OGH 14Os53/88

OGH14Os53/8820.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen El Sayed Abdel Rahman E*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.Jänner 1988, GZ 3 b Vr 11.308/85-85, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten gemäß § 285 i StPO nF dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ägyptische Staatsbürger El Sayed Abdel Rahman E*** (im zweiten Rechtsgang) des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (Punkt 1. des Urteilssatzes) und des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs 1 Z 1 StGB (Punkt 2. des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Darnach hat er am 30.September 1985 in Wien

(zu 1.) an den von ihm gemieteten Geschäftsräumlichkeiten des Franz Gottlieb K*** in Wien 20., Rauscherstraße 11, ohne dessen Einwilligung dadurch, daß er mit einer offenen Flamme an mehreren Stellen des Lokales Feuer legte, eine Feuersbrunst verursacht; (zu 2.) überdies mit dem Vorsatz, sich eine Versicherungsleistung zu verschaffen, dadurch, daß er das eigene gegen Brandschaden versicherte Geschäftsinventar samt den restlichen Waren in Brand steckte, gegen Zerstörung durch Feuer versicherte Sachen zerstört.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider haftet dem Urteil weder in Ansehung des Ausspruchs, wonach der Beschwerdeführer zur Tatzeit nicht volltrunken war, noch in Ansehung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Versicherungsmißbrauchs die reklamierte unvollständige bzw. offenbar unzureichende Begründung an.

Soweit die Beschwerde bemängelt, das Gericht habe mit Stillschweigen jene Passage in der Aussage des Zeugen Hanna A*** übergangen, derzufolge der Angeklagte (im Cafe D***) "nicht viel gesprochen, sondern nur getrunken" habe, so übersieht sie zum einen, daß das Gericht die Urteilsgründe in gedrängter Darstellung abzufassen hat (§ 279 Abs 2 Z 5 StPO) und nicht verpflichtet ist, jeden einzelnen von einem Zeugen vorgebrachten Satz einer gesonderten Erörterung zu unterziehen (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 105 zu § 270); zum anderen (und vor allem) unterzieht sie die betreffende Passage einer isolierten Betrachtung, wobei sie die übrigen, insbesondere die unmittelbar vorangehenden und nachfolgenden Passagen der Aussage außer acht läßt. Hat doch der Zeuge A*** angegeben, daß der Beschwerdeführer beschwipst war, laut war und Lärm gemacht hat, und sodann auf die Frage, ob man sich mit ihm noch vernünftig unterhalten konnte, erklärt, er habe nicht viel gesprochen, sondern nur getrunken, er habe hauptsächlich Witze erzählt und sei lustig gewesen, es sei "alles im Rahmen" gewesen (S 458/Bd. I). Würdigt man, wie das Erstgericht, diese Bekundungen in ihrem Zusammenhang, so bedurfte es keiner gesonderten Erörterung der in Rede stehenden Passage, zumal diese - im Kontext mit den übrigen Angaben des Zeugen - keine Rückschlüsse darauf zuläßt, daß der Beschwerdeführer damals voll berauscht gewesen sein könnte. Die behauptete Unvollständigkeit liegt somit nicht vor. Das gilt gleichermaßen auch für den weiteren Beschwerdeeinwand, das Gericht habe nicht berücksichtigt, daß der Beschwerdeführer nach der Aussage des Zeugen B*** erst 1 bis 1 1/2 Stunden später am Brandort eingetroffen ist. Folgte doch das Schöffengericht den als schlüssig und unbedenklich beurteilten Ausführungen des medizinischen Sachverständigen (US 13), der seine Expertise (auch) dieses Verfahrensergebnis zugrundegelegt und in diesem Zusammenhang insbesondere auch dargelegt hat (S 463/Bd. I), daß bei einer eine volle Berauschung bewirkenden schweren Alkoholisierung eine halbstündige Schlafphase, auf welche die Beschwerde verweist, nicht ausreicht, um deren Auswirkungen zu beseitigen und den Betroffenen wieder voll umweltorientiert erscheinen zu lassen. Indem das Gericht dem Sachverständigengutachten folgt und dieses zu seinen Feststellungen erhoben hat, hat es auch die von der Beschwerde ins Treffen geführte Aussage des Zeugen B*** beweiswürdigend in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen.

Der Darstellung des Zeugen M***, wonach der Angeklagte während der Fahrt in das Lenkrad greifen und aufspringen bzw. die Türe des Autos öffnen wollte, hat das Gericht den Glauben versagt (US 11). Lediglich illustrativ hat es beigefügt, daß selbst dann, wenn man dieser Angabe folgt, daraus lediglich auf eine Enthemmung, nicht aber auf einen Vollrausch zu schließen wäre (US 11 unten/12 oben). Da das Gericht somit diese Erwägung zur Begründung des bekämpften Ausspruchs gar nicht herangezogen hat, geht der diesbezüglich erhobene Vorwurf einer Scheinbegründung schon aus diesem Grund ins Leere.

Die Feststellung hinwieder, wonach der Beschwerdeführer mit dem zum Tatbestand des Versicherungsmißbrauchs erforderlichen Vorsatz gehandelt hat (US 6), konnten die Tatrichter formal mängelfrei daraus ableiten, daß dem Beschwerdeführer die Anordnung der Räumlichkeiten und insbesondere der Umstand bekannt war, daß jene Räume, in welchen er das Feuer entfachte, nur durch einen offenen Durchgang mit den nach seinem Wissenstand jedenfalls feuerversicherten Räumen der Fleischhauerei verbunden sind, womit er aber auch wußte (und sich damit abfand), daß das Feuer auf die versicherten Räumlichkeiten übergreifen werde (US, 10 und 15). Soweit die Beschwerde dies bestreitet, bekämpft sie lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter, ohne einen formalen Begründungsmangel aufzeigen zu können.

Die Mängelrüge erweist sich daher zur Gänze als unbegründet. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich, mit welcher der Beschwerdeführer die Erfüllung des subjektiven Tatbestands des Versicherungsmißbrauchs in Abrede stellt, entbehrt der prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Hält sie doch nicht daran fest, daß das Schöffengericht ausdrücklich ein (alle Tatbildmerkmale des in Rede stehenden Straftatbestands umfassendes) vorsätzliches Handeln des Angeklagten konstatierte (abermals US 6 und 15). Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 (in Verbindung mit § 285 a Z 2) und Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

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