die Subsumtion nach § 143 zweiter Fall StGB kritisiert wird) vermisst der Beschwerdeführer Feststellungen zu einem bewussten und gewollten Zusammenwirken der Mittäter. Er erklärt indes nicht, weshalb dies in Anbetracht der Konstatierungen zu seinem (auch das Tatbild des § 143 zweiter Fall StGB erfüllenden) Verhalten erforderlich gewesen wäre.

Die Rechtsrüge zum Schuldspruch III/2/A und B wiederum legt nicht im Einzelnen dar, warum die zum Gebrauchsverhinderungsvorsatz getroffenen Feststellungen (der Beschwerdeführer habe gewusst, dass der jeweils Berechtigte die Urkunden „nicht im Rechtsverkehr zum Beweis“ näher bezeichneter Tatsachen „verwenden konnte“ US 8 f) den Schuldspruch nach § 229 StGB nicht tragen sollten (RIS‑Justiz RS0099620; vgl im Übrigen RS0088886, RS0088835 T4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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