Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteils wurden Paul M***** und Martin P***** des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil sie im Frühjahr 1999 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken (als Mittäter) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Erwin A***** durch die brieflichen Äußerungen, sie würden ihn als Mittäter der von ihnen verübten Straftaten nennen, sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe von insgesamt 140.000 S zu nötigen versuchten, die den Genannten in einem Betrag von 125.000 S am Vermögen schädigen sollte.
Diesen Schuldspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit getrennt ausgeführten, inhaltlich weitgehend übereinstimmenden, jeweils auf die Gründe der Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b, 10 sowie 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, die fehl gehen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen den Behauptungen der Mängelrügen (Z 5) ist dem Urteil (US 5 und 6) deutlich zu entnehmen, dass das Erstgericht die gefährliche Drohung im In-Aussicht-stellen der Preisgabe als Mittäter der von ihnen verübten Straftaten, wobei sie Erwin A***** "den Ernst der Lage vor Augen führten, wonach er Jahre zu erwarten hätte", erblickt, sowie aus welchen der von den Angeklagten verfassten Schreiben und Textstellen (ON 12) es dieses Mittel der Tatbegehung ableitete.
Nach Lage des Falles (Forderung des hohen Geldbetrages, wobei nur hinsichtlich eines kleinen Teiles ein Rechtsgrund bestand) genügt für die Begründung der subjektiven Tatseite der Hinweis auf die kriminellen Persönlichkeiten.
Die Verantwortung der Angeklagten, wonach sie der Meinung gewesen seien, durch das Verschweigen des Mittäters und den damit verbundenen Verlust eines Milderungsgrundes (sowie die dadurch bedingte längere Strafhaft) einen finanziellen Anspruch gegen Erwin A***** erworben zu haben, hat das Erstgericht lebensnah und nachvollziehbar als bloße Schutzbehauptung abgetan (US 11, 12).
Als nicht zielführend erweist sich auch der Einwand der Beschwerdeführer, der ihnen von Erwin A***** aus einer früheren Geschäftsbeziehung geschuldete Geldbetrag von insgesamt 30.000 S sei ohne nähere Begründung bei Ermittlung der beabsichtigten Vermögensschädigung nicht zur Gänze berücksichtigt worden, weil der insoweit gerügte Begründungsfehler weder für die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung ist.
Dass der Zweck der ersten (den Drohschreiben vorangegangenen) Briefe allein dem Erreichen einer Kontaktaufnahme mit A***** dienen sollte, ist ebenso irrelevant und daher nicht weiter erörterungsbedürftig wie die von den Angeklagten in ihrer Verantwortung eingeräumte hypothetische Möglichkeit, man hätte im Falle der grundsätzlichen Leistungsbereitschaft über die Höhe der Forderung noch reden und diese reduzieren können.
Der vom Angeklagten M***** erhobene, zum Teil unzutreffende Vorwurf von Aktenwidrigkeiten betrifft gleichfalls keine entscheidenden Tatumstände.
Ungeachtet dessen ist dem Beschwerdevorbringen entgegenzuhalten, dass das Erstgericht im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erwägungen ohnehin berücksichtigt hat, dass die Angeklagten im Verschweigen des Mittäters einen Nachteil bei der Strafbemessung erblickt haben (US 8). Dass ihre Einlassungen auf US 12 nicht neuerlich im vollen Umfang wiedergegeben wurden, stellt keinen Nichtigkeit bewirkenden Begründungsfehler dar.
Für das Vorliegen einer gefährlichen Drohung ist es belanglos, ob diese in dem Bedrohten tatsächlich Besorgnis erweckt hat (Leukauf/Steininger Komm3 § 74 RN 21), sodass den diesbezüglich abschwächenden Angaben des Tatopfers (US 10) keine entscheidende Bedeutung zukommt und die gegen die Würdigung dieser Aussage gerichtete Beschwerde des Angeklagten M***** auf sich beruhen kann.
Gleiches gilt für den vom Angeklagten P***** erhobenen Einwand der Aktenwidrigkeit in Bezug auf die zur Urheberschaft der Erpresserbriefe getroffenen Urteilsannahmen. Abgesehen davon, dass ein derartiges Begründungsgebrechen nur in der unrichtigen oder irreführend unvollständigen Wiedergabe eines Beweismittelinhaltes bestehen kann, was in der Beschwerde gar nicht behauptet wird, haben die Angeklagten nach dem Urteilsinhalt im Rahmen der von ihnen abgesprochenen Tatausführung die in Rede stehenden Schreiben gemeinsam verfasst (US 5 f), sodass es im Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB irrelevant ist, von welcher Hand sie letztlich geschrieben wurden.
Demzufolge liegt auch der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 10, mit der der Angeklagte P***** eine Verurteilung (bloß) als Beitragstäter anstrebt, nicht vor (Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 69).
Unter besonderer Hervorhebung ihrer insoweit leugnenden Verantwortung versuchen die Beschwerdeführer die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite in Zweifel zu ziehen; damit vermögen sie ebenso wenig erhebliche Bedenken (Z 5a) an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen, wie mit dem rechtlich irrelevanten Einwand, das Opfer habe sich nicht bedroht gefühlt.
Mit dem Hinweis auf den Einsatz eines rechtsstaatlichen Mittels, nämlich der Erstattung einer Anzeige, stellen die Rechtsrügen (Z 9 lit a) zu Unrecht das Vorliegen einer gefährlichen Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB in Abrede.
