OGH 14Os56/22z

OGH14Os56/22z28.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M.sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Marko, BA, BA, in der Strafsache gegen * C* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * C* sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 8. Februar 2022, GZ 19 Hv 31/19s‑132, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00056.22Z.0628.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten * C* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Relevanz – * C* je einesVerbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1.a.), nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1.b.) und nach § 28a Abs 1 dritter Fall SMG (3.a.) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in V* und an anderen Orten Österreichs

1. von 2012 bis Mai 2019 Suchtgift in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt

a. 145 kg Cannabis mit einem Reinheitsgehalt von 10 % THCA erzeugt und

b. 139 kg Cannabis mit einem Reinheitsgehalt von 10 % THCA an verschiedene Drogenabnehmer überlassen;

3.a. am 15. Juni 2019 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten * O* Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 3 kg Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 10,92 % THCA und 0,84 % Delta‑9‑THC über einen nicht mehr näher feststellbaren Grenzübergang von Österreich nach Ungarn ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Nach den Sachverhaltsannahmen erzeugte der Angeklagte beginnend mit 2012 bis Ende 2015 in mehreren Ernten in zunächst unbekannter Zahl, sodann ab einem nicht genannten Zeitpunkt in sechs Ernten pro Jahr (THCA‑hältiges) Marihuana in – isoliert betrachtet – die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden und nicht übersteigenden Mengen (US 6 f). Von Sommer 2016 bis Mai 2019 erzeugte er in 26 Ernten (THCA-hältiges) Marihuana (erkennbar) jeweils in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge von insgesamt 100 kg, mit einem Reinheitsgehalt von 10 % THCA (US 8).

[5] Dass der Vorsatz des Angeklagten die kontinuierliche Tatbegehung und den daran geknüpften Additionseffekt umfasste, geht aus den Entscheidungsgründen nicht deutlich und bestimmt hervor. Die Tathandlungen sind daher nicht zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit verknüpft, sodass jedes Erzeugen eine selbständige Tat darstellt, wobei die hier erfolgte Aufnahme tatbestandsmäßigen Erzeugens von für sich allein die Grenzmenge des § 28a Abs 1 SMG nicht übersteigenden Suchtgiftquanten in die Subsumtionseinheit nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG ohne Nachteil für den Beschwerdeführer blieb. Denn die (rechtliche) Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG ergibt sich aus dem 26‑fachen Erzeugen von jeweils die Grenzmenge (weit) übersteigenden Suchtgiftquanten im Zeitraum Sommer 2016 bis Mai 2019 (vgl dazu eingehend 11 Os 93/21t).

[6] Indem sich die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall, nominell auch vierter Fall) zu Punkt 1.a. des Schuldspruchs gegen die festgestellte Häufigkeit des Erzeugens von (THCA‑hältigem) Marihuana in einem drei Ernten pro Jahr übersteigenden Ausmaß richtet und dazu vorbringt, dass der Beschwerdeführer von 2012 bis Ende 2015 27,1 kg Marihuana und von Sommer 2016 bis Mai 2019 36 kg Marihuana erzeugt habe, spricht sie keine entscheidende Tatsache an (vgl zum Bezugspunkt der Mängelrüge RIS‑Justiz RS0117499). Zum einen wird lediglich die Täterschaft hinsichtlich einzelner zu einer gleichartigen Verbrechensmenge zusammengefasster, lediglich pauschal individualisierter Taten in Frage gestellt (vgl RIS‑Justiz RS0116736), zum anderen begründet bereits das behauptete Erzeugen von 36 kg Marihuana ausgehend vom festgestellten Reinheitsgehalt von 10 % THCA (US 8) die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG (vgl RIS-Justiz RS0117264). Im Übrigen setzten sich die Tatrichter mit der als übergangen monierten Behauptung des C*, pro Jahr nur drei Mal geerntet zu haben, eingehend auseinander, bewerteten sie aber als nicht glaubhaft (US 11 bis 14).

[7] Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) orientiert sich zu Punkt 3.a. des Schuldspruchs mit dem Einwand eines Rechtsfehlers bei der im erfolgten Schuldspruch zum Ausdruck kommenden (impliziten rechtlichen) Verneinung des Vorliegens des prozessualen Verfolgungshindernisses nach Art 54 SDÜ nicht an den Urteilskonstatierungen, wonach Gegenstand der Verurteilung des Beschwerdeführers in Rumänien die am 9. Juni 2019 erfolgte Einfuhr von 2.961,97 Gramm Cannabis in den genannten Staat war (US 5), während sich Punkt 3.a. des Schuldspruchs auf die Ausfuhr von 3 kg Marihuana aus Österreich (nach Ungarn) am 15. Juni 2019 bezieht (vgl aber RIS‑Justiz RS0099810; vgl zum Art 54 SDÜ zugrundeliegenden Tatbegriff Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 33 f).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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