OGH 14Os55/01

OGH14Os55/0122.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian M***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 19. Feber 2001, GZ 20 Vr 3.124/00-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Broesigke, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf drei Jahre herabgesetzt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Christian M***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er am 14. August 2000 in Kitzbühel in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Gabriel P***** als Mittäter Roland K***** mit Gewalt bzw durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von 100 S, durch Versetzen von Fausthieben und durch Drohen mit einer erhobenen Weinflasche, sohin unter Verwendung einer Waffe, mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch die Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf § 345 Abs 1 Z 10a und 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Keine Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen (Z 10a) werden mit dem Vorbringen geweckt, sämtliche Zeugen hätten darin übereingestimmt, dass der Angeklagte die Weinflasche bis auf Kopfhöhe erhob. Diese Angaben sind mit dem wahrspruchmäßig konstatierten Geschehen vereinbar, auch wenn die Zeugen, wie der Beschwerdeführer reklamiert, "über das genaue Halten der Flasche keinerlei Angaben zu machen vermochten". Ein Widerspruch zur - im Übrigen vom gesondert verfolgten Mittäter P***** bestätigten (S 115/III) - Aussage des Zeugen K*****, der angab, er glaube, dass der Angeklagte die Flasche am Hals gehalten hätte (S 123/III), ist der Beschwerde zuwider nicht erkennbar. Der weiters angeführte Umstand, dass in den Zeugenaussagen von einer "Schlagvorbereitung" nicht die Rede war, ist im gegebenen Fall aus nachstehenden Gründen rechtlich ohne Bedeutung. Die Rechtsauffassung (Z 12), eine Flasche sei "als in der Anwendung und Wirkungsweise einer Waffe nur dann gleichwertig anzusehen, wenn sie als Mittel des Zuschlagens (etwa dem Verwenden einer Keule gleichgesetzt) benützt" werde, ist unzutreffend. Die nach § 143 zweiter Fall StGB qualifikationsbegründende Verwendung einer Waffe kann beide Tatmittel des Raubes betreffen, nämlich Gewalt gegen eine Person ebenso wie eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben. "Verwenden" bedeutet, dass die Waffe zur Gewaltanwendung oder zur qualifizierten Drohung gebraucht wird. Die Waffe kann demnach Mittel der Gewalt oder der qualifizierten Drohung sein (Eder-Rieder in WK² § 143 Rz 12). Die Beurteilung eines zum Raub verwendeten Gegenstandes als Waffe hängt der Beschwerde zuwider nicht davon ab, ob er einer Gewaltanwendung oder einer Drohung diente. Als Waffe im Sinn des § 143 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung jeder Gegenstand anzusehen, der einer Waffe im technischen Sinn (§ 1 WaffG) nach Anwendbarkeit und Wirkungsweise gleichkommt. Diesen Waffenbegriff erfüllen auch volle und leere Flaschen (Eder-Rieder aaO Rz 18 mwN). Ein Rechtsirrtum haftet dem Urteil demnach nicht an. Soweit in der Subsumtionsrüge der tatsächliche Bedeutungsgehalt des Gebrauchs der Weinflasche als "Drohen" angezweifelt wird, entfernt sich der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig von dem im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Sachverhalt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verurteilte Christian M***** nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es zwei einschlägige Vorstrafen, den äußerst raschen Rückfall, die Begehung der Tat während eines anhängigen Strafverfahrens sowie in Gesellschaft eines Raubgenossen als erschwerend; mildernd berücksichtigt es hingegen "das teilweise, freilich die Verwendung einer Waffe nicht umfassende, reumütige Geständnis", das Alter unter 21 Jahren, eine Verminderung der Dispositionsfähigkeit aufgrund des Alkoholkonsums, einer Milieuschädigung und einer möglicherweise noch bestehenden geringfügigen Verzögerung der psychischen Entwicklung und die - ohne Zutun des Angeklagten erfolgte - Gutmachung des Vermögensschadens durch den Mittäter Gabriel P*****.

Der gegen diesen Strafausspruch vom Angeklagten erhobenen Berufung, mit der er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter das gesetzliche Mindestmaß anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Das Alter von unter 21 Jahren und die psychisch bedingte Schuldminderung stellen so gewichtige Milderungsgründe dar, dass sie - im Blick auf die geringen Tatfolgen, insbesondere den auch unter Beachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Opfers unbedeutenden Wert der Beute - die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Bei erstmaliger Verhängung einer längeren unbedingten Freiheitsstrafe besteht ferner begründete Aussicht, dass der Täter auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitende Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde (§ 41 Abs 1 StGB).

Die Wirkungslosigkeit einer bedingten Strafnachsicht und des Vollzugs einer kurzfristigen Freiheitsstrafe stehen allerdings der bedingten Nachsicht auch nur eines Teils der Strafe entgegen. Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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