Denn das In-Aussicht-stellen einer Strafanzeige wegen der Begehung von Suchtgiftdelikten setzt den Betroffenen der Gefahr einer Verhaftung aus und stellt damit eine Bedrohung seiner Freiheit dar. Unter diesem Gesichtspunkt stellt daher die Drohung mit einer Strafanzeige der genannten Art ein geeignetes Mittel im Zusammenhang mit der Begehung einer Erpressung dar (Kienapfel BT II3 § 144 Rz 29; Eder-Rieder in WK2 § 144 Rz 12 und 14).
Dass die Verwirklichung des angedrohten Übels für den Bedrohten bei unbefangener Betrachtung der Situation mit Rücksicht auf seine persönliche Beschaffenheit durchaus vorstellbar war, bedarf keiner näheren Erörterung, zumal dessen Eintritt in der Folge tatsächlich erfolgt ist. Im Hinblick auf die aktenkundigen Tatumstände hat das Erstgericht die Eignung der gegenständlichen Drohung, begründete Besorgnis hervorzurufen - entgegen der Ansicht des Erstangeklagten M***** - irrtumsfrei bejaht. Bei der Argumentation, die drohende Gefahr der Haftstrafe habe A***** bereits durch seine Tat herbeigeführt, übersieht dieser Beschwerdeführer, dass die Angeklagten es waren, die in ihren Drohbriefen behaupteten, das (Haft-)Übel durch Initiierung des Strafverfahrens verwirklichen zu können.
Das Erstgericht hat auch alle zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Nötigungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz) getroffen (US 5, 11).
Mit der Behauptung, das erkennende Schöffengericht hätte den beiden Angeklagten einen den Bereicherungsvorsatz ausschließenden Tatbildirrtum über den Bestand eines Anspruches im geforderten Ausmaß zubilligen müssen, wenden sich die beiden Beschwerdeführer in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, das den diesbezüglichen Verantwortungen keinen Glauben geschenkt und sie als Schutzbehauptung abgelehnt hat (US 11).
Soweit beide Beschwerdeführer den Rechtfertigungsgrund nach § 144 Abs 2 StGB für sich in Anspruch nehmen (Z 9 lit b), weil sie mit ihren Drohbriefen bloß eine Betreuung und Unterstützung in der Strafhaft, verbunden mit der Übergabe kleinerer Geldbeträge, erreichen wollten, orientieren sie sich nicht am Urteilssachverhalt und bringen damit den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung.
Entgegen der Ansicht des Angeklagten M***** hat das Schöffengericht bei Begründung der Annahme, dass den Angeklagten "klar war, dass durch ihre Vorgangsweise eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung erfüllt wird", ohnehin die einen Rechtsirrtum einwendenden Verantwortungen berücksichtigt, wonach sie sich mit den einschlägigen Strafbestimmungen befasst und eine einschlägige Kommentarstelle missverstanden haben (US 11), sodass von einem Feststellungsmangel keine Rede sein kann.
Weshalb die vorliegende Tat ausgehend vom festgestellten Rechtsanspruch auf Zahlung eines Betrages von (allenfalls zweimal) 15.000 S als (versuchte) Nötigung zu qualifizieren wäre (Z 10), wird von den Rechtsmittelwerbern nicht näher dargetan, der Nichtigkeitsgrund sohin nicht deutlich und bestimmt bezeichnet.
Mit dem Einwand (Z 11), die Nichtanwendung des § 43 Abs 1 StGB sei nicht ausreichend begründet, werden die Strafzumessungsrügen nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil eine rechtsirrige Beurteilung von Strafzumessungstatsachen oder die Heranziehung von Kriterien, die der Vorschrift des § 43 StGB in unvertretbarer Weise widersprechen würden, gar nicht behauptet werden.
Soweit die Beschwerdeführer die Berücksichtigung weiterer Milderungsgründe und die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung verlangen, reklamieren sie bloß Berufungsgründe, ohne damit eine gesetzwidrige Strafzumessung aufzuzeigen.
Die unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten (zu ergänzen: nach § 144 Abs 1 StGB) zu unbedingten Freiheitsstrafen und zwar
Paul M***** zu 24 Monaten Freiheitsstrafe,
Martin P***** zu 18 Monaten Freiheitsstrafe.
Dabei wertete es bei beiden Angeklagten erschwerend, dass die Tat unter Einsatz von hoher krimineller Energie aus der Haft heraus geplant und durchgeführt werden sollte und die einschlägigen Vorstrafen, mildernd berücksichtigte es hingegen, dass die Tat beim Versuch blieb.
Auch den von den Angeklagten gegen diesen Strafausspruch erhobenen Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Das Schöffengericht hat entsprechend der unterschiedlich schweren Belastung der Berufungswerber durch einschlägige Vorstrafen und der ungleichen Intensität ihrer Beteiligung an der Straftat Sanktionen ausgesprochen, die auch der Tatsache gerecht werden, dass das Erpressungsopfer tatsächlich jene Straftaten verübt hatte, deren Anzeige angedroht (und nach dem Fehlschlagen des Erpressungsversuches auch erstattet) wurde.
Der im jeweils schwer getrübten Vorleben der Angeklagten sichtbar gewordene Hang zu Vermögensdelinquenz steht der auch nur teilweisen bedingten Nachsicht der Freiheitsstrafe entgegen.
Der Oberste Gerichtshof sah sich daher weder zur Herabsetzung noch zur (teilweisen) Nachsicht der Freiheitsstrafen bestimmt.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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