OGH 14Os53/89

OGH14Os53/8921.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ljubomir Z*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 21. Februar 1989, GZ 20 v Vr 6303/88-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer und der Verteidigerin Dr. Mühl jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Ljubomir Z*** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagte auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 14.Februar 1942 geborene, beschäftigungslose Ljubomir Z*** wurde des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 27.Juni 1988 in Wien seine Lebensgefährtin Spomenka C*** durch acht Messerstiche gegen den Körper vorsätzlich getötet hat.

Die Geschwornen hatten die anklagekonform gestellte Hauptfrage mit fünf Ja-Stimmen gegen drei Nein-Stimmen bejaht. Die - für den Fall der Verneinung der auf Mord lautenden Schuldfrage gestellten - Eventualfragen nach Totschlag, absichtlicher schwerer Körperverletzung und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang blieben folgerichtig unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 Z 5, 8 und 10 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Mit der Verfahrensrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer geltend, durch die vom Schwurgerichtshof mit Zwischenerkenntnis (AS 71/II) ausgesprochene Abweisung der vom Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 21.Februar 1989 gestellten Anträge auf Anfrage beim Arbeitsamt über die Dauer der Arbeitslosigkeit der Spomenka C*** in den letzten Jahren, Vornahme von Erhebungen über die Höhe der von ihr zu tragenden Internatskosten und auf Vernehmung des Zeugen Rade P*** über die vom Angeklagten erbrachten Arbeitsleistungen im Espresso "E***" wären seine Verteidigungsrechte verletzt worden. Der damit angestrebte Nachweis, der Angeklagte habe wesentlich zu den Kosten der Haushaltsführung und die Beschaffung der Wohnungseinrichtung sowie zur Rückzahlung des von seinem Opfer aufgenommenen Kredites beigetragen, die gegenteiligen Behauptungen der Zeugen wären unrichtig (AS 60 f/II), betrifft indes - ausgehend von dem allein maßgebenden Vorbringen bei der Antragstellung in erster Instanz (AS 60, 61/II) - lediglich für die Schuldfrage nicht entscheidende Umstände. Beweisaufnahmen darüber, ob der Angeklagte das Tatopfer finanziell unterstützt hat und ob die hiezu von Liljana Z*** (AS 45 ff/II), Miroslavka C*** (AS 50 ff/II) und Milan Z*** (AS 65 ff/II) abgelegten Zeugenaussagen richtig sind, konnten demnach, wie der Schwurgerichtshof im Ergebnis richtig erkannte, als nicht entscheidungswesentlich unterbleiben. Die Rüge nach Z 8 releviert eine "etwas unvollständige" Erläuterung des Tatbestandsmerkmales der allgemeinen Begreiflichkeit der Gemütsbewegung zur auf Totschlag gerichteten Eventualfrage und vermag damit eine erhebliche sachliche Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung selbst nicht zu behaupten. Die diesbezüglich den Geschwornen erteilte Belehrung (S 7 f) umfaßte nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (EvBl 1968/172) zutreffende Ausführungen zur allgemeinen Begreiflichkeit einer Gemütsbewegung im Sinne des § 76 StGB (vgl Leukauf-Steininger, StGB2, RN 5 zu § 76), ohne dabei irgendeinen Anlaß zur mißverständlichen Auffassung über den Grad ihrer Heftigkeit und ihre Begreiflichkeit für den (in der Rechtsbelehrung dargestellten) Durchschnittsmenschen zu geben. Die bemängelte Wendung läßt die Deutung, eine heftige Gemütsbewegung sei nur dann allgemein begreiflich, wenn auch ein in der Situation des Täters befindlicher in eine solche Gemütsverfassung geratener Durchschnittsmensch einen Menschen vorsätzlich töten würde (vgl Foregger-Serini, StGB4, E I zu § 76; sh insbes Rechtsbelehrung S 7, letzter Absatz, Parenthese), jedenfalls nicht zu. Den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen zuwider bestand daher keine Notwendigkeit, diesen Erläuterungen eine weitere Klarstellung beizufügen. Auch die beispielsweise Anführung der Eifersucht als verwerfliche Leidenschaft bzw Neigung (vgl Moos im WK, Rz 37 zu § 76 StGB) konnte eine unrichtige Vorstellung der Geschwornen über die Rechtslage nicht hervorrufen. Die unmittelbar daran schließende Belehrung, daß nur dann, wenn dem Täter kein sittlicher Vorwurf gemacht werden kann, eine Gemütsbewegung als allgemein begreiflich anzusehen ist, gibt deutlichen Aufschluß über die Notwendigkeit einer adäquaten Ursache für den privilegierenden Gemütszustand. Auch die Tatsachenrüge (Z 10 a) versagt, denn das Beschwerdevorbringen zeigt weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Verpflichtung des Gerichtes zu amtswegiger Wahrheitsforschung zustandegekommene (§§ 3, 232 Abs 2, 254, 302 StPO) Mängel in der Sachverhaltsermittlung, noch aktenkundige Beweisergebnisse auf, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufkommen lassen (EvBl 1988/116 = NRsp 1988/204). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über Ljubomir Z*** nach § 75 StGB (unter Anrechnung der Vorhaft vom 27.Juni 1988, 23 Uhr 55, bis 21.Februar 1989, 14 Uhr, gemäß § 38 StGB) eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe, als mildernd, daß sich der Angeklagte nach der Tat selbst stellte, obwohl er leicht hätte entfliehen können, seine Erregung zur Tatzeit wegen ungewohnten Alkoholkonsums, eines vorangegangenen Streites mit dem Opfer und seines Eifersuchtsmotives sowie ein Teilgeständnis im Sinne des zugestandenen Verletzungsvorsatzes. Dabei wurde noch die außerordentliche Brutalität der Tatbegehung und der zu Gewalttätigkeiten neigende Charakter des Angeklagten berücksichtigt. Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung, der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an. Während die Anklagebehörde eine falsche Gewichtung der Strafzumessungsgründe durch das Geschwornengericht behauptet, macht der Angeklagte als weiteren Milderungsgrund geltend, er habe sich in dem Bestreben selbst gestellt, sein Opfer ärztlich versorgen zu lassen. Selbst bei Annahme eines solchen Umstandes könnte aber angesichts der Brutalität der Tatbegehung keine Strafreduktion erfolgen. Entgegen seiner Berufung ist dem Geständnis auch das entsprechende Gewicht beigemessen worden. Ebenso ist aus der Tatbegehung die besondere Intensität des Täterwillens zu schließen, der zu Recht als auffällige Brutalität bei der Tatbegehung gewertet worden ist.

Das Geschwornengericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig festgestellt und ihrem Gewicht entsprechend gewürdigt. Die ausgemessene Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren entspricht daher sowohl der Schuld des Täters als auch dem Unrechtsgehalt der Tat, weswegen auch den Berufungen ein Erfolg zu versagen war.

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