OGH 14Os49/99

OGH14Os49/9920.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. April 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Leitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rainer D***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG, AZ 19 U 285/98b des Bezirksgerichtes Klagenfurt, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Strafverfügung vom 7. Juli 1998 (ON 4), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Schroll, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Festsetzung einer Strafe über Rainer D***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG ohne vorausgehendes Verfahren durch Strafverfügung des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7. Juli 1998, GZ 19 U 285/98b-4, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 460 StPO und des § 37 SMG.

Diese Strafverfügung wird aufgehoben und dem Bezirksgericht Klagenfurt aufgetragen, nach Maßgabe des § 37 SMG zu verfahren.

Text

Gründe:

Mit in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7. Juli 1998, GZ 19 U 285/98b-4, wurde über Rainer D***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen sowie eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt, weil er "von 1993 bis zum 12. 2. 1998 in Klagenfurt bestehenden Vorschriften zuwider mehrmals Cannabisprodukte, mithin ein Suchtmittel erworben und besessen hat".

Der Strafverfügung liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 18. Mai 1998 zugrunde, wonach Rainer D***** in den letzten vier Jahren etwa 20-mal nach Wien fuhr, wo er sich jeweils bis zu 10 Gramm Cannabisharz kaufte, dieses nach Klagenfurt brachte und dort konsumierte (S 31).

In seiner Vernehmung vom 13. Februar 1998 hatte Rainer D***** diese strafbaren Handlungen mit der Maßgabe gestanden, daß es sich bei den Suchtmittelkäufen in Wien jeweils um Mengen von "an die 7 Gramm Cannabisharz" handelte (S 17).

Die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Klagenfurt steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde im Ergebnis zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Die Strafverfügung beruht ausschließlich auf der Sicherstellung einer Menge von 3 Gramm Cannabisharz unbekannten Reinheitsgehaltes (§ 460 erster Satz [erste Alternative] StPO) und dem Geständnis D***** (§ 460 erster Satz [zweite Alternative] StPO), "ungefähr fünfmal jährlich" (infolge Tatmehrheit nicht zusammenzurechnende) Cannabismengen von "an die 7 Gramm" gekauft und von der letzten derartigen Teilmenge innerhalb von 14 Tagen vier Gramm verraucht zu haben.

Wäre das Bezirksgericht Klagenfurt bei dieser Sachlage in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß eine jener Cannabismengen von "an die 7 Gramm" mehr als 1,05 Gramm (= 15 %) reines THC enthielt, so müßte ihm - ungeachtet der durch die Aufnahme in ein Methadonprogramm indizierten Gewöhnung des Verurteilten an Suchtmittel - geradezu willkürliche Beweiswürdigung vorgeworfen werden (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO; vgl Ratz, JBl 1998, 740), weil nach der Gerichtserfahrung Cannabis mit einem Reinheitsgehalt von über 15 % im Handel praktisch nicht vorkommt (vgl auch Foregger/Litzka SGG2 § 12 Anm IV). Selbst eine solche im Bereich von 5 % der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) von 20 Gramm liegende Menge ist aber jedenfalls als gering iS des § 35 Abs 1 SMG anzusehen.

Die demnach aufgrund geradezu willkürlicher Beweiswürdigung oder (auch) verfehlter rechtlicher Beurteilung erlassene und wegen der Unzulänglichkeit der durchgeführten Erhebungen gegen § 460 StPO verstoßende Strafverfügung gereichte dem Verurteilten zum Nachteil und war nach § 292 letzter Satz StPO aufzuheben. Das Erstgericht wird im erneuerten Verfahren nach Maßgabe des § 37 SMG vorzugehen und dabei vorweg auch die Verjährungsfrage zu prüfen haben.

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