Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das in der Verurteilung des Friedrich W***** und im Schuldspruch des Werner P***** wegen der zu I genannten Tat unberührt bleibt, in Ansehung dieses Angeklagten im Schuldspruch zu II sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurückverwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung des Friedrich W***** werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Friedrich W***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Werner P***** und Friedrich W***** wurden des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 3 StGB (I), P***** darüber hinaus des Verbrechens des "gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls nach den §§ 127, 129 Z 3, 130 2. Fall StGB" (II) schuldig erkannt.
Danach haben mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz im Zusammenwirken mit zwei "abgesondert zu verfolgenden" Jugendlichen in Wien Gewahrsamsträgern durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung weggenommen
I. Werner P***** und Friedrich W*****am 11. Juni 2000 "63 S Bargeld aus 11 Zeitungskassen";
II. Werner P***** zwischen 5. und 7. Juni 2000 in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, insgesamt fünf Mopeds durch Aufbrechen der Schlösser.
Rechtliche Beurteilung
Die von Friedrich W***** aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Der als übergangen (Z 4) reklamierte Antrag auf ,Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht zurechnungsfähig gewesen ist und die Voraussetzungen des § 11 StGB vorliegen", ließ nicht erkennen, welche tatsächlichen Umstände es einem Sachverständigen erlauben könnten, zu den für einen solchen rechtlichen Schluss erforderlichen Sachverhaltsannahmen zu gelangen. Aus der Entlassungsdiagnose des als Blg I zum Hauptverhandlungsprotokoll erliegenden Arztbriefes (,Reaktiver Erregungszustand, unreife Persönlichkeit, st.p. Drogenabusus") ergibt sich in dieser Richtung jedenfalls keinerlei Hinweis, während nachträgliches Vorbringen im Rechtsmittel unbeachtlich ist. Die - rechtlich verfehlt - auf § 252 Abs 2 StPO gestützte Verlesung des in einem anderen Verfahren erstatteten psychiatrischen Gutachtens hat als ungerügt auf sich zu beruhen (§§ 281 Abs 1 Z 3 [§ 252 Abs 1], 290 Abs 1 zweiter Satz StPO). Die damit zu Unrecht als undeutlich (Z 5) kritisierte Erwägung, W***** sei "erst kurz vor dem gegenständlichen Vorfall aus dem Spital entlassen worden", wird in den Entscheidungsgründen gar nicht angestellt, vielmehr nur betont, dieser habe sich "auch kurz vor dem Vorfall in der psychiatrischen Abteilung des Kaiser-Franz-Josef-Spitals in stationärer Behandlung" befunden. Tatsächlich war er auch im Tatzeitpunkt noch keineswegs entlassen, kehrte vielmehr von einem für den 11. Juni 2000 genehmigten Ausgang nicht zurück. Mit dem Einfluss von Medikamenten haben sich die Tatrichter gar wohl befasst (US 11). Das weitere Vorbringen der Mängelrüge aber stellt nur einen unzulässigen Angriff auf deren Beweiswürdigung dar.
Welche Feststellungen über den "genauen Geisteszustand des Angeklagten zum Tatzeitpunkt" die Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach lit b) vermisst, ist ihr prozessordnungswidrig (§ 285a Z 2 StPO) nicht zu entnehmen.
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nicht öffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO. Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch von Amts wegen von der Nichtigkeit des gegen Werner P***** ergangenen Strafurteils überzeugt (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO; 11 Os 61/00).
Die für die Abgrenzung von Diebstahl (§ 127 StGB) und unbefugtem Gebrauch von Fahrzeugen (§ 136 Abs 1 und Abs 2 StGB) entscheidende Tatsache eines (bereits; vgl US 9) bei Sachwegnahme vorhandenen (überschießenden) Willens P*****s, sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, findet sich nämlich in den Entscheidungsgründen nicht. Die Erwähnung im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) vermag diese nur zu verdeutlichen, nicht zu ersetzen (zuletzt: 15 Os 58/00). Zirkulärer Gebrauch von verba legalia ("stehlen" ohne Sachverhaltsbezug) genügt ebensowenig. Dieser Rechtsfehler zwingt mangels tatsächlicher, die rechtliche Unterstellung der P***** zur Last gelegten Taten tragender Feststellungen zur Verfahrenserneuerung in erster Instanz (§§ 281 Abs 1 Z 10, 285e StPO).
Zieht man zur Verdeutlichung den Urteilsspruch heran, zeigt sich demgegenüber, dass die Tatrichter zu I in tatsächlicher Hinsicht von einem solchen Willen P*****s ausgingen. Zwar stellen die Entscheidungsgründe, was die Qualifikation dieses Diebstahls nach § 129 Z 3 StGB anlangt, auf die erst nach dem Gewahrsamsbruch erfolgte Entnahme des Geldes aus den zu diesem Zweck aufgebrochenen Kassen, statt auf die durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung erfolgte Entfernung der Kassen von den Verkaufsständern ab, obwohl nur derjenige einen durch Einbruch nach § 129 Z 1 bis 3 StGB qualifizierten Diebstahl begeht, der mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz einem anderen eine fremde bewegliche Sache wegnimmt (zum Begriff "wegnehmen" s Bertel in WK2 § 127 Rz 10), indem er (zumindest) iS einer dieser Alternativen vorgeht. Weil die tatsächlichen Urteilsfeststellungen die vorgenommene rechtliche Unterstellung (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) jedoch tragen, wird dadurch keine Urteilsnichtigkeit begründet.
Sollten die Tatrichter des zweiten Rechtsganges in Hinsicht auf die zu II bezeichneten Taten zu den für die rechtliche Annahme des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 3, 130 vierter Fall (s aber US 4) StGB erforderlichen Feststellungen gelangen, wäre zu beachten, dass - gemeinsame Aburteilung vorausgesetzt (vgl Ratz in WK2 § 29 Rz 1) - in diese Subsumtionseinheit (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) auch der bereits in Rechtskraft erwachsene Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) wegen der zu I genannten Tat aufzunehmen wäre (JBl 2000, 262 m Anm von Schmoller). Der missverständliche Hinweis, dass zwei Jugendliche als Mittäter (zu II) zu verfolgen sein werden, wird zu vermeiden sein.
